Angst vor GesetzesänderungWaffenboom in Amerika
US-Waffenhersteller können die Nachfrage kaum decken. Die Angst, dass das Waffentragerecht aus der Verfassung gestrichen wird, ist gross.

Auch amerikanische Frauen kaufen immer mehr Schusswaffen.
Die Aussicht auf Barack Obamas Wiederwahl hat einen Boom bei der Nachfrage nach Feuerwaffen ausgelöst. Viele Amerikaner befürchten, dass er in seiner zweiten Amtszeit das Waffentragerecht aus der Verfassung streichen wird. Geschürt wird die Angst nicht zuletzt von der einflussreichen Waffenlobby National Rifle Association. «Sollte Obama bestätigt werden», warnte deren Präsident Wayne La Pierre kürzlich in den US-Medien, «ist kristallklar, dass er unsere Feuerwaffenfreiheit zerstören wird».
Für Waffenhändler und -hersteller ist die Verunsicherung ein Geldsegen. Amerikas grösster Produzent privater Schusswaffen, Sturm & Ruger wird derart überrannt, dass er die Nachfrage gar nicht mehr decken kann: Das Unternehmen berichtet, dass Kunden in den ersten drei Monaten dieses Jahres bereits eine Million Schusswaffen bestellt haben. Das sei fast so viel wie im ganzen Jahr 2011. Bis Ende Mai könne man keine Bestellungen mehr annehmen. Ähnlich sieht es bei Konkurrent Smith & Wesson aus: Auch dort werden rekordhohe Absatzzahlen gemeldet.
Naheliegend wäre, dass auch Schweizer Produzenten und solche aus dem nahen Ausland vom Boom in den USA profitieren würden. Zu ihnen gehören etwa Sig Sauer, Hämmerli Sportwaffen, Swiss Arms , J.P. Sauer & Sohn oder Blaser Jagdwaffen . Doch Fehlanzeige: «Vom Selbstverteidigungs-Wahnsinn in den USA spüren wir nichts», so Matthias Klotz, Chef von J.P. Sauer & Sohn gegenüber 20 Minuten Online. Und auch die anderen europäischen Hersteller würden kaum davon betroffen sein. J.P Sauer & Sohn baut im Allgäu nahe dem Bodensee Jagdgewehre.
Amis wollen Knarren «Made in USA»
Für die mangelnde Nachfrage aus Übersee gibt es laut Klotz zwei Gründe: «Zum einen schwingt beim Amerikaner in Sachen Waffen immer noch sehr viel Patriotismus mit.» Soll heissen: Wer sich bewaffnet, tut dies mit einer Schrotflinte oder einem Revolver Made in USA. Zum anderen seien europäische Feuerwaffen vielen Amis schlicht zu teuer: «Ein Jagdgewehr von Ruger gibt es in den USA für 800 Dollar, unsere Modelle kosten dagegen ab 3000 Dollar aufwärts.» Klotz gibt zu bedenken, dass Käufer seiner Luxusbüchsen sich eher weniger von der allgemeinen Hysterie beeinflussen lassen. «Der Boom», weiss er, «findet im Billig-Segment statt.» Das bestätigt auch Swiss Arms, der Hersteller des Schweizer Armee-Sturmgeweher 90.
Dass die Amerikaner immer mehr Schusswaffen kaufen, zeichnet sich seit 2006 ab. Seitdem hat sich der Verkauf beinahe verdoppelt: 2011 gingen laut Daten der Bundespolizei FBI rund 16 Millionen Pistolen, Gewehre, Revolver, Schrotflinten und ähnliches über den Ladentisch. Die Grössten Waffennarren sind laut FBI die Einwohner Kentuckys, gefolgt von Texas und Utah.

Schweizer Armeegewehr für US-Privatleute
Lange mussten sie warten, nun ist es so weit: Seit Januar 2012 können Amerikaner einen Nachbau des Schweizer Armee-Sturmgewehrs Stgw 90 alias SG 550 kaufen. Hersteller ist das US-Unternehmen SIG SAUER Inc., eine Schwesterfirma des Schweizer Armeewaffen-Produzenten Swiss Arms und J.P. Sauer & Sohn. Ganz an das Schweizer Original kommt die SIG551-A1 jedoch nicht. Die Qualität sei nicht gleich hoch, heisst es bei Swiss Arms weder bei den verwendeten Materialien noch bei der Verarbeitung. Dafür kostet die US-Version auch nur rund 1800 Franken. Das Schweizer Armee-Sturmgewehr gibt es für rund 2700 Franken.