Wer in Clubs geht, riskiert die Kündigung

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«Arbeitgeber drohen wegen Quarantäne»Wer in Clubs geht, riskiert die Kündigung

Zahlreiche Gäste verzichteten momentan aus Angst um ihren Job auf den Ausgang, sagt ein Clubbetreiber. Dass Partygäste bei einem fahrlässigen Verhalten die Kündigung riskierten, bestätigt ein Arbeitsrechtsexperte.

«Nach dem Ende des Lockdown wurden wir mit Anfragen für Lounge-Reservationen überflutet», sagt Sasa Savic, Miteigentümer des Face Club in Dietlikon ZH. Um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, habe man ein mehrstufiges Schutzkonzept entwickelt. So hätten etwa alle Angestellten den ganzen Abend über einen Mundschutz getragen.
Am Eingang wurde die Körpertemperatur mit einem Scanner erfasst. Hätte die Anzeige über 37,5 Grad angezeigt, hätten die Betreiber noch einmal manuell nachgeprüft, sagt Savic.
In der Warteschlange, auf den WC und bei der Garderobe habe eine strikte Maskenpflicht geherrscht.
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«Nach dem Ende des Lockdown wurden wir mit Anfragen für Lounge-Reservationen überflutet», sagt Sasa Savic, Miteigentümer des Face Club in Dietlikon ZH. Um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, habe man ein mehrstufiges Schutzkonzept entwickelt. So hätten etwa alle Angestellten den ganzen Abend über einen Mundschutz getragen.

Face Club

Darum gehts

  • Zahlreiche Personen würden momentan aus Angst um ihren Job auf den Ausgang verzichten, sagt der Clubbetreiber Sasa Savic.
  • Stammgäste hätten ihm berichtet, dass verschiedene Arbeitgeber mit der Kündigung drohten.
  • Mitarbeiter müssten auch in der Freizeit zu ihrer Arbeitsfähigkeit Sorge tragen, so das Statement des Arbeitgeberverbandes.

300 waren es im Zürcher Club Flamingo, 280 in Grenchen, 100 in Genf: In den letzten zwei Wochen mussten Hunderte Partygänger in Quarantäne, weil Clubbesucher positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden. Wie Sasa Savic, Miteigentümer des Face Club in Dietlikon ZH, sagt, spüren die Clubbetreiber die Auswirkungen der Superspreader-Events deutlich. «Nach dem Ende des Lockdown wurden wir mit Anfragen für Lounge-Reservationen überflutet. Das letzte Weekend sagten aber 60 Personengruppen auf einmal ab.»

Savic glaubt den Grund für die Absagen zu kennen. So hätten ihm zahlreiche Stammgäste mitgeteilt, dass der Arbeitgeber Druck mache, momentan nicht mehr in den Ausgang zu gehen. «Die Leute haben nicht Angst vor Corona. Sie haben Angst um ihre Stelle und ihren Lohn.» Ein Chef habe seinen Angestellten geradeaus gesagt, dass die Kündigung drohe, würden sie in einem «Balkan-Club» in den Ausgang gehen. «Und das, obwohl wir eines der fortschrittlichsten Schutzkonzepte umgesetzt haben – mit Temperaturscanner am Eingang», sagt Savic. «Viele Gäste meiden den Besuch im Club, weil die Arbeitgeber mit der Kündigung drohen.»

Kein Kündigungsschutz bei «sehr unvernünftigem» Verhalten

Dass die Drohung der Arbeitgeber nicht aus der Luft gegriffen ist, bestätigt Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich. «Wenn das Verhalten des Arbeitnehmers als fahrlässig bezeichnet und die Quarantäne als von ihm verschuldet angesehen werden muss, wird er sich gegen eine Kündigung kaum wehren können.» Die Fahrlässigkeit könnte mindestens bei unvorsichtigem Verhalten in einem Club durchaus gegeben sein. Wer hingegen unverschuldet in Quarantäne versetzt wird – etwa nach einem Restaurantbesuch – hätte bessere Chancen, die Kündigung anzufechten.

Selbst wer effektiv am Coronavirus erkranke, sei nicht in jedem Fall gegen eine Kündigung gefeit, sagt Rudolph: «Wer sich sehr unvernünftig verhält, nächtelang in einem unbelüfteten Club, ohne Distanz einzuhalten, abtanzt und so infiziert wird, riskiert, dass der Kündigungsschutz nicht greift und ihm trotz Erkrankung gekündigt werden kann.» Wer sich hingegen im ÖV oder im Restaurant anstecke, sei geschützt und habe im Rahmen des Gesetzes Anspruch auf Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung.

Arbeitgeberverband pocht auf Treuepflicht

Darf der Arbeitgeber also explizit den Besuch von Partys verbieten? Auf Anfrage von 20 Minuten verweist der Schweizerische Arbeitgeberverband auf die Treuepflicht des Arbeitnehmers. Demnach müssten die Mitarbeiter auch in der Freizeit zu ihrer Arbeitsfähigkeit Sorge tragen. «Zwar können die Arbeitgeber nicht generell in die Freizeitgestaltung ihrer Mitarbeiter eingreifen. Die Arbeitgeber setzen aber darauf, dass die gemeinsamen Anstrengungen zur Verhinderung einer zweiten Welle von allen verantwortungsbewusst mitgetragen werden», sagt Sprecher Fredy Greuter. Dies setze in der jetzigen Situation voraus, sich mit den Risiken eines Clubbesuchs auseinanderzusetzen und die Verhaltensregeln zu befolgen, so Greuter.

Was Angestellte in ihrer Freizeit machen, sei ihre Sache allein, sagt Leena Schmitter von der Gewerkschaft Unia. «Arbeitgeber können Angestellten nicht vorschreiben, was sie in ihrer Freizeit machen sollen und was nicht», so die Sprecherin. Wenn jemand aufgrund einer behördlichen Anordnung in Quarantäne muss, weil eine mit Covid-19 infizierte Person im Club war, werde der Lohn von der Erwerbsersatzordnung übernommen.

Warnung vor Clubbesuch

Die nationale Corona-Taskforce hat am Freitag eine dringende Empfehlung für Sofortmassnahmen für die Bevölkerung, Organisationen und Behörden veröffentlicht. Darin schreiben die Autoren, man sollte Situationen mit einem hohen Übertragungsrisiko möglichst vermeiden. «Dabei handelt es sich insbesondere um Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, die keinen physischen Abstand und kein kontinuierliches Tragen von Masken erlauben. Beispiele sind Clubs, Diskotheken und Bars.»

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