CNN-Interview mit Cosby-Opfer«Warum bissen Sie ihm nicht in den Penis?»
CNN-Moderator Don Lemon fragt ein mutmassliches Vergewaltigungsopfer Bill Cosbys, warum es nichts gegen den Missbrauch tat. Dafür erntet er jetzt viel Kritik.
Die ersten Anschuldigungen gegen Bill Cosby wurden schon vor Jahrzehnten laut, doch in den letzten Wochen mehrten sich die Aussagen von Frauen, die von sexuellem Missbrauch berichteten. In einem CNN-Interview sprach Joan Tarshis, ein mutmassliches Opfer Cosbys. Allerdings sorgten nicht primär die Aussagen der 45-Jährigen für Aufsehen, sondern die Fragen von Moderator Don Lemon.
«Sie sagten, er habe Sie zum Oralsex gezwungen. Wissen Sie, dass es Wege gibt, um sich gegen Oralsex zu wehren?» Sichtlich verblüfft antwortet die Schauspielerin: «Nun ja, ich war wie benebelt zu diesem Zeitpunkt. Daran habe ich in diesem Moment gar nicht gedacht.» Die damals 19-jährige Tarshis behauptet, ihr seien K.-o.-Tropfen verabreicht worden. Lemon hakt nach: «Sie meinen, die Zähne als Waffe einzusetzen, ihn also zu beissen. Daran haben Sie nicht gedacht?» Das sei ihr nicht in den Sinn gekommen, auch wenn sie heute wünschte, es wäre so, lautet die Antwort der Frau.
Entschuldigung nach Kritik
Kurz nach der Sendung wurde Lemon in den sozialen Medien scharf kritisiert. Der Hashtag #DonLemonReporting war am Mittwoch eines der meistdiskutierten Themen auf Twitter. So schreibt beispielsweise Patrick sarkastisch: «Warum wich die Erde dem Meteoriten nicht einfach aus, dann wären die Dinosaurier nicht ausgestorben.» Und Userin «TOHO» fragt: «Solange, wenn du nicht immer mit Beyoncé verglichen werden willst, warum bist du dann ihre Schwester?»
Don Lemon hat sich in der Zwischenzeit entschuldigt. «Ich bin selbst ein Missbrauchsopfer. Ich wollte niemals suggerieren, dass irgendein Opfer eine Möglichkeit hat, sich gegen eine Vergewaltigung zu wehren.» Es tue ihm leid, falls er jemanden mit dieser Äusserung verletzt habe.
Trotz der Entschuldigung wurde munter weiter über Lemon und seine Frage getwittert. Nachfolgend eine Auswahl.
«Warum fuhr John F. Kennedy genau auf dieser Strasse in Dallas? Gab es etwa keine anderen Strassen?»
«Darum hört man nie, dass ein Hai vergewaltigt wurde.»
«Wenn Schweine nicht gegessen werden wollen, warum hören sie dann nicht auf, so gut zu schmecken? »
Cosby bleibt Abschluss-Redner
Die Temple University in Philadelphia wird weiterhin an Ex-Student Bill Cosby festhalten, teilte die Uni am Donnerstag mit. Der heute 77 Jahre alte Komiker, der in Philadelphia geboren und aufgewachsen ist und sich momentan der kursierenden Missbrauchsvorwürfe wehren muss, spricht seit über drei Jahrzehnten unter anderem häufiger auf akademischen Abschlussfeiern der Universität. Seine Auftritte werden laut der Temple University stets mit grossem Jubel begleitet. (sda)