Wann beginnt der Prozess gegen ihn?

Publiziert

2. ImpeachmentWann beginnt der Prozess gegen ihn?

Als erster US-Präsident muss sich Donald Trump einem zweiten Amtsenthebungsverfahren stellen. Ein Gedanke, der den 74-Jährigen nervös mache, wie es heisst. Das Q&A erklärt, was auf ihn zukommt.

gux
von
gux
Ex-Präsident Donald Trump muss sich in einem Impeachment-Verfahren im Senat für seine Rolle bei der Stürmung des Capitols durch seine Anhänger verantworten.
Das Parlament hatte das Verfahren angestossen und beschuldigt den 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten der Anstachelung zur Aufruhr.
Ins Rollen kommt alles erst, wenn das Repräsentantenhaus dem Senat eine formelle Benachrichtigung übermittelt.
1 / 13

Ex-Präsident Donald Trump muss sich in einem Impeachment-Verfahren im Senat für seine Rolle bei der Stürmung des Capitols durch seine Anhänger verantworten.

REUTERS

Beträfe es nicht ihn selbst, sondern einen Gegner, würde er sicher sagen, dass das «huge», «riesig», sei. Donald Trump ist der erste Präsident in der Geschichte der USA, gegen den ein zweites Amtsenthebungsverfahren beschlossen wurde. Das Parlament beschuldigt den 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten lediglich in einem Punkt: der Anstachelung zur Aufruhr.

Dies vor dem Hintergrund des Capitol-Sturms vom 6. Januar, bei dem fünf Menschen umkamen. Selbst einige Abgeordnete der Republikaner hatten für das Impeachment Trumps gestimmt: 10 von 211.

Am Tag der Vereidigung seines Nachfolgers war Trump wegen des parlamentarischen Impeachments besorgt, schreibt «The Daily Beast» unter Berufung auf Quellen im Trump-Umfeld. Demnach habe er den Tag damit verbracht, Verbündete anzurufen und sich nach Anwälten zu erkundigen, die seine Verteidigung übernehmen sollten. Auch habe er sich immer wieder danach erkundigt, welche Republikaner im Senat wohl gegen ihn stimmen könnten.

Was passiert als nächstes?

Trump muss sich der zweiten Kongresskammer stellen, dem Senat. Den Impeachment-Regeln zufolge hätte das Verfahren frühestens am 20. Januar um 13 Uhr Ortszeit beginnen können. Ins Rollen kommt alles aber erst, wenn das Repräsentantenhaus dem Senat eine formelle Benachrichtigung übermittelt. Bislang ist das nicht geschehen. Der Grund dürfte sein, dass die Demokraten den Start des neuen Präsidenten Joe Biden nicht bremsen und den Senat in der causa Trump zu stark einbinden wollen.

Wie läuft der Prozess konkret ab?

In einem ersten Schritt verfasst der Senat dann die Anklageschrift und informiert den Präsidenten. Dann führt der Oberste US-Richter den Prozess im Senat im Beisein einer Jury aus den 100 Senatoren. Es kommt zu Beweissammlung und Anhörungen, aufgrund derer der Senat schliesslich mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit über das Impeachment und Trumps Schicksal entscheidet.

Wie geht Amtsenthebung, wenn Trump nicht im Amt ist?

Es ist juristisches Neuland. Experten sind uneins darüber, ob einem früheren Präsidenten überhaupt ein Amtsenthebungsprozess gemacht werden kann. Letztlich könnte die Angelegenheit vor dem Obersten Bundesgericht enden.

Wer verteidigt Trump?

Das hat er noch nicht entschieden. Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani erklärte aber, er arbeite an der Verteidigungsstrategie.

Was braucht es für eine Verurteilung?

Um Trump zu verurteilen, braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Senat. Die Demokraten halten die Hälfte der 100 Senatssitze und bräuchten damit die Stimmen von 17 Republikanern, die gegen Trump stimmen. Auch wenn sich im Repräsentantenhaus zehn republikanische Abgeordnete gegen Trump gestellt hatten – unter den republikanischen Senatoren spricht sich kaum jemand offen für das Impeachment aus.

Wie stehen die Republikaner zu Trump?

Bis vor kurzem wären die Chancen für eine Verurteilung durch den Senat verschwindend klein gewesen. Bis zum Sturm auf das Capitol hatte sich die republikanische Partei Trump gegenüber loyal verhalten – siehe erstes Amtsenthebungsverfahren, wo sie sich klar hinter Trump stellte. Doch heute sind die Republikaner gespalten. Manche Konservative würden gerne den Bruch mit Trump vollziehen. Doch viele Republikaner fürchten, dass ihre Basis, die über 74 Millionen Trump-Wähler, auch künftig nur auf Trump hört. Sie kennen die Mobilisierungsfähigkeit des Präsidenten und haben erlebt, wie einige Republikaner nach Kritik an Trump ihr Amt verloren hatten. Dass zusätzlich 17 Republikaner im Senat für ein Impeachment stimmen könnten, halten Beobachter deshalb für nicht leicht, aber machbar.

Unter welchem Druck die Partei steht, machten auch die Worte des Chefs der Republikaner im Repräsentantenhaus deutlich: Kevin McCarthy soll seine Abgeordneten dringend ermahnt haben, jene Kollegen nicht anzugreifen, die für ein Impeachment stimmten. Dies könne «ihr Leben in Gefahr» bringen. Wie sich die Partei gegenüber Trump schliesslich positioniert, dürfte am Schluss von Mitch McConnell abhängen.

Wieso ist Mitch McConnell so wichtig?

Er ist der OG der Republikaner. Der 78-jährige Senator aus Kentucky und bisherige Mehrheitsführer der Republikaner im Senat war bislang einer der wichtigsten Vollstrecker von Trumps Politik. Seit dem Capitol-Überfall hat er sich öffentlich distanziert. Mehr noch: McConnell soll über das angestossene Verfahren der Demokraten insgeheim erfreut sein, heisst es. Ein Bruch mit dem Präsidenten würde der Partei eine Zukunft ohne Trump eröffnen, soll er Vertrauten erklärt haben.

Öffentlich hält sich der einflussreiche Republikaner zurück. Er wolle seinen Parteikollegen keine Vorgaben machen, ob sie für oder gegen eine Amtsenthebung Trumps stimmen, teilte er mit. Alle Senatoren müssten nach ihrem eigenen Gewissen entscheiden. Auch er wisse noch nicht, wie er abstimme. Beobachter zufolge dürfte McConnell hinter den Kulissen sondieren, wie viele republikanische Senatoren gewillt sind, sich gegen Trump zu stellen.

Gibt es Risiken?

Mehrere. Das Verfahren erschwert den Start des neuen Präsidenten Biden und würde den Senat stark an sich binden, obgleich dieser in der Anfangszeit mit dem Bestätigen der neuen Kabinettsmitglieder alle Hände voll zu tun. Entsprechend wollen einige Demokraten warten, bis Biden ins Amt eingeführt ist und der Kongress sich mit dessen Agenda beschäftigt hat. Daneben warnen Stimmen aus beiden Lagern, am Ende führe das Impeachment-Verfahren nur dazu, dass sich Trumps Anhänger in ihren Überzeugungen bestärkt, Trump sich als Märtyrer feiern lassen und die gesellschaftliche Polarisierung weiter zunehmen dürfte.

Was hiesse ein Schuldspruch für Trump?

Würde der 74-Jährige als erster Präsident der Geschichte schuldig gesprochen, könnte die Kongresskammer ihn von künftigen politischen Ämtern ausschliessen. Das würde ihm den Weg zu einer möglichen Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 verbauen. Bei einem Schuldspruch würde Trump auch die Pensionsansprüche eines Präsidenten und andere Vorteile verlieren und der Staat auch nicht länger für seine Sicherheit aufkommen.

Deine Meinung zählt

183 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen