WahlversprechenBeendet Trump den Ukraine-Krieg? Das sind die Szenarien
Donald Trump behauptet, er könne den Krieg in der Ukraine sofort beenden. Ist das realistisch – und was wären die Folgen? Zwei Szenarien.
Darum gehts
Donald Trump verspricht, den Ukraine-Krieg schnell zu beenden – Experten sehen zwei mögliche Szenarien.
Im ersten Szenario zwingt er beide Seiten zu Verhandlungen, doch langfristig könnte dies Russland stärken.
Im zweiten Szenario zieht sich Trump aus der Ukraine-Politik zurück, was Russland zu weiterer Aggression ermutigen könnte.
Experten halten beide Szenarien für riskant und warnen vor geopolitischen Folgen für Europa und die NATO.
Es war eines der Wahlversprechen Donald Trumps: Wird er gewählt, beendet er den Krieg in der Ukraine rasch. Er behauptete gar, unter ihm wäre der Krieg gar nie ausgebrochen.
Der Russland- und Osteuropa-Forscher Alexander Dubowy zeichnet für 20 Minuten zwei Szenarien: eines, in dem es einem starken Donald Trump gelingt, den Krieg zu beenden. Und eines, in dem Trump sein Wahlversprechen bricht.
Szenario 1: Starker Donald Trump

Donald Trump im Oval Office des Weissen Hauses in Washington, D.C.
AFP«Donald Trump positioniert sich als Dealmaker, der imstande ist, den Ukrainekrieg zu beenden und eine Win-Win-Situation zu schaffen. Dabei fordert er sowohl Russland als auch die Ukraine öffentlichkeitswirksam zu Friedensgesprächen auf.
Moskau droht er mit einer Verschärfung der Sanktionen und macht Druck auf den russischen Energiesektor. Dazu soll die US-Ölproduktion ausgeweitet und der Preis unter 40 US-Dollar pro Barrel reduziert werden. Im Gegenzug stellt Trump Putin eine Lockerung der Sanktionen sowie Gespräche über die gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur in Aussicht.
Trump signalisiert Kiew, dass die US-Militärhilfen stark reduziert werden, wenn die Ukraine keine Gesprächsbereitschaft zeigt. Im Gegenzug verspricht Trump, die Ukraine weiterhin militärisch, finanziell und humanitär zu unterstützen. Nach zähen Verhandlungen werden die Kampfhandlungen entlang der bestehenden Kontaktlinie eingefroren.»
Wahrscheinlichkeit
«Das Szenario ist zwar das aktuelle Status-quo-Szenario, jedoch mit Unsicherheiten behaftet. Die Wahrscheinlichkeit für Russlands Zugeständnisse bleibt gering und dass die Ukraine zu Gesprächen bereit ist, wenn die USA die Hilfen reduziert, ist kaum realistisch. Kurzfristig könnte das Szenario Verhandlungen fördern, langfristig jedoch die Glaubwürdigkeit der USA schwächen, die transatlantischen Beziehungen belasten und geopolitische Spannungen verstärken.»
Mögliche Folgen
«Die Ukraine verhandelt zäh mit dem Westen über weitere Waffenlieferungen und Sicherheitsgarantien. Russland nutzt die Kampfpause sowie die Spannungen im westlichen Bündnis zur Wiederaufrüstung und für Säuberungen gegen die Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten. Entlang der Kontaktlinie kommt es regelmässig zu Zwischenfällen. Sowohl in Moskau als auch in Kiew wächst die gesellschaftliche Unzufriedenheit über den ‹verkauften Sieg›.
Der Kreml reagiert auf nationalistische Proteste mit Repressionen, während Wolodimir Selenski scharfer Kritik der Opposition ausgesetzt ist und zunehmend in Bedrängnis gerät. Moskau destabilisiert die politische Lage in der Ukraine mit Propaganda, Desinformation und dem Schüren von Differenzen. Im russischen Staatsfernsehen bleibt die martialische Rhetorik bestehen, um die Gesellschaft auf einen erneuten Krieg vorzubereiten. Im Westen werden angesichts des Waffenstillstands Forderungen nach einem Dialog mit Russland und schrittweiser Aufhebung der Sanktionen laut.»
Szenario 2: Schwacher Donald Trump
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Donald Trump kehrt am 28. Januar 2025 nach Washington, D.C. zurück. Er hatte davor Kalifornien, North Carolina und Florida besucht.
Getty Images via AFP«Nach gescheiterten Vermittlungsversuchen signalisiert Donald Trump eine isolationistische Wende und eine Abkehr von der bisherigen US-Politik gegenüber der Ukraine. Die militärische und finanzielle Unterstützung Kiews wird enorm reduziert, begleitet von wiederholten Forderungen nach einem ‹sofortigen Frieden›, was in der Praxis massive territoriale Zugeständnisse an Russland und einen Gewaltfrieden Moskaus bedeuten würde. Trump begründet dies mit der Notwendigkeit, US-Ressourcen auf innenpolitische Prioritäten umzulenken. In Fragen der gesamteuropäischen Sicherheit zeigt sich Trump Putin gegenüber stark gesprächsbereit. Dabei reduziert Washington die US-Militärpräsenz in Europa und stellt die Finanzierung der Allianz infrage.»
Wahrscheinlichkeit
Das Szenario ist laut Dubowy «zwar aus heutiger Sicht nur wenig wahrscheinlich, die Folgen wären jedoch dramatisch».
Mögliche Folgen
Ein Rückzug der USA aus Europa würde die Verteidigungsfähigkeit der NATO erheblich schwächen. Auch würde sich das globale Machtgefüge deutlich zugunsten autoritärer Staaten verschieben. Russland würde Trumps Politik als indirekte Zustimmung für eine noch aggressivere Aussenpolitik auslegen, nicht nur auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion, sondern auch gegenüber der Nato und der EU.
Über den Experten
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Alexander Dubowy ist Berater in Fragen zu internationalen Politik- und Sicherheitsthemen. Er wurde in Semipalatinsk (Semei im heutigen Kasachstan) geboren und wuchs in Estland und in Österreich auf. Der promovierte Jurist studierte Rechtswissenschaften, Wirtschafts- und Politikwissenschaften in Wien und Moskau. Heute forscht der Politikanalyst zu Osteuropa, Russland und den GUS-Staaten («Gemeinschaft Unabhängiger Staaten», mit den meisten Nachfolgestaaten der UdSSR).
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