Besuch im BrockiversumWas Leute alles in die Brockenstube bringen
Ob einzelne Schrauben oder Autos – es gibt nichts, was im Brocki nicht abgegeben wird. Dass ein Gegenstand dort Zeit zum Verstauben hat, ist eine Illusion.
Neun Uhr morgens im Basler Heilsarmee-Brocki: Die ersten Kunden schlendern durch die Auslagen, an der Kundentheke steht eine Mitarbeiterin mit Headset am PC und vereinbart telefonisch einen Abholtermin. Sie winkt und signalisiert, dass sie gleich Zeit hat. Neben ihr steht eine Handvoll Angestellte, die geschäftig Waren falten, sortieren, begutachten.
Keine Spur von verträumtem Nippes, der in einer Ecke vor sich hin staubt. Dazu ist im modernen Brockiversum keine Zeit. «Das meiste ist sehr schnell wieder weg», erklärt Fabienne Gaye, die Mitarbeiterin an der Theke, als sie sich zusammen mit Filialleiter Louis Welty in der Kaffeeecke an ein Nähmaschinentischchen setzt.
Nichts, was es im Brocki nicht gibt
Ob Porzellan, Plastikpflanzen oder Plüschtiere: Es gibt nichts, was Leute nicht in den Brocki bringen. Die Bandbreite reiche «von einzelnen Schrauben bis zum Velo», sagt Welty. «Uns kann eigentlich nichts mehr überraschen.» Gerade ist ein Kindertrampolin reingekommen.
Gaye erinnert sich an ein Paar mit mehreren Kisten Designerkleidung. «Dior, Gucci, Prada, das war sicher mehr wert als 1000 Franken», erzählt Gaye, noch immer verwundert. Der denkwürdigste Fall für ihren Chef: Vor ein paar Monaten wollte ein Kunde ein Auto spenden, einen kleinen Renault. «Den konnten wir leider nicht annehmen, uns fehlt ein Parkplatz», bedauert er.
Nahrungsmittel nehme man nur in Ausnahmefällen an, bei Büchern habe man sich auch eingeschränkt, erklärt Gaye, als sie später durch die grosse Halle führt, vorbei an Kinderspielzeug, Snowboards, Möbeln verschiedener Preisklassen und einer Massageliege. Das Kindertrampolin ist inzwischen auf dem Weg in die Auslage.
Enttäuschungen gebe es auch: verschimmelte Kleider, kaputtes Geschirr oder Kameras, an denen Knöpfe abgebrochen sind. Was das Heilsarmee-Brocki nicht will, entsorgt es für ein kleines Entgelt. Die Einnahmen fliessen in die Kasse der Schweizer Heilsarmee, die damit andere Einrichtungen finanziert.
Rätselhafte Sammlerstücke
Gerätselt wird gelegentlich beim Preis. Vor allem bei Kunst und Kunsthandwerk kann es schwierig sein, den Wert von Gegenständen zu schätzen. «Denken Sie mal an diese Porzellanfigürchen», sagt Gaye. Und wer weiss schon, was eine Puppensammlung wert ist? Wenn die Internetsuche nicht weiterhilft, holen sich die Angestellten Rat bei Sachverständigen, wie kürzlich beim Puppenspital Basel.
Fünf Festangestellte arbeiten in der Basler Brockenstube, dazu kommen drei Zivildienstleistende, eine Teilnehmerin des Integrationsprogramms «TravailPlus» und 17 Teilzeitkräfte aus anderen Integrationsprogrammen. Ganz schön viele, denn zu tun gibt es reichlich – die Ware wird oft umgestellt und neu sortiert, das ist Teil des Verkaufsprinzips. Dazu kommen Abholungen und Entrümpelungen.
Hier könne man sicher auch Bilder alter Meister kaufen, frage ich im Scherz. «Im Moment ist keiner da, aber das gab es auch schon», antwortet Gaye völlig ernst. Bis der nächste auftaucht, ist es zumindest möglich, in einem Basler Brocki einen Schrank für 100 Franken zu kaufen, sich für eine Mottoparty einzukleiden oder auf die Jagd nach noch unbekannten Dekostücken zu gehen.