Verkaufsverbot für E-Zigis«Konsumenten sind doch keine Versuchskaninchen»
Ein Test des Kantonalen Laboratoriums Basel-Stadt hat gezeigt: Alle untersuchten E-Zigaretten fielen im Labor durch. Um welche Produkte es sich handelt, erfährt der Konsument nicht.
Darum gehts
Von 32 getesteten E-Zigaretten fielen alle im Labor durch.
Sieben Produkte wurden sofort vom Markt genommen, weitere kassierten Importverbote.
Die Namen der mangelhaften Produkte darf das Kantonslabor von Gesetzes wegen nicht nennen. Auch einen Rückruf gab es nicht.
Für den Konsumentenschutz Schweiz ist das unverständlich.
32 elektronische Einweg-Zigaretten testete das Kantonale Laboratorium Basel-Stadt. Keines der Produkte, die alle auf dem Schweizer Markt waren, war gesetzeskonform – sieben wurden sofort landesweit verboten. Bei den knapp über 30 Proben zählte das Labor 213 Verstösse, darunter zu viel Blei im Lötzinn oder Stoffe in der Flüssigkeit, die die Fruchtbarkeit beeinträchtigen können. Eine beunruhigende Bilanz bei einem Suchtmittel, das vor allem bei jungen Menschen immer mehr Anklang findet.
Die Namen der mangelhaften Produkte darf das Kantonslabor von Gesetzes wegen nicht nennen. 20 Minuten hat aus diesem Anlass mehrere Detailhändler kontaktiert. Ausser den Unternehmen, die ohnehin angaben, keine Einweg-E-Zigaretten zu führen, konnte keines kurzfristig auf die Anfrage reagieren. Einige Vape-Shops wollten sich auf Anfrage nicht dazu äussern oder wussten nichts von den beanstandeten Proben.
Darum kam es zum Verkaufsverbot
Franz Dussy ist Chemiker am Kantonalen Laboratorium Basel-Stadt und erklärt die drei Beanstandungsgründe, die bei sieben Proben zu einem Verkaufsverbot führten.
Zu hoher Bleigehalt: «Die Einweg-Zigaretten bestehen aus einem Tank, der Liquid enthält, und einem Akku, der Energie liefert. Lötzinn stellt den Kontakt von der Elektronik zum Akku her. In der Kontrolle haben wir bei zwei Vapes festgestellt, dass der Lötzinn einen zu hohen Bleigehalt aufweist. Aus Umweltschutzgründen darf Lötzinn nur eine geringe Menge Blei enthalten. Für den Menschen ist dieser Bleigehalt aber nicht gesundheitsschädlich.»
Fortpflanzungsgefährdende Inhaltsstoffe: «Bei der Kontrolle haben wir bei drei Vapes festgestellt, dass sie die reproduktionstoxischen Inhaltsstoffe Salicylsäure und Methylsalicylsäure ausweisen. Diese Inhaltsstoffe sind insofern schädlich, dass sie die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und das Kind im Mutterleib schädigen können. Per Lebensmittelgesetz sind sie sowieso nicht zugelassen.»
Zu hoher Nikotingehalt: «Bei zwei Produkten haben wir festgestellt, dass die Konzentration von Nikotin im Liquid die zulässigen 20 mg pro ml Liquid überschreitet. Bei einem wurden 26 mg, beim anderen Produkt sogar 36 mg gemessen. Bei einem so hohen Nikotingehalt ist die Gefahr erhöht, von starken Nebenwirkungen wie etwa Herzrasen, Blutdrucksteigerung oder einer absinkenden Hauttemperatur betroffen zu sein. Anders als beispielsweise bei einer Aufnahme eines Wirkstoffes in Form einer Tablette entfaltet sich die Wirkung des Nikotins bei Aufnahme über die Lunge viel schneller.»
Verbote, aber kein Rückruf
«Wir erkennen Problemfelder, bauen Know-how auf und testen», sagt Franz Dussy vom Basler Kantonslabor. Es sei nicht der erste Test in diesem Bereich, aber erstmals seien Einwegprodukte im Fokus. Die verbotenen Produkte seien seit Mitte Oktober nicht mehr erhältlich, die anderen dürften nicht weiter importiert werden. Rückrufe werde es aber keine geben, so Dussy: «Das Gesundheitsrisiko ist nicht so gross wie etwa bei einem Produkt, das mit Salmonellen belastet ist.»
Gemäss dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV) entscheidet die zuständige kantonale Vollzugsstelle über einen allfälligen Rückruf, wenn nicht konforme Produkte an Konsumentinnen und Konsumenten abgegeben worden sind. Rückrufe richten sich in der Regel an die gesamte Bevölkerung. Sie werden auf der BLV-Website publiziert sowie in der RecallSwiss-App aufgeschaltet.
«Konsumenten sind keine Versuchskaninchen»
Beim E-Zigaretten-Verband Swiss Vape Trade Association begrüsst man grundsätzlich die Kontrollen. «Lebensgefährliche Produkte müssen auf jeden Fall kommuniziert und zurückgerufen werden», sagt Präsident Mario Puppo. In dem aktuellen Fall dürften nicht lebensgefährliche Stoffe in den Proben enthalten gewesen sein: «Sonst wäre es zu einem öffentlichen Rückruf gekommen.»
Laut der Lungenliga Schweiz ist es wichtig, dass die Verkäufer von Vapeprodukten sowie die entsprechenden Importeure informiert sind und dazu angehalten werden, diese Produkte vom Markt zu nehmen. «Dies ist offenbar der Fall», so Präventionsspezialistin Claudia Künzli. Dass die Konsumentinnen und Konsumenten aus Datenschutzgründen nicht informiert würden, sei nachvollziehbar.
Beim Konsumentenschutz Schweiz sieht man das hingegen anders: «Dass Konsumentinnen und Konsumenten nicht erfahren, welche Produkte vom Import- und Verkaufsverbot betroffen sind, ist unhaltbar», sagt Geschäftsleiterin Sara Stalder. In solchen Fällen brauche es dringend Transparenz und einen Rückruf: «Die Konsumentinnen und Konsumenten sind doch keine Versuchskaninchen.» Man habe bereits vor zehn Jahren das Gesetz ändern wollen, indem die darin vorgegebene Schweigepflicht für Kontrollpersonen aufgehoben werde: «Wir hoffen nun, dass dies mit der Revision des Lebensmittelgesetzes nächstes Jahr geschieht.»
Schweiz hat noch keine richtige Regulierung
Rauchst du E-Zigaretten?
Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Problem mit Suchtmitteln?
Hier findest du Hilfe:
Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen
Feel-ok, Informationen für Jugendliche
Infodrog, Information und Substanzwarnungen
Anonyme Alkoholiker, Tel. 0848 848 885
Narcotics Anonymous, Selbsthilfegruppe für Suchtbetroffene
Stopsmoking.ch, Tel. 0848 000 181
Vergiftungsnotfälle, Tel. 145
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