Swisscom-Chef«Eine 5G-Antenne möchte ich auch nicht neben meinem Wohnzimmer»
Wird Roaming irgendwann abgeschafft und weshalb bekommen langjährige Kunden keinen Rabatt? Der Swisscom-Chef Urs Schaeppi tritt nach knapp zehn Jahren ab und beantwortete in seiner letzten Arbeitswoche die Fragen der 20-Minuten-Community.
Deine Meinung zählt
Ende
Damit ist das Interview zu Ende.
Schön warst du dabei. Am Abend gibt es ein Best-of des Talks in Kurzvideos und morgen eine Zusammenfassung in der Zeitung.
Swisscom-CEO Urs Schaeppi findet, dass die Swisscom ein super Angebot hat. Dass es öfters zu Pannen gekommen ist, gehört dazu. Denn das Angebot werde laufend ausgebaut. Kundinnen und Kunden erhalten laut Schaeppi also immer mehr Angebote fürs gleiche Geld. Er gibt Ende Woche seinen Chef-Posten auf und freut sich nun darauf, Ferien zu machen und mehr Zeit für seine Hobbys zu haben.
Silicon-Valley
Wenn Sie nochmals beginnen könnten als Swisscom-Chef: Was würden Sie mit dem Wissen von heute anders machen?
«Ich würde die Zusammenarbeit mit Silicon-Valley noch mehr fördern. Aber über alles gesehen, würde ich es nicht grundsätzlich anders machen.»

Urs Schaeppi CEO Swisscom.
23.05.2022
Messi oder Ronaldo
Ein Leser fragt sind Sie eher Team Messi oder Ronaldo?
«Es sind beide gut… aber dann eher Messi.»
Wie gehts weiter?
Sie sind in Ihrer letzten Woche als Swisscom-Chef: Was kommt danach? Worauf freuen Sie sich? Was werden Sie tun? Ein Topmanager wird meistens irgendwo Verwaltungsrat.
«Am meisten freue mich auf meine persönliche Freiheit. Ich werde auch mal Ferien machen und meine Hobbys verfolgen. Und ich möchte auch weiter lernen. Aber ich werde mich weiterhin betätigen. Dafür kann man in einen Verwaltungsrat, aber es gibt auch ganz viel anderes. Ich wüsste schon, was ich machen kann.»

Urs Schaeppi CEO Swisscom.
23.05.2022
Jetzt kommt die Smart-World
Wohin geht es jetzt mit der Swisscom?
«Jetzt kommt die Smart-World. Alles wird intelligent und vernetzt. Smartfarming zum Beispiel: Ein Bauer kann mit einer Drohne aufnehmen, wo er Pestizide spritzen muss. Die künstliche Intelligenz ist der Treiber dahinter. Ein Smartphone ist heute ein E-Banking-Tool und man kann TV darauf schauen.»
Ziele erreicht?
Wenn Sie zurückblicken, welche Ziele haben Sie nicht erreicht?
«Die Kernziele habe ich erreicht. Wir sind immer vorne dabei. Klar könnte es von allem immer ein bisschen mehr sein. Das ist der Erfolg der Swisscom als Ganzes.»

Aktienkurs
Für Topmanager ist der Aktienkurs immer sehr wichtig. In Ihrer Zeit als Swisscom-Chef hat der Titel stark zugelegt. Im Mai gab es das 22-Jahre-Hoch (590. Franken). Würden Sie somit sagen: Ich habe alles richtig gemacht?
«In der Telecom-Branche hat sich die Swisscom besser entwickelt als andere Anbieter, darum sind unsere Aktien gefragt. Wir sind auch ein guter Dividenden-Zahler. Wir haben uns dem Wandel immer gestellt. 70 Prozent des Umsatzes machen wir mit Produkten, die es vor zehn Jahren noch nicht gab. Ich schaue aber nicht jeden Tag auf den Aktienkurs der Swisscom. Wie viele Kunden wir gewonnen haben und wie die Kundenzufriedenheit aussieht, das schaue ich öfters nach.»
Zahlen fürs Werbung-Überspringen
Warum soll Replay-TV bald kosten?
«Bei der Swisscom ist es noch nicht so weit. Aber in absehbarer Zeit wird es so sein, dass man etwas zahlen muss, wenn man die Werbung überspringen will. Das Geld geht am Schluss zu den Medienhäusern. Ich möchte das eigentlich auch nicht. Denn es ist nicht konsumentenfreundlich. Aber das ist eine Vereinbarung mit den anderen Anbietern und wir müssen das auch umsetzen.»
Beratung im Shop
Irene: Warum musss ich auch als bestehende Kundin im Swisscom-Shop für gewisse Beratung bezahlen?
«Die meisten Beratungen sind gratis. Aber wenn jemand den PC aufrüsten lassen will, dann kostet das natürlich.»

Applenutzer
Chewie: Was für ein Smartphone-Modell haben Sie im Moment? Und wechseln Sie immer sofort aufs neuste Gerät?
«Zurzeit habe ich ein Apple-Phone. Und ich wechsle immer auf ein neues Gerät, denn ich probiere gerne die neuste Technologie aus.»
Weko-Stress
Warum hat die Swisscom so viel Stress mit der Weko?
«Es muss gesagt sein, die Swisscom hält sich an das Gesetz, aber manchmal gibt es unterschiedliche Ansichten. Die Wettbewerbskommission wird auch absichtlich von der Konkurrenz genutzt, um die Swisscom in Schach zu halten. Wir haben aber nicht nur verloren, sondern auch Klagen gewonnen.»

Glasfaser
Bruno: Warum kommt die Swisscom beim Glasfaserausbau nicht richtig voran? Oder eilt es Ihnen gar nicht so, weil der Ausbau teurer ist und Sie darum 5G favorisieren?
«Wichtig ist zu verstehen, man braucht beide Netze. Wir wollten bis 2025 60 Prozent der Schweiz mit Glasfaser ausstatten. Aber das wurde uns verboten. Darum schauen wir jetzt weiter und wir wollen die Schweiz richtig gut mit Glasfasernetz ausstatten. Wir investieren viel Geld darin. Aber wir sind blockiert zurzeit wegen dem Disput mit der Weko.»
Swiss Ski
Remo: Ihr Konkurrent Sunrise ist künftig der grosse Sponsor von Swiss Ski. Wie sehr ärgert es Sie, den Deal gerade an den Hauptkonkurrenten verloren zu haben?
«Nein. Wir haben das mit Swiss Ski verhandelt und uns kommerziell nicht gefunden. Aber mein Herz schlägt weiter für Skisport, auch wenn Sunrise dort Werbung macht. Aber wir werden vermehrt Werbung und Sponsoring im Musikbereich betreiben.»
Zufriedene Kunden
Thomas: Ich benutze Swisscom seit Jahren und bin äusserst zufrieden mit der Entwicklung.
«Das freut mich natürlich. Und wir haben sehr viele zufriedene Kundinnen und Kunden. Es ist aber klar, dass mich so ein Lob freut.»
Werbeanrufe
Franz: Ich bekomme täglich bis zu drei Werbeanrufe, meist aus dem Ausland. Weshalb kann die Swisscom das nicht komplett abstellen? Oder profitiert die Swisscom etwa mit?
«Nein, es ist auch in unserem Interesse, dass es wenig Werbeanrufe gibt. Aber diese Callcenter ändern sehr schnell ihre Nummern. Das muss man erst wieder wissen, um sie zu sperren.»

5G Gegner
Benno: Warum setzt die Swisscom auf die überdosierte, für Lebewesen langfristig tödliche 5G-Technologie?
«Hier kann ich mich nur wiederholen. Wir hören 5G-Gegnern zu. Aber sollte sachlich zusammen reden. 5G wird für alles verantwortlich gemacht für Vögel die vom Himmel fallen und sogar Corona soll davon kommen. Aber inzwischen haben 3 Millionen Menschen in der Schweiz ein 5G-Handy. Darauf verzichten wollen sie nicht.»
Antenne vor dem Haus
Paul: Wie weit ist die nächste 5G-Antenne von Ihrem Wohnsitz entfernt?
«Zum Glück ist mein Haus und mein Dorf gut mit 5G versorgt. Das ist nicht nur gut für mich, sondern auch für die Industrie und das Gewerbe. Wenn man Sorgen hat, muss ich auch sagen: 90 Prozent der Strahlung, der man ausgesetzt ist, kommt vom eigenen Handy. Wer weniger will, sollte das Handy weiterweglegen. Ich möchte natürlich auch nicht direkt vor meinem Wohnzimmer eine 5G-Antenne. Wir versuchen diese aber auch an Orte zu setzen, wo sie nicht stören.»

5G-Diskussion
Nutzer fragt, ob Swisscom nicht einfach nur die 5G-Technologie durchsetzen will?
«5G ist ein sehr emotionales Thema. Ich wünschte mir, dass dieses Thema sachlicher diskutiert wird. Das ist die neue Technologie. Wir müssen da sicher mehr machen und versuchen sachlich zu diskutieren. Aber es ist sehr schwierig gegen diese starken Emotionen wie Angst anzukommen.»
Schlechtes Netz
Bernhard: «Warum ist es auf vielen Emmentaler Hügeln und in den Gräben nicht möglich, 3G oder 4G zu empfangen? Ist die Region Emmental der Swisscom zu wenig wichtig?»
«Wir haben das Ziel in der Schweiz das beste Netz zu sein. Das heisst wir wollen die ganze Schweiz abdecken. Aber: In der Schweiz sind 3000 Baugesuche für Antennen der Swissom nicht bewilligt. Denn niemand will eine Antenne, aber alle wollen ein Netz. Wir haben Orte, wo wir seit 2 bis 3 Jahren nicht bauen.»

Roaming
Fabian: «Wie kann es sein, dass ein Swisscom-Abo mit unbegrenzt EU-Roaming derart teuer ist, während die EU für wenige Euro ein All-inclusiv-Abo haben kann. Verdient sich die Swisscom eine goldene Nase mit Roaming? Mit Wingo zeigt Sie ja grundsätzlich, dass es auch günstig geht.»
«Roaming ist auch für uns nicht ganz gratis. Heute ist es aber in vielen Abos inkludiert. Dadurch machen wir keine Marge mehr mit dem Roaming. Wenn man in wenig bereiste Länder geht, muss man gut schauen, wie hoch die Gebühren sind. Wir verdienen aber dort nichts dazu. Diese Länder haben hohe Netzzugangsgebühren. Die Roamingpreise werden aber tendenziell weiter sinken.»

Swisscom ist massiv teurer
Sven: «Warum ist die Swisscom im Vergleich zur Konkurrenz so massiv teurer? Und bitte nicht sagen: wegen dem besseren Service. Weil das stimmt nicht.»
«Das sehe ich nicht ganz so. Preislich sind wir gut positioniert und es geht nicht nur um den Preis. Wir haben ein sehr gutes Angebot und haben eine hohe Kundenzufriedenheit.»

Rabatte für treue Kunden
Mario: «Ich bin seit 15 Jahren treuer Swisscom-Kunde. Warum kommt man mir nicht mal mit 5 oder 10 Franken Rabatt entgegen? Ich fühle mich sehr benachteiligt, wenn ich sehe, dass Neukunden 50 Prozent Rabatt oder als Goodie ein Tablet erhalten.»
«Promotionen sind normal in einem Verdrängungsmarkt. Für unsere bestehenden Kunden investieren wir jedes Jahr mehr als 1 Milliarde. Sie kriegen also mehr Leistung für den Preis.»

Weniger zahlen bei Pannen
Die Community konnte seit Freitag Fragen stellen: Über 100 sind schon eingegangen. So fragt etwa Patricia: «Ich habe eine einzige Frage, die sich wohl viele Swisscom-Kunden stellen: Warum werden wir für die vielen Internetausfälle nicht entschädigt? Bei weniger Verfügbarkeit möchte ich auch weniger bezahlen. Das sollte man so in die Abo-Konditionen aufnehmen.»
«Erstens: Es gibt sehr wenige Internetausfälle. Wenn es passiert, sind Kunden sehr unterschiedlich betroffen. Darum haben wir das nicht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen drin. In Einzelfällen schauen wir das aber gerne an. Es gibt die 100-Prozent-Verfügbarkeit einfach nicht. Zudem, wenn das Internet zu Hause nicht funktioniert, ist das nicht immer der Swisscom ihre Schuld. Das kann auch an anderen Sachen liegen. Zum Beispiel hilft es auch mal, das Handy an- und abzustellen. Zudem: 99,9 Prozent sind unsere Dienstleistungen verfügbar.»

Mehr Ausfälle als andere
In der Öffentlichkeit hat man das Gefühl, die Swisscom habe mehr Ausfälle als andere: Liegt das daran, dass die Swisscom so gross ist? Liegt es an der Medienberichterstattung? Oder ist die Konkurrenz besser?
«Nein, die Swisscom ist ein gutes Unternehmen. Aber die Leute regen sich sehr schnell auf und solche Botschaften verbreiten sich in Windeseile. Aber man vergisst dabei gerne, was die Technik heute alles leisten kann. Man kann fast die ganze Zeit TV schauen und surfen. Dank den modernen guten Netzen konnten wir in der Pandemie ja auch Homeoffice gut ermöglichen. Es wird aber nie ein Netz geben ohne Störungen. Wir machen 600 Eingriffe pro Tag an unseren Netzen, um sie zu modernisieren. Es ist alles vernetzt, es wird nie eine 100-prozentige Sicherheit geben. Swisscom investiert jedes Jahr viel Geld in die Infrastruktur und die Swisscom ist gut!»
