Das sagen Schweizer Models zur «ironischen» Aussage von Wolfang Joop

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Schweizer Models nach Joop-Aussage«Was er gutheisst, ist eine Form von Menschenhandel»

Im Interview mit dem «Spiegel» schockte der Designer mit seinen Antworten. Jetzt erzählen Schweizer Models, was sie davon halten – und wie gravierend die Problematik dahinter ist.

Im Interview mit 20 Minuten nimmt Tamy Glauser (36) Stellung zu den kontroversen Aussagen des Designers Wolfgang Joop. So sagt das Model: «Was Joop hier gutheisst, ist eine Form von Menschenhandel. Das öffentlich zu verharmlosen, ist ein Skandal.»
Model Nadine Strittmatter ihrerseits meint: «Ich finde das ein unmenschliches Statement. Joop scheint in einer Parallel-Welt zu leben und weit entfernt von der Realität zu sein.»
Mit seiner Aussage eckt er an: Wolfgang Joop (76).
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Im Interview mit 20 Minuten nimmt Tamy Glauser (36) Stellung zu den kontroversen Aussagen des Designers Wolfgang Joop. So sagt das Model: «Was Joop hier gutheisst, ist eine Form von Menschenhandel. Das öffentlich zu verharmlosen, ist ein Skandal.»

Instagram/tamyglauser

Darum gehts

Im Interview mit dem deutschen «Spiegel»-Magazin konnte sich Wolfgang Joop kaum zurückhalten. So sagte er etwa: «Ich habe bei Lagerfelds Tod geweint, weil diese Welt so wunderbar frivol und frigide war. Alles war käuflich. Die Agenturen gaben die Schlüssel zu den Zimmern der Models, die nicht so viel Geld brachten, an reiche Männer und wenn sich ein Mädchen beschwerte, hiess es: Wir können auch auf dich verzichten.» Weiter fügte er an: «Wirklich schön ist die Modewelt nur, wenn es auch die Sünde gibt.»

Der Designer hat seine Aussage inzwischen klargestellt und die Umstände erklärt. Dennoch widerstrebt sein Statement unzähligen Menschen auf Social Media – so auch einigen Schweizer Models. «Ich frage mich, was das innerlich für ein Mensch ist, der ohne den Missbrauch von jungen Mädchen die Schönheit der Modewelt nicht sehen kann», sagt Model Tamy Glauser (36) gegenüber 20 Minuten. Und weiter: «Was Joop hier gutheisst, ist eine Form von Menschenhandel. Das öffentlich zu verharmlosen, ist ein Skandal.»

Auch Model Nadine Strittmatter (37) kritisiert die Aussagen des Designers gegenüber 20 Minuten: «Ich finde das ein unmenschliches Statement. Joop scheint in einer Parallelwelt zu leben und weit entfernt von der Realität zu sein. Das sind offenbar Halluzinationen von alten Männern.»

T-Shirt ausziehen und Orgasmus vortäuschen

Die von Joop beschriebene Schlüssel-Situation sei Glauser durchaus ein Begriff. So sei einer Freundin des Models Ähnliches widerfahren: «Sie wurde während der Cannes Filmfestivals mit anderen Models in einer Ferienwohnung eingesperrt. Anschliessend wurde sie zum Dinner abgeholt, von wo es dann zu Partys ging. Den Rest kann man sich ja selber vorstellen.»

Auch Tamy selbst habe schon sexistische und herablassende Szenarien miterleben müssen. «Ein Fotograf hat mich mal gebeten, mein Shirt ausziehen und so zu tun, als hätte ich einen Orgasmus.» Das liess das Model nicht auf sich sitzen: «Ich verliess das Set. Dafür habe ich genug Charakter, um solchen Männern laut ‹Nein› zu sagen.» Doch: «Als Teenie oder auch Anfang 20, hätte ich mich das nicht getraut.»

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Belästigt.ch, Onlineberatung bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz

Verzeichnis von Anlaufstellen

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Strittmatter ihrerseits habe sich jeweils bewusst von zwielichtigen Personen ferngehalten: «Ich ging immer sofort weg, wenn mir was nicht passte und arbeitete nie mit Leuten zusammen, bei denen ich ein ungutes Gefühl hatte.»

«#MeToo sei Dank»

Beide Models sind sich einig, dass sich die Problematik in den vergangenen Jahren verändert hat. «Heutzutage sind die Models viel beschützter als früher. Die Leute haben mehr Respekt vor uns», findet Strittmatter.

Das habe auch mit Social Media zu tun, sagt Glauser: «Die sozialen Netzwerke machen es den Machtmissbrauchenden schwieriger. Sie laufen Gefahr, dass ihre Taten an die Öffentlichkeit geraten.» Ein Risiko, das viele nicht eingehen wollen.

Auch die #MeToo-Bewegung habe zur Aufklärung beigetragen und die Ausgangslage verbessert. Gelöst sei das Problem allerdings noch lange nicht: «Solch unschöne Szenarien passieren wahrscheinlich noch immer.» Sie zu verharmlosen, sei definitiv die falsche Art, mit dem Problem umzugehen, betont Strittmatter.

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