Diplomatisches Treffen in Genf – Von «offen» bis «schwierig» – Gespräch zur Ukraine-Krise brachte keine Lösung

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Diplomatisches Treffen in GenfVon «offen» bis «schwierig» – Gespräch zur Ukraine-Krise brachte keine Lösung

Diese Woche folgt ein Krisengespräch auf das nächste, um die Ukraine-Krise zu entschärfen. Ein Treffen am Montag in Genf blieb erfolglos – der Konflikt bleibt vorerst ungelöst.

Im Ukraine-Konflikt führten am 10. Januar 2021 die US-Vizeaussenministerin Wendy Sherman und Russlands Vizeaussenminister Sergej Rjabkow diplomatische Krisengespräche.
Der Westen wirft Russland vor, bis zu 100’000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen zu haben, und befürchtet einen Einmarsch russischer Truppen im Nachbarland.
Die USA und ihre Verbündeten forderten in Genf von Russland einen Rückzug der Truppen.
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Im Ukraine-Konflikt führten am 10. Januar 2021 die US-Vizeaussenministerin Wendy Sherman und Russlands Vizeaussenminister Sergej Rjabkow diplomatische Krisengespräche.

AFP

Darum gehts

Bei Krisengesprächen in Genf haben die USA und Russland über mögliche Abrüstungsschritte in Europa gesprochen. In der Ukraine-Krise gab es aber keine Annäherung. Beide Seiten beharrten am Montag auf ihren Standpunkten, wie aus Erläuterungen von US-Vizeaussenministerin Wendy Sherman und dem russischen Vizeaussenminister Sergej Rjabkow nach Gesprächsende hervorging.

Die USA und das westliche Verteidigungsbündnis Nato verlangen einen Abzug der russischen Truppen von der Grenze zur Ukraine. Russland verlangt einen US-Truppen- und Waffenabbau in Europa und eine Zusicherung, dass die Nato nicht weiter nach Osten ausgedehnt wird.

Sherman sagte in einer Telefonschalte mit Journalisten, die fast achtstündigen Gespräche seien «offen und direkt» verlaufen. Es seien aber keine konkreten Verhandlungen gewesen – soweit seien die Sondierungsgespräche noch nicht. Rjabkow hingegen beschrieb das Gespräch in einer Pressekonferenz, die die Staatsagentur Tass live übertrug, als «schwierig, aber sehr professionell, tiefgründig und konkret.

USA fordern Abzug der russischen Truppen

Die US-Vizeaussenministerin rief Russland dabei erneut zur Deeskalation in der Ukraine-Krise auf. «In dieser Woche wird Russland eine einheitliche Botschaft von den Vereinigten Staaten und unseren Verbündeten und Partnern hören, nämlich dass es an Russland liegt, die Spannungen zu deeskalieren, damit wir eine echte Chance haben, diplomatische Lösungen zu finden.»

Die USA verlangten den Abzug der russischen Truppen aus dem Grenzgebiet zur Ukraine. Sie sprechen von 100’000 dorthin verlegten Soldaten. Das sei die Voraussetzung für diplomatische Fortschritte. Sie drohten Russland im Fall einer militärischen Eskalation erneut mit massiven Konsequenzen. Diese zielten unter anderem auf finanzielle Institutionen, Exportkontrollen, eine grössere Nato-Präsenz in europäischen Ländern und mehr Hilfe für die Ukraine.

Droht ein Einmarsch Russlands in die Ukraine?

Die Ukraine befürchtet einen russischen Überfall. Das Land sieht sich im Krieg mit dem Nachbarland. Hintergrund ist die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 und Moskaus Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine. Rjabkow sagte, er habe der US-Seite versichert, es gebe keine Pläne für einen Überfall auf die Ukraine.

Die USA seien bereit, über Themen wie die Begrenzung von Manövern oder die Stationierung von Raketen zu sprechen, sagte Sherman. Es könne etwa der INF-Vertrag über das Verbot landgestützter atomwaffenfähiger Mittelstreckensysteme wiederbelebt werden. Die USA hatten sich unter Präsident Donald Trump daraus zurückgezogen. Die US-Truppenpräsenz in Europa sei kein Thema gewesen.

Das Gespräch in Genf brachte die Parteien nicht weiter

Die Forderungen Russlands nach einem garantierten Ende der Nato-Osterweiterung wies Sherman aber erneut zurück: «Wir werden nicht auf die bilaterale Zusammenarbeit mit souveränen Staaten verzichten, die mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeiten wollen.» Jedes Land entscheide eigenständig über seine Aussenpolitik. Die USA würden zudem keine Entscheidungen über die Ukraine, Europa oder die Nato fällen, ohne das die Betroffenen beteiligt wären.

Rjakbkow sagte, mit Blick auf ein Ende der Nato-Osterweiterung sei man in Genf nicht weitergekommen. «Ich würde sagen: Nein, es ist nicht gelungen, irgendeine Verbesserung zu erzielen.» Moskau habe klar gemacht, dass in Bezug auf wesentliche Forderungen Fortschritte erzielt werden müssten. Dazu zählten das Ende der Nato-Ausdehnung nach Osten und ein Verzicht des westlichen Militärbündnisses auf die Stationierung von Angriffswaffen nahe der russischen Grenzen. Von diesen Forderungen werde Russland nicht abrücken.

Kommt es diese Woche zum Erfolg?

Der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba beschwor das westliche Bündnis, keine Zugeständnisse zu machen. «Der Kalte Krieg ist vorbei, Einflusssphären auch», schrieb er auf Twitter. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, forderte einmal mehr auch Waffenlieferungen von Deutschland. «Deutschland trägt die gleiche historische Verantwortung für die Ukraine wie für Israel», sagte er der Funke Mediengruppe.

Weitere Gespräche finden am Mittwoch in Brüssel statt, wo das westliche Verteidigungsbündnis Nato mit Russland tagt, und am Donnerstag bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien.

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(DPA/kle)

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