Es drohen bewaffnete Proteste im ganzen Land

Publiziert

FBI warntEs drohen bewaffnete Proteste im ganzen Land

Ein internes Schreiben beim FBI geht vor der Amtseinführung Joe Bidens von Demonstrationen mit bewaffneten Trump-Anhängern in 50 US-Staaten aus. Einige der Drahtzieher seien Mitglieder von Extremistengruppen.

gux
von
gux

Kann sich das wiederholen? «Hängt Mike Pence!», schrien die Capitol-Stürmer letzten Mittwoch. Der US-Vize hatte Donald Trump verraten, als er, so wie es sein Amt vorsieht, die Ergebnisse der Präsidentenwahl zertifiziert hatte.

Das FBI warnt: Rund um die Vereidigung des künftigen Präsidenten Joe Biden könnte es in ganz Amerika zu bewaffneten Protesten kommen. Geplant seien Demonstrationen an allen Parlamentsgebäuden der 50 US-Staaten vom 16. Januar bis mindestens zum Tag von Bidens Amtseinführung am 20. Januar, hiess es in einer internen Mitteilung der US-Bundespolizei, aus der zwei Gewährspersonen für die Nachrichtenagentur AP zitierten. Ermittler gehen davon aus, dass einige der Drahtzieher Mitglieder von Extremistengruppen seien.

Schon vor der Erstürmung des Kapitols in Washington durch Anhänger des abgewählten Präsidenten Donald Trump am vergangenen Mittwoch habe das FBI mindestens eine Mitteilung an Sicherheitskräfte im ganzen Land übermittelt, hiess es weiter. In einem der Vermerke war von einer Gefahr bewaffneter Demonstrationen die Rede, die auf Parlamentsgebäude abzielten.

Das Heimatschutzministerium kündigte an, die Sicherheitsmassnahmen für die Vereidigung des gewählten Präsidenten deutlich früher hochzufahren als sonst üblich. Wegen der sich entwickelnden Sicherheitslage träten die Vorkehrungen für einen besonderen nationalen Sicherheitsfall bereits am Mittwoch und nicht erst am 19. Januar in Kraft, so Heimatschutzminister Chad Wolf kurz vor Bekanntwerden seines Rücktritts.

«Das hier ist nicht vorbei»

Zuvor hatte die Washingtoner Bürgermeisterin Muriel Bowser sich an Wolf gewandt und auf stärkere Sicherheitsmassnahmen am Inauguration Day gepocht. Die 59. Amtseinführung eines Präsidenten müsse anders vorbereitet werden als andere.

«Es wird im Vorfeld der Amtseinführung mehr Gewalt geben», warnt auch Chris Krebs, einst Cybersicherheits-Chef unter Noch-US-Präsident Donald Trump. «Das hier ist nicht vorbei.» Mehrere rechtsextreme Gruppierungen diskutierten für den Tag der Vereidigung bereits wieder einen ähnlichen Überfall, wie er letzte Woche stattgefunden hatte, so Sicherheitsexperten am Wochenende. Die Bilanz vom vergangenen Mittwoch: fünf Todesopfer, mehrere Verletzte, dutzende Festnahmen und eine fassungslose Nation

Ein zweiter Angriff am 17. Januar?

Am 20. Januar plane etwa eine private Online-Gruppe mit 400 Personen (Stand Sonntag) für den 20. Januar einen «Million Militia March» in Washington, schreibt die «New York Times». Auf «Parler», dem in rechtsaussen Kreisen beliebten Twitter-Pendant, werde bereits rege diskutiert, was man nach Washington mitbringen solle – von Baseballschlägern über schusssichere Westen über Gewehre. «Wir haben das Gebäude einmal eingenommen. Das können wir wieder tun», so ein von der «Times» zitierter Post.

Gefahr droht aber auch an den Tagen vor der Vereidigung. Das machte der Kurznachrichtendienst Twitter klar, als er am Freitag das Konto des Noch-Präsidenten Donald Trump sperrte. Es mehrten sich Pläne für weitere bewaffnete Proteste, so das Unternehmen. Darunter sei auch ein «geplanter zweiter Angriff auf das US-Capitol und Landesparlamente am 17. Januar».

«Würde gerne kommen – warte auf Instruktionen»

Vor diesem Sonntag vor der Vereidigung warnen auch Extremismusforscher, die die wachsende Zahl von Gewalt-Aufrufen in den sozialen Medien verfolgen: Trump-Anhänger debattierten, ob man sich an jenem Tag wieder vor dem Capitol Hill versammeln und zeitgleich auch in anderen Städten Aufmärsche organisieren solle. Neben dem US-Capitol seien staatliche Gebäude in Salt Lake City, Pittsburgh und Columbus, Ohio, als mögliche Ziele identifiziert worden, schreibt Spiegel.de. und zitiert eine ehemalige CIA-Beamtin: «Die taktische Planung spielt sich meist in geschlossenen Foren ab, aber die Events werden bereits öffentlich beworben.»

In einschlägigen Kreisen zirkulieren laut New York Times bereits Flyer, die zum «bewaffneten Marsch auf den Hügel des Capitols und alle Bundeshauptstädte» aufrufen. «Ich würde gerne kommen, aber ich will wissen, ob unser Präsident uns dort haben will?», schreibt ein User auf der Social-Media-Seite Gab. «Ich warte auf Instruktionen.»

Eine Bemerkung, die unterstreicht, was Extremismusforscher Peter Neumann am Freitag zu 20 Minuten sagte: Es gebe eine extremistische Herausforderung im Land, die sich in den nächsten Monaten und Jahren weiter radikalisieren könnte. Inwieweit dies eintreten werde, hänge allerdings auch stark davon ab, wie Donald Trump sich gegenüber solchen Anhängern künftig verhalte: «Hagt er sie in Zukunft eher ein – oder bringt er sie dazu, noch extremere Massnahmen zu ergreifen?»

Gleichzeitig brodelt es weiter im Land. Abgeordnete wie Charles E. Grassely, ein republikanischer Senator von Iowa, informierte über Todesdrohungen an die Adresse der demokratischen Partei in seinem Bundesstaat.

Deine Meinung zählt

381 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen