Run auf Brennholz: Warum das Heizen mit Holzofen und Cheminée keine gute Idee ist

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Run auf BrennholzWarum das Heizen mit Holzofen und Cheminée keine gute Idee ist

Aufgrund der drohenden Energiekrise gibt es offenbar einen Run auf Brennholz. Doch Experten warnen: Das Heizen mit Holzöfen und Cheminée ist nicht nur ineffizient, sondern bedeutet für die Luftqualität nichts Gutes. Droht uns jetzt ein beissender Winter-Smog?

Schön warm zu Hause, doch draussen leidet die Luftqualität. Luzerner bunkern offenbar Brennholz, um im Falle einer Energieknappheit mit Feuer heizen zu können.
In Luzern steigt die Nachfrage nach Brennholz. 
Brennholz-Anbieter verzeichnen teilweise eine doppelt so hohe Nachfrage wie in Vorjahren.
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Schön warm zu Hause, doch draussen leidet die Luftqualität. Luzerner bunkern offenbar Brennholz, um im Falle einer Energieknappheit mit Feuer heizen zu können.

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Darum gehts

Die Angst vor einer drohenden Stromlücke in Europa ist zurzeit gross. Im Winter könnte in der Schweiz ein Zehntel des Verbrauchs fehlen und das stundenweise Abschalten des Stroms im Winter in der Schweiz halten Expertinnen und Experten nicht für ausgeschlossen.


Wie bereits während der Corona-Pandemie zu sehen war, wirkt sich nun auch die Energiekrise auf das Kaufverhalten der Bevölkerung aus. Aus Angst vor dem Blackout decken sich die Leute mit Produkten wie Campingkochern, Kerzen, Solarpanels und Power Stations ein – und offenbar jetzt auch mit Holz. Förster und Detailhändler vermelden einen regelrechten Run auf Brennholz.

Neben der fragwürdigen Effizienz befürchten Expertinnen und Experten negative Folgen für die Luftqualität, wenn vermehrt mit Holz geheizt wird.

Feinstaub

Doppelt so hohe Nachfrage

Ein Brennholz-Anbieter aus Hohenrain beliefert Kunden mit Holz aus der Region – diese müssten sich aber geduldig zeigen. Denn aktuell erhalten sie ungefähr doppelt so viele Bestellungen wie in den Vorjahren. Da der Einkaufspreis von Holz gestiegen sei, ist der lokale Zulieferer gezwungen, die Preise zu erhöhen. So müssen die Kundinnen und Kunden seit August knapp 20 Prozent mehr für das Brennholz bezahlen. Auch andere Holzlieferanten aus der Region Luzern berichten von ähnlichen Erfahrungen. Die Schweizer Baumarktkette Jumbo bestätigt gegenüber 20 Minuten: «Wir verzeichnen seit dem Frühjahr eine erhöhte Nachfrage nach Brennholz, die gerade nochmals zunimmt.» Die Verfügbarkeit von Brennholz sei aktuell grundsätzlich gewährleistet.

«Der aktuelle Boom hat viel mit der Energiesituation und der aufkommenden Hysterie zu tun. Es gibt nach wie vor viele Haushalte – insbesondere auf dem Land –, die mit Holz heizen. Zudem gibt es in Einfamilienhäusern und Wohnungen oft kleine Öfen oder Cheminées, die zur Heizunterstützung nun wieder regelmässiger genutzt werden. Diese wollen sich jetzt alle genug Brennholz für die Saison sichern», sagt Werner Hüsler vom Verband WaldLuzern. Brennholz werde aktuell sehr hochpreisig gehandelt und konkurriere mit dem Industrieholz. «Wir sind interessiert, dass unser Holz aus dem Wald möglichst wertig verarbeitet und langfristig verbaut wird. Das ist auch besser fürs Klima», so Hüsler. Es ist sinnvoller, Holz zu einem guten Preis in den Bausektor zu liefern, als dass es im Ofen landet.

«Im Gegensatz zu einer zentralen Holzheizkesselanlage kann man sagen, dass eine Cheminéefeuerung nicht sehr effizient ist.»

Adrian Altenburger, Co-Instituts- und Studiengangsleiter​​ Gebäudetechnik und Energie HSLU

Wofür genau zusätzlich Holz gekauft wird, darüber kann nur spekuliert werden. Adrian Altenburger, Co-Instituts- und Studiengangsleiter​​ Gebäudetechnik und Energie an der Hochschule Luzern, vermutet, dass entweder jene, die eine Holzheizung haben, befürchten, dass Brennholz im kommenden Winter teurer werde oder andere möglicherweise vorhaben, nun mit ihrem Cheminée ihre Wohnung zu beheizen. «Im Gegensatz zu einer zentralen Holzheizkesselanlage kann man sagen, dass eine Cheminéefeuerung nicht sehr effizient ist.»

«Dreckigstmögliche Steinzeittechnologie»

Moderator und Meteorologie-Experte Jörg Kachelmann bezeichnete kürzlich in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» Heizen mit Holz als «dreckigstmögliche Steinzeittechnologie». «Wir hätten viele Möglichkeiten gehabt: Solarenergie, Wärmepumpen, Geothermie.» Aber am Ende seien wir als Land so unendlich unfähig, dass wir auf die Holzöfen setzen müssten, weil die Regierung nichts gemacht habe, schliesst Kachelmann.

Grundsätzlich weist Luzern gute Werte der Luftqualität auf. Doch gerade im Winter kommt es oft zu einer sogenannten thermischen Inversion. Verschmutzte Luft steigt wegen der Kälte nicht auf und wird somit nicht abgetragen: Es entsteht Winter-Smog. Sollte nun vermehrt mit Holz geheizt werden, kann sich das direkt auf die menschliche Gesundheit auswirken und ist eine Herausforderung für die Schweizer Luftreinhalte-Politik. Auch für Adrian Altenburger ist mit Holz zu heizen nur als Notlösung sinnvoll, da mit einem Cheminée meist gerade mal ein Zimmer beheizt werden könne. «Aber wenn man am Schluss wählen muss, ob man es in der ganzen Wohnung kalt hat oder zumindest ein Zimmer warm ist, ist das nachvollziehbar.»

Was hältst du davon, dass sich die Leute mit Brennholz eindecken?

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