Kooperation unwahrscheinlich – Verunmöglicht Weltraumschrott bald Forschung und Reisen im All? 

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Kooperation unwahrscheinlichVerunmöglicht Weltraumschrott bald Forschung und Reisen im All?

Raketenreste und Satellitentrümmer schweben als gefährlicher Abfall im All. Schon lange wird über eine «kosmische Müllabfuhr» gesprochen. Der Ukraine-Krieg ist ein Rückschlag für mögliche gemeinsame Pläne.

Tausende aktive und stillgelegte Satelliten kreisen mit mehreren Tausend Stundenkilometern um die Erde.
Immer wieder kommt es dabei zu Kollisionen, deren Tausende Trümmerteile wiederum mehr Crashs verursachen.
Vor allem für die Besatzung der internationalen Raumstation könnte dies zu einer ernsthaften Bedrohung werden.
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Tausende aktive und stillgelegte Satelliten kreisen mit mehreren Tausend Stundenkilometern um die Erde.

Esa

Darum gehts

Abfall wird im Weltall zunehmend zum Problem. Trümmer ausgedienter Satelliten und Reste alter Raketen machen Raumfahrt vor allem in Erdnähe immer gefährlicher. Schon kleine scharfkantige Splitter können bedrohliche Löcher in Raumschiffe reissen oder Sonden zerstören. Ohne Gegensteuern fürchten Expertinnen und Experten, könnten Raumflüge angesichts Tausender Fragmente irgendwann kaum mehr möglich sein.

Moskaus Test einer sogenannten Anti-Satelliten-Waffe hat einmal mehr eine Diskussion über die Gefahr von Weltraumschrott ausgelöst. Die US-Streitkräfte sprachen zunächst von mehr als 1500 nachverfolgbaren Trümmerteilen, die letztlich in Hunderttausende Teile zerfallen könnten. Allein 2020 sei es zu mehr als 220 «gefährlichen Begegnungen» der ISS mit Schrottteilen im All gekommen, hatten russische Spezialisten der Staatsagentur Tass zufolge gezählt.

ISS-Crew wird vor Trümmerteilen gewarnt

«Natürlich hatten wir ein bisschen Sorge, dass wir nach drei Tagen schon nach Hause fliegen müssen», sagt der deutsche Astronaut Matthias Maurer zu dem Zwischenfall. «Das wäre nach mehreren Jahren Vorbereitung auf diesen Flug natürlich nicht schön gewesen. Deswegen waren wir sehr erleichtert, als die Entwarnung kam und wir zurück in die ISS konnten.» Alle paar Wochen werde die Crew vor Trümmerteilen gewarnt. «Das liegt daran, dass wir im Weltall immer noch das zurücklassen, was wir hochbringen, und nicht aufräumen. Es ist deswegen sehr wichtig, dass die Raumfahrtunternehmen alles möglichst sicher entsorgen», meint Maurer.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schätzen anhand von Modellrechnungen, dass sich in der Erdumlaufbahn insgesamt etwa eine Million Teile befinden, die grösser als ein Zentimeter sind. Würde etwa eine so grosse Schraube gegen einen Satelliten prallen, hätte sie nach Einschätzung von Experten die Zerstörungskraft einer Handgranate.

In zehn Jahren könnte die Lage kritisch werden

Russlands Raumfahrtbehörde Roskosmos bereitet die wachsende Zahl von Schrottteilen Kopfzerbrechen. Bei einem Zusammenstoss könnte die ISS rund 400 Kilometer über der Erde beschädigt oder im schlimmsten Fall zerstört werden, teilt Roskosmos der Deutschen Presse-Agentur mit. Sollten grössere Teile im Anflug sein, ändert die ISS ihre Flughöhe.

Expertinnen und Experten stufen derzeit das Risiko für die Raumfahrt als «noch nicht so gross» ein. In zehn Jahren könnte die Lage aber kritisch werden, wenn die Menschheit nicht gegensteuere, sagt der Chef des russischen Weltraumkontrollsystems, Witali Gorjutschkin, der Agentur Interfax.

Länder wie Russland, die USA, Kanada, China, Japan und Indien sowie die EU verfügen demnach über Möglichkeiten zur Überwachung des erdnahen Raums. Längst arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem daran, wie Weltraummüll eingesammelt – und vermieden – werden kann. Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin hatte gefordert, Hersteller von Satelliten zu verpflichten, dass sie sich um deren Entsorgung kümmern müssen.

Ukraine-Krieg hat Russland und den Westen entzweit

Ob es aber zu einer engeren internationalen Zusammenarbeit im All kommt, ist fraglich. Der Ukraine-Krieg hat Russland und den Westen entzweit. Skeptikerinnen und Skeptiker sehen auch den Fortbestand der ISS gefährdet.

Die grösste Schrott-Dichte findet man rund 800 Kilometer über der Erde. «Das sind Orbits, die von Erdbeobachtungssatelliten häufig benutzt werden», sagt Manuel Metz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Bei einer Kollision entstehe hohe Energie. «Da kann ein zehn Zentimeter kleines Objekt einen ganzen Satelliten zertrümmern. Dadurch entstehen Tausende weitere Fragmente.»

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