Vor EU-WahlenRauswurf, SS-Aussagen und Schmiergelder: Zerlegt sich die AfD selbst?
Die AfD sorgt derzeit für zahlreiche Negativschlagzeilen. Führende Köpfe wie Maximilian Krah und Petr Bystron stehen unter Beschuss – die Partei droht an internen Streitigkeiten zu zerbrechen.
Darum gehts
Die AfD sorgte in den letzten Wochen für mehrere Negativschlagzeilen.
Unter anderem sorgte EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah mit einer umstrittenen SS-Aussage für den Ausschluss der AfD bei der rechten Fraktion im EU-Parlament.
Auch der zweite AfD-Mann auf der EU-Wahlliste hat sich aus dem Wahlkampf zurückgezogen – ihm wird vorgeworfen, russische Gelder entgegengenommen zu haben.
Innerhalb der Partei brodelt es – möglicherweise könnte es zur Zersplitterung kommen, sagt Politikwissenschaftler Jonathan Slapin.
SS-Aussagen des Spitzenkandidaten, Rauswurf aus der rechten Fraktion im Europaparlament und Ermittlungen wegen Schmiergeld: Die AfD sorgte zuletzt für zahlreiche Negativschlagzeilen – das dürfte grossen Einfluss auf ihren Europawahlkampf, aber auch auf die Partei selbst haben. Scheitert die AfD letztlich an sich selbst?
AfD-Krah setzt sich mit SS-Aussage ins Abseits
Auslöser des Skandals rund um EU-Spitzenkandidat Maximilian Krah (AfD) war ein Interview mit der italienischen Zeitung «La Repubblica» und der «Financial Times». Die Journalistin sprach Krah auf die nationalsozialistische Schutzstaffel, kurz SS, an. Krah erwiderte: «Sie werden in jeder Familie einen finden, der Unsinn gemacht hat. Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war.»

Maximilian Krahs Aussage hatte weitreichende Folgen für die AfD: Die Partei wurde kurzerhand aus der rechten EU-Fraktion «Identität und Demokratie» ausgeschlossen.
AFPDie Aussage sorgte im nahen Ausland für Entsetzen. Marine Le Pen, die frühere Parteichefin des «Rassemblement National», distanzierte sich: «Es ist Zeit für einen Bruch mit dieser Bewegung, die keine wirksame Führung hat und die eindeutig unter der Kontrolle radikaler Gruppen in ihr steht.»

Zu radikal für Le Pen: Die Rechtspopulistin distanzierte sich von der AfD.
AFPEU-Rechtsparteien kicken AfD aus Fraktion
Die AfD-Parteiführung reagierte sofort und verbot Krah öffentliche Auftritte, er trat aus dem Bundesvorstand zurück. Der Schaden war jedoch angerichtet: Weitere rechte Parteien wandten sich ab, letztlich wurde die AfD aus der rechtspopulistischen EU-Fraktion «Identität und Demokratie» ausgeschlossen.
Nur wenige Wochen zuvor stand Krah im Zentrum einer Untersuchung, weil er einem Mann Zugang zum Europäischen Parlament verschafft haben soll, der der Spionage für Russland verdächtigt wird. Krah bestritt dies und beschuldigte stattdessen einen Mitarbeiter. Einen Monat zuvor wurde ein anderer Mitarbeiter Krahs wegen mutmasslicher Spionage für China festgenommen.
EU-Wahl: Schmiergeldaffäre um AfD-Kandidat Bystron
Auch Petr Bystron, der zweite AfD-Mann auf der EU-Wahlliste, sorgte für Schlagzeilen – ihm wird vorgeworfen, russische Gelder bekommen zu haben. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche und durchsuchten seine Büros und Privaträume.
Auch er hält sich seither im Hintergrund. Somit bleibt der AfD nur, die verbleibenden Wochen ohne ihre Spitzenkandidaten EU-Wahlkampf zu betreiben. Wer am 9. Juni AfD wählt, wählt jedoch weiterhin Krah und Bystron – die Frist zur Anpassung der Listen ist bereits abgelaufen.
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Parteiinterne Zersplitterung
Die Skandale im Vorfeld der EU-Wahlen sorgen auch parteiintern für Unmut. Bereits bei Krahs Nominierung im Sommer soll es innerhalb der AfD kritische Stimmen gegeben haben, die vor einer Aufstellung Krahs als EU-Spitzenkandidat warnten. Nach den neusten Skandalen wird nun auch die Kritik an der Co-Parteispitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla lauter. Ihnen wird Führungsversagen vorgeworfen.

Sie versuchen, die Wogen zu glätten: AfD-Parteispitze Tino Chrupalla und Alice Weidel.
Christoph Reichwein/dpaDie Partei scheint in zwei Lager zu zerfallen: Die einen hoffen auf Regierungsbeteiligung und streben Koalitionen an. Die anderen, dazu sollen auch Krah und sein Umfeld gehören, wollen am harten Oppositionskurs festhalten.
Zerfleischt sich die AfD selbst?
Möglicherweise, sagt Politikwissenschaftler Jonathan Slapin von der Universität Zürich. «Es gibt derzeit grossen Streit innerhalb der Partei – noch ist es zu früh, um zu sagen, wie es mit der AfD weitergeht», so Slapin.

Politikwissenschaftler Jonathan Slapin glaubt nicht, dass die Skandale der AfD hinsichtlich der EU-Wahlen gross schaden werden.
UZHDie derzeitige Situation könne aber durchaus Auswirkungen auf nationaler Ebene haben. Zersplittere die AfD in kleinere Parteien, wäre ihre verbleibende Unterstützung fraglich. Wahrscheinlicher sei hingegen die Übernahme der Partei durch den «salonfähigeren» Flügel der AfD, der das Parteiprogramm zwar weitertreibe, aber gemässigter, so der Politikwissenschaftler.
Hinsichtlich der EU-Wahlen glaubt Slapin jedoch nicht, dass die Skandale der Partei gross schaden: Viele Wählerinnen und Wähler wollten ohnehin nicht per se die AfD wählen, sondern vor allem ein Zeichen gegen die Eliten setzen.
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