Neue StudieWeichmacher schwächt Zahnschmelz
Die Chemikalie Bisphenol A, mit der Kunststoffe formbar gemacht werden, steht bereits im Verdacht, diverse Gesundheitsprobleme zu verursachen. Nun soll sie auch für schlechte Zähne verantwortlich sein.

Mögliche Folge: Zahnschmelz entwickelt sich bei Kindern nicht richtig. (Bild: colourbox)
Übergewicht, Unfruchtbarkeit und Herz-Kreislauf-Probleme: Leiden wie diese sollen auf das Konto des Weichmachers Bisphenol A (BPA) gehen. Nun kommen französische Forscher zum Schluss, dass die Chemikalie, die in Haushaltsgegenständen, Behältern und Nahrungsmittel-Verpackungen verwendet wird, auch für schlechte Zähne verantwortlich sein könnte.
BPA ist im Körper von über 95 Prozent aller Menschen nachweisbar, wie der Onlinedienst wissenschaft.de schreibt. In den vergangenen Jahren mehrten Tierstudien die Bedenken, dass die hormonähnliche Substanz bereits in geringen Dosen unerwünschte Wirkungen haben könnte.
Eine weitere, bislang unbekannte Folge könnte sein, dass sich bei Kindern der Zahnschmelz nicht richtig entwickle, berichten Forschende um Katia Jedeon von der Université Paris-Descartes im «American Journal of Pathology». Sie vermuten einen Zusammenhang von BPA mit einer Störung namens Molar-Incisor-Hypomineralisation (MIH).
Dabei treten an Schneide- und Backenzähnen Flecken auf und der Zahnschmelz wird brüchig. Die Zähne sind schmerzempfindlich und kariesanfällig. Je nach Geburtsjahr sind drei bis 20 Prozent aller Kinder betroffen. Die Ursachen seien unbekannt, schreiben die Forscher. Doch gerade in den ersten Lebensmonaten, wenn sich der Zahnschmelz bildet, seien Kinder besonders anfällig für die Effekte von BPA und die Konzentration in ihren Körpern hoch.
Schäden schon bei tiefen Dosen
Tatsächlich fanden die Forschenden bei Ratten, die vor und kurz nach der Geburt BPA ausgesetzt waren, weisse Flecken und brüchige Kanten auf den Zähnen. Die Schäden, die bei drei von vier Ratten auftraten, entsprachen denen beim Menschen – zu wenig Mineralien und zu viel organische Substanz. Sie hatten BPA-Konzentrationen eingesetzt, die zehnmal tiefer waren als die Grenzwerte der Europäischen Union.
In weiteren Tests orteten die Forschenden den möglichen Grund: Zur Bildung des Zahnschmelzes wird zuerst eine Art Proteingerüst aufgebaut, auf dem sich die Mineralien ablagern. Dann werden diese Eiweisse wieder abgebaut, damit sich der feste Schmelz durch Kristallisation bilden kann.
Gestörte Kristallisation
Das Bisphenol A sorgt offenbar für einen Proteinüberschuss im ersten Stadium und behindert zudem das Abbau-System. Dadurch werden die Proteine nicht sorgfältig genug entfernt und stören die Kristallisation. Die Folge sei der weiche, brüchige Zahnschmelz, der typisch für MIH ist, schreiben die Forschenden.
Die genaue Wirkungsweise müsse als Nächstes getestet werden, erklärten sie. Zudem stehe der endgültige Nachweis des Zusammenhangs zwischen BPA und MIH beim Menschen noch aus. Die Methode ermögliche es jedoch, auch bei Erwachsenen auf eine mögliche BPA-Exposition in den ersten Lebensmonaten zu schliessen – denn der Zahnschmelz fungiere wie eine Art lebenslanges Archiv. (sda)