Weihnachtsessen: Darum fühlen sich Nichttrinker unter Druck gesetzt

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WeihnachtsessenDarum fühlen sich Nichttrinker unter Druck gesetzt

Alkohol ist in unser Kultur verankert. Personen, die darauf verzichten, werden laut einer Expertin als Spassbremse wahrgenommen. Für Nichttrinker schafft das bei Geschäftsanlässen eine unangenehme Dynamik.

Laut Soziologin Katja Rost wird Alkohol kulturbedingt als Genussmittel angesehen.
Angestellte fühlen sich dadurch oft unter Druck gesetzt, Alkohol zu trinken.
Monique Portner-Helfer, Sprecherin bei Sucht Schweiz, rät: «Arbeitgeber sollen auch attraktive alkoholfreie Drinks an den Anlässen anbieten.»
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Laut Soziologin Katja Rost wird Alkohol kulturbedingt als Genussmittel angesehen.

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Darum gehts

  • Vielerorts finden in den kommenden Tagen und Wochen Firmen-Weihnachtsessen statt. 

  • Wie die 20-Minuten-Community erzählt, werden Nichttrinker dabei mit Fragen und Sprüchen konfrontiert.

  • Experten erklären, woran das liegt.

Ob Weihnachtsessen oder Apéros: Bei Firmenanlässen wird oft Alkohol angeboten. Nichttrinker und Nichttrinkerinnen fühlen sich dabei oft unwohl oder unter Druck gesetzt (20 Minuten berichtete). 

Gemäss Soziologin Katja Rost gehört Alkohol kulturbedingt zu gesellschaftlichen Anlässen dazu. «In der westlichen Welt, also auch in der Schweiz, ist Alkohol als Genussmittel verankert und erfüllt eine soziale und gesellschaftliche Funktion.» Wer bei Anlässen trinke, werde als lustige, gesellige Person angesehen. «Tut man es nicht, gilt man als Spassbremse, die nicht loslassen kann», erklärt Rost.

Alkoholkonsum ist kulturbedingt

Ob der Alkoholkonsum positiv oder negativ gesehen werde, sei aber auch stark abhängig vom sozialen Umfeld, in dem man sich befinde. Übertragen auf die Arbeitswelt hiesse das: «Sollte man als Angestellter nicht dieselben Werte teilen, etwa indem man keinen Alkohol trinkt, muss man sich öfters dafür rechtfertigen», so Rost.

Manchen Personen sei der Erklärungsbedarf dermassen unangenehm, dass sie sich schnell unter Druck gesetzt fühlten, so Rost. «Die Stärke des verspürten Drucks hängt von verschiedenen Faktoren ab. Je höher die eigene Stellung im Unternehmen und je stärker die Persönlichkeit ist, desto weniger Druck verspürt man und desto besser kann man mit der Situation umgehen.»

«Ein Nein ist eine legitime Aussage und benötigt keine Rechtfertigung»

Gemäss Philip Bruggmann, Co-Chefarzt der Inneren Medizin beim Zentrum für Suchtmedizin Arud, leiden insbesondere Personen, die früher ein Alkoholproblem hatten. Viele hätten schlaflose Nächte vor solchen Anlässen, weil sie nicht wüssten, ob sie standhaft bleiben könnten. Vor allem Vorgesetzte könnten hier viel Druck ausüben: «Es beginnt damit, dass einem direkt ein Glas Wein in die Hand gedrückt wird zum Anstossen. Viele sind dann nicht imstande abzulehnen, weil es eben der Chef oder die Chefin ist.»

Monique Portner-Helfer, Sprecherin bei Sucht Schweiz, rät allen Personen, die keinen Alkohol trinken wollen, standhaft zu bleiben: «Ein Nein ist eine legitime Aussage und benötigt keine Rechtfertigung.» Für Vorgesetzte und Arbeitskolleginnen und -kollegen gilt: «Niemanden zum Trinken auffordern.» Arbeitgeberinnen und -geber sollten zudem attraktive alkoholfreie Drinks anbieten.

Gehört für dich Alkohol zu Firmenanlässen dazu?

Hast du oder hat jemand, den du kennst, Probleme mit Alkohol?

Hier findest du Hilfe:

Blaues Kreuz Schweiz, Beratungsstellen

Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen

Anonyme Alkoholiker, Tel. 0848 848 885

Feel-ok, Informationen für Jugendliche

My Drink Control, Selbsttest

Vergiftungsnotfälle, Tel. 145

ada-zh, Anlaufstelle Angehörige Sucht 

Kinderseele Schweiz, Beratung für psychisch belastete Eltern und ihre Angehörigen

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