6 Milliarden FrankenViola Amherd will F-35-Kampfflugzeuge kaufen
Verteidigungsministerin Amherd hat ihren Entscheid gefällt. Die Kampfflugzeuge, die die Schweiz anschaffen will, sollen aus den USA kommen.
Darum gehts
Der Bundesrat will 40 neue Tarnkappenjets F-35 beschaffen.
Der ehemalige Chef der Schweizer Armee, André Blattmann, findet in einem Bericht, dass 20 Kampfjets genug seien.
Die Linken sind über Blattmanns Bericht erfreut, für die SVP ist die Meinung des Ex-Armeechefs «mehr als fadenscheinig».
Der Entscheid soll gefallen sein: Die Schweizer Verteidigungsministerin Viola Amherd möchte Flugzeuge des Typs F-35 des US-amerikanischen Herstellers Lockheed Martin anschaffen. Das berichtet die «NZZ» und die «Rundschau» von SRF. Noch aber muss der Bundesrat über diesen Entscheid beraten.
Gemäss Informationen der «NZZ» soll der Tarnkappenbomber F-35 in den Evaluationen von Armasuisse von allen getesteten Flugzeugen am besten abgeschnitten haben. Neben dem F-35 waren auch Flugzeuge der Hersteller Airbus, Dassault Aviation und Boeing im Rennen.
Die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) und linke Parteien haben bereits im Vorfeld angekündigt, das Referendum zu ergreifen, sollten sich der Bundesrat und das Parlament für einen US-amerikanischen Kampfjet entscheiden. Schon der Entscheid, überhaupt erst neue Kampfjets anzuschaffen, war äusserst knapp ausgefallen. Im September 2020 stimmte die Schweizer Stimmbevölkerung einer entsprechenden Vorlage mit 50,1 Prozent zu.
Ex-Armeechef Blattmann kritisiert die Beschaffungspläne Amherds
Schon im Vorfeld war der Entscheid scharf kritisiert worden. Der pensionierte Chef der Schweizer Armee, André Blattmann, hat einen neunseitigen Bericht verfasst, in dem er die Pläne von Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP), bis zu 40 Kampjets der neusten Generation zu beschaffen, scharf kritisiert.
An wen der Bericht gegangen ist und in wessen Auftrag er erstellt wurde, ist unklar. Dem «Tages-Anzeiger» liegt er allerdings vor. Darin stellt Ex-Armeechef Blattmann die Grundlagen der Beschaffung von Tarnkappenjets F-35 infrage. Aus folgenden Gründen:
Blattmann ist der Meinung, ein breites Spektrum an bodengestützter Luftverteidigung (Bodluv) genüge künftig. Im Sinne eines Kompromisses sei die Beschaffung von rund 20 neuen Kampfjets denkbar.
Dem US-amerikanischen F-35 wirft Blattmann neben Stärken in den Bereichen Sensorik und Radar erhebliche Schwächen vor. Dazu zählten technische Anfälligkeiten, eine geringe Steigfähigkeit, ein zu kleiner Operationsradius sowie Nachteile bei der Manövrierfähigkeit.
Auch die Kosten sind laut Blattmann viel höher als angenommen. Das VBS gehe beim F-35 sowie beim US-amerikanischen Boden-Luft-Abwehrsystem «Patriot» von deutlich zu niedrigen Betriebskosten aus. Ein Kostenvergleich mit den alten F/A-18-Jets macht es klar: Mit Betriebskosten von rund 100’000 Franken pro Flugstunde würde der F-35 etwa doppelt so viel pro Flugstunde kosten, wie die zunehmend in die Jahre gekommenen Schweizer F/A-18 heute.
Seitens der Politik erhält Blattmanns Papier Zuspruch von der SP und den Grünen, Kritik von der SVP.So äusserte sich Sicherheitspolitikerin Priska Seiler-Graf (SP) erfreut über Blattmanns Schlussfolgerungen. Gegenüber Tamedia sagte sie: «Endlich kehrt Vernunft ein.» Die SP habe stets betont, dass es für robuste Luftpolizeieinsätze nur rund 20 Kampfflugzeuge brauche und nicht 30 bis 40 High-End-Jets aus den USA. SP und Grüne haben zusammen mit der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) angekündigt, die Flugzeugbeschaffung mit einer Volksinitiative zu bekämpfen, sofern der Bundesrat sich für einen US-amerikanischen Typ entscheidet. Nicht nur findet das Bündnis die Jets zu teuer, es fürchtet zudem eine Überwachung seitens der US-Amerikaner.
Bundesrat will noch im Juni über den F-35 entscheiden
Für den früheren Kampfjetpiloten und SVP-Sicherheitspolitiker Thomas Hurter (SH) ist Blattmanns Bericht hingegen inhaltlich ungenau. Es handle sich um eine Zusammenstellung von eigenen Beurteilungen und Annahmen, alles ohne Quellenangaben, meint Hurter. So stelle Blattmann fälschlicherweise dar, dass die europäischen Länder vor allem in die bodengestützte Luftabwehr investierten und nicht in Kampfjets. Dabei modernisierten andere Länder ihre bestehenden Flotten.
Blattmanns Attacke auf die Beschaffungsvorhaben von Bundesrätin Amherd bezeichnet Hurter zudem als «mehr als fadenscheinig» - verteidigte doch Blattmann in seiner früheren Rolle als Armeechef die damalige Beschaffung des vom Stimmvolk abgelehnten schwedischen Kampfjets mit ähnlichen Argumenten wie jetzt seine Nachfolger im Verteidigungsdepartement.
Ob der Bundesrat an diesem Mittwoch oder erst am 30. Juni eine Entscheidung über den Kampfjet-Typ fällt, ist noch unklar.
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