«Wir können eine dritte Welle nicht ausschliessen»

Livetickeraktualisiert am Mittwoch, 6. Januar, 2021

Coronavirus«Wir können eine dritte Welle nicht ausschliessen»

Der Bundesrat ist wegen der ansteckenderen Corona-Mutationen besorgt und will den Gastro-Lockdown bis Ende Februar verlängern. Ab dem 9. Januar fällt die Ausnahmeregelung für die Kantone.

Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, will der Bundesrat die bestehenden Massnahmen bis Ende Februar verlängern. Neu gelten diese ab 9. Januar für alle Kantone ohne Ausnahmen.

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Mittwoch, 06.01.2021

Die Medienkonferenz ist beendet

Hier noch einmal die wichtigsten Punkte in Kürze:

  • Der Bundesrat fällte heute zwei Entscheide: eine allfällige Verlängerung des Gastro-Lockdowns geht bei den Kantonen in die Vernehmlassung. Ausserdem fällt die Ausnahmeregelung per 9. Januar.

  • Weil die ausnahmeberechtigten Kantone bisher sowieso auf Ausnahmen verzichten, ändert sich für den Moment nichts. Neue Entscheide, auch zur Unterstützung der betroffenen Branchen, werden frühestens nächste Woche gefällt.

  • Der Bundesrat ist aus drei Gründen beunruhigt: Erstens, weil die Festtage und tiefen Testzahlen kein eindeutiges Bild der Situation in der Schweiz zulassen. Zweitens, weil die Positivitätsrate wieder ansteigt. Drittens, weil die britische Covid-Mutation sich am Ausbreiten ist.

Ist der Föderalismus ein Hindernis für die Handlungsfreiheit des Bundesrates?

«Nein», so Berset. «Auch wenn wir in der ausserordentlichen Lage wären, würden wir Vernehmlassungen durchführen.»

Wieso bleibt der Bundesrat bei seinen «Halb-Massnahmen»?

«Der Bundesrat versucht, die Probleme für unser Land zu bekämpfen», so Berset. «Es ist aber auch wichtig, dass wir ein bisschen atmen können, dass wir nach draussen können. Wir könnten strengere Massnahmen einführen, aber es ist schwierig, ein Gleichgeweicht zu finden. Wir können kein grosses Tamtam veranstalten und alles schliessen und dann damit trotzdem nichts erreichen.»

Wieso sind Tests für Leute ohne Symptome nicht kostenfrei?

«Viel mehr testen wäre von Vorteil», so Berset. «Wenn Asymptomatische einen Schnelltest machen, ist das Resultat nicht verlässlich. Aber es wäre schonmal gut, wenn sich alle mit Symptomen testen lassen würden.»

«Es ist aber nicht nur das Testen, das die Infektionszahlen senkt», sagt Masserey. «Es sind die anderen Massnahmen, die ebenfalls wichtig sind. Auch wenn wir mehr testen, werden die anderen Massnahmen bleiben.»

Würden die Schweizerinnen und Schweizer strengere Massnahmen verstehen?

«Es ist sehr wichtig, dass wir für unsere Massnahmen eine Unterstützung haben. Es ist klar, dass die Leute ihre eigenen Interessen vertreten, das ist auch legitim», sagt Berset. «Es ist aber beunruhigend, daran zu denken, dass wir in einigen Wochen eine ähnliche Situation haben können wie die Briten.»

Ist die Zahl der Todesfälle in der Schweiz noch tragbar?

«Das beschäftigt uns sehr», so Berset. «Aber es ist klar, in so einer Situation, wie wir sie haben, werden wir nie 0 Todesfälle haben.»

Hätte die Schweiz nicht noch mehr Impfdosen kaufen sollen?

«Nein. Wir werden genug Impfstoffe haben, um die ganze Bevölkerung zu impfen», sagt Berset. «Das Ziel war, schnell an die Impfungen zu kommen. Es ist nicht sinnvoll, zu viel Impfstoff kaufen, auch wenn das Geld in dieser Situation keine Rolle gespielt hat. Es ist wirtschaftlich viel sinnvoller, Geld für Impfungen auszugeben als für Massnahmen und Einschränkungen gegen die Pandemie.»

Gibt es noch Kantone, die berechtigt wären, Ausnahmen zu den Gastroschliessungen zu erlassen?

«Es gibt noch drei Kantone», sagt Berset. «Aber die Ausnahmeregel fällt ohnehin am 9. Januar.»

Wie beurteilt der Bundesrat eine Rückkehr zum Fernunterricht?

«Wir haben uns damit beschäftigt», sagt Berset. «Das liegt wirklich in der Hoheit der Kantone. Die Jugend zahlt auch einen hohen Preis in dieser Krise, es gibt auch andere Massnahmen, die man einführen kann, bevor man die Schulen wieder schliesst. Wir sind in diesem Bereich mit den Kantonen in Kontakt.»

Was ergäben sich bei einer Homeoffice-Pflicht für Konsequenzen?

«Wir hatten die Homeoffice-Pflicht schon seit Monaten auf dem Tisch», sagt Berset. «Die Fragen zu den Konsequenzen werden jetzt in der Vernehmlassung geklärt.»

Ist für die Skigebiete ebenfalls eine schweizweite Einschränkung geplant?

«Für Restaurationsbetriebe gilt schon in der ganzen Schweiz dasselbe», so Berset. «Skifahren ist grundsätzlich eine Outdoor-Aktivität. Wenn wir das einschränken, können wir auch das Joggen im Wald einschränken.»

Wie weit ist die Schweiz mit der Zulassung des Moderna-Impfstoffes?

«Diese Zulassung nimmt Swissmedic vor. Ich wäre nicht überrascht, wenn das recht schnell gehen würde», so Berset.

Wie beurteilt der Bundesrat die Szenarien der Taskforce?

«Ich kommentiere Szenarien normalerweise nicht», sagt Berset. «Ich kann nur sagen, dass die Zukunft sehr schwer vorhersehbar ist.»

Will der Bundesrat die Fallzahlen wirklich runterbringen?

«Ja, das ist das Ziel», so Berset. «Im November ist uns das kurz gelungen, aber jetzt sind wir wieder viel zu hoch. Die Zahlen müssen runter. Erinnern wir uns an die Richtwerte, die wir früher hatten. Beispielsweise eine Inzidenz von 60. Aktuell sind wir in der Schweiz immer noch bei 530. Die aktuelle Situation ist gefährlich.»

Sollte bei der zweiten Impfdosis länger als die nötigen 3 Wochen gewartet werden?

«Für uns ist die Strategie klar», sagt Berset. «Nach der ersten Dosis warten wir drei-vier Wochen mit der zweiten Dosis, um die optimale Wirkung zu erzielen.»

«Das BAG stützt sich dabei auf Studien und die Studien empfehlen ein Intervall von 3 Wochen», ergänzt Masserey. «Der Impfstoffmangel wird dann beendet, wenn wir einen weiteren Impfstoff zulassen. Wir sollten nicht die Effizienz der Impfungen aufs Spiel setzen, weil wir momentan zu wenige Impfdosen haben.»

Was für Einschränkungen von Privatkontakten sind noch möglich?

«Wir können beispielsweise die Versammlungsfreiheit in der Öffentlichkeit auf 5 Personen beschränken», so Virginie Masserey vom BAG.

Werden Verordnungstexte in die Vernehmlassung geschickt? Und was für Indikatoren werden dabei berücksichtigt?

«Es ist immer ein Strauss von Indikatoren», so Berset. «Zuerst haben wir den R-Wert wohl unterschätzt, danach überschätzt.»

Was die Verordnungstexte angeht: «Es ist nur eine Zahl, die in der Verordnung angepasst werden muss.»

Müsste der Bundesrat mit dem nächsten Hilfspaket für die Gastrobranche nicht schneller machen?

«Die Schliessung bis am 22. Februar war schon bekannt», so Berset. «Aber klar, wenn wir das verlängern, braucht es auch mehr Massnahmen. Dazu kann ich aber momentan nichts sagen, das kommt nächste Woche.»

Woran orientiert sich der Bundesrat für seine weiteren Massnahmen?

«Unsicherheit gehört zu einer Pandemie», so Berset. «Wir wollten eigentlich eine Halbierung der Zahlen alle zwei Wochen, aber wir haben immer noch 5000 Ansteckungen pro Tag. Das ist dieselbe Höhe wie Anfang Dezember. Und die Positivitätsrate steigt, das ist ein schlechtes Signal. Aber es ist richtig, wir wissen über die vergangenen zwei Wochen nicht alles.»

Ab wann würden Homeoffice und Schulschliessungen eintreten?

«Wir haben nicht vor, die Schulen zu schliessen», sagt Berset. «Das ist die Aufgabe der Kantone. Wenn aber Schlusschliessungen sinnvoll sein könnten, werden wir den Kantonen sagen, dass sie sich vorbereiten sollen.»

Ist der Bundesrat von den Kantonen oder von der Bevölkerung enttäuscht?

«Man kann in dieser Situation niemandem die Schuld zuschieben», so Berset. «Die Bekämpfung einer Pandemie ist keine exakte Wissenschaft. Wir machen das zum ersten Mal. Wir müssen uns immer anpassen. Aber jetzt ist es gut, eine Regelung zu haben, die für das ganze Land gilt, das kann bei der Akzeptanz helfen.»

Wieso wird die Aufhebung der Ausnahme-Klausel nicht in Vernehmlassung geschickt? Und war sie von Anfang an ein Fehler?

«Es gibt dazu eine Vernehmlassung, die ist vier Wochen alt», so Berset. «Die Lage hat sich seitdem nicht gross verändert, also ist es formell durch die Vernehmlassung.»

«War es eine gute Idee? Schwierig. Der Bundesrat musste handeln, und wir wollten etwas tun für die Kantone, die vorher bereits harte Massnahmen eingeführt hatten.» Die Ausnahme der Regelung wird wegen der Mutation aus Grossbritannien gestrichen.

Was tut der Bundesrat, um ein Branchensterben zu verhindern?

«Es ist uns bewusst, dass es Branchen gibt, die extrem unter dieser Situation leiden», so Berset. «Deshalb haben wir von Anfang an Abfederungsmassnahmen beschlossen. Es ist klar, es ist unfair.»

«Wir sehen momentan leider nicht, dass wir am 23. Januar besser dastehen könnten», so Berset weiter. «Deshalb werden wir nächste Woche auch über weitere Unterstützungsmassnahmen unterhalten.»

Die Fragerunde beginnt

Die anwesenden Journalistinnen und Journalisten bekommen nun die Gelegenheit, Fragen zu stellen.