«Massives Problem»: Videoclips und 1000-Franken-Kopfgeld – so kämpfen Schulen gegen Lehrermangel

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«Massives Problem»Videoclips und 1000-Franken-Kopfgeld – so kämpfen Schulen gegen Lehrermangel

In der Schweiz herrscht akuter Lehrpersonenmangel. Mit verschiedenen Massnahmen buhlen Schulleitende um Fachkräfte.

Der Videoclip wird auf Social Media zu sehen sein wie auch auf den Stellenportalen der Pädagogischen Hochschulen.

Stadt Uster

Darum gehts

Die Vorbereitungen für das nächste Schuljahr laufen in Uster auf Hochtouren. Da zurzeit noch Lehrpersonen fehlen, hat die Primarschule Uster einen herzigen Videoclip erstellt. Im knapp einminütigen Video laden die Schulkinder Nina und Matti «coole» Lehrerinnen und Lehrer ein, in Uster zu unterrichten. Dass nicht nur in Uster händeringend nach Lehrpersonen gesucht wird, zeigt ein Fall aus dem Kanton Appenzell Ausserrhoden. In einer Schule in Heiden wird den Lehrpersonen für erfolgreich vermittelte Arbeitskräfte eine 1000-Franken-Prämie in Aussicht gestellt.

«Diese Massnahmen zeigen die Verzweiflung der Schulleitenden. Der Mangel ist so hoch wie noch nie. Die Angst, dass nach den Sommerferien nicht ausreichend Lehrpersonen in den Schulzimmern stehen, ist real», sagt Franziska Peterhans, Zentralsekretärin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH. Der Fachkräftemangel habe sich seit Jahren abgezeichnet und zugespitzt. Mittlerweile werde aber auch seitens der Politik offener darüber geredet und zugegeben, dass man ein massives Problem habe. Alleine im Kanton Zürich fehlen über 600 Stellen.

«Die Kantone haben es verpasst, die Arbeitsbedingungen zu verbessern»  

Gründe für den Fachkräftemangel sieht Peterhans unter anderem bei den Anstellungsbedingungen. «Einerseits sind die Löhne zu tief, andererseits sind die Arbeitszeiten wegen der vielen Überstunden zu hoch», so Peterhans. Hinzu komme, dass es für die sehr anspruchsvolle Arbeit heutzutage wenig Anerkennung gibt.

Ebenso müssten viele der frisch ausgebildeten Lehrpersonen gleich am Anfang viel Verantwortung übernehmen. «Sie haben keine Erfahrung und zu wenig Unterstützung und sind mit der Situation oft überfordert. Das führt dazu, dass Einsteiger bereits nach ein paar Jahren den Beruf wechseln», so Peterhans. «In Zeiten, in denen die Kinderzahlen steigen und wir uns im Höhepunkt der Pensionierungswelle befinden, ist das verheerend.»

Laut Peterhans haben es die Kantone verpasst, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. «Die Politik muss endlich handeln und den Beruf attraktiver machen. Es braucht beispielsweise einen begleiteten Berufseinstieg und bessere Entlohnung, insbesondere auf der Primarstufe samt Kindergarten.» Dass in mehreren Kantonen, beispielsweise Zürich und Bern, aufgrund des Lehrermangels mittlerweile auch Personen ohne Diplom unterrichten dürfen, findet Peterhans hingegen keine gute Lösung: «Darunter leidet nur die Qualität», sagt sie.  

Weiterführung der Taskforce «Lehrermangel»

Wie es beim Zürcher Volksschulamt auf Anfrage heisst, besteht wie in vielen anderen Branchen auch bei den Lehrpersonen national und international allgemeiner Fachkräftemangel. «Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und des Rechts auf Bildung kann in den öffentlichen Schulen im Gegensatz zu gewissen anderen Branchen nicht mit einem reduzierten Angebot reagiert werden», erklärt Amtsleiterin Myriam Ziegler.

Nach den Sommerferien werden deshalb auch im Kanton Zürich an der Volksschule Personen ohne passende pädagogische Ausbildung unterrichten müssen. «Begleitmassnahmen für Schulen bei der Integration und Begleitung von Lehrpersonen mit unvollständiger oder fehlender Ausbildung werden geprüft», so Ziegler.

Wie die Zürcher Bildungsdirektion kürzlich mitteilte, wurden verschiedene Massnahmen mit einem mittel- bis langfristigen Horizont eingeleitet. Dazu gehört unter anderem die Weiterführung der Taskforce «Lehrermangel» mit Vertreterinnen und Vertretern der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH), des Volksschulamts und der Verbände aus dem schulischen Umfeld. Ebenso werden laufend weitere Ausbildungsplätze geschaffen.

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