Strassenverkehr – Wer rast, soll milder bestraft werden

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StrassenverkehrWer rast, soll milder bestraft werden

Am Mittwoch hat der Nationalrat eine Reihe von Strafmilderungen beschlossen. So soll Raserei nicht mehr in jedem Fall gleich hart bestraft werden. Die Strassenopfer-Organisation Roadcross ist entsetzt.

Verkehrssünder sollen zukünftig milder bestraft werden.
Das hat der Nationalrat in der heutigen Session entschieden. Gegen die Änderungen waren vor allem SP- und Grüne-Politikerinnen und Politiker.
Für den SP-Nationalrat Jon Pult ist der Entscheid eine Enttäuschung. «Damit wird sich die Verkehrssicherheit sicher nicht verbessern.»
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Verkehrssünder sollen zukünftig milder bestraft werden.

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

Der Nationalrat hat am Mittwochabend in einer längeren Debatte zum revidierten Strassenverkehrsgesetz mildere Strafen bei Missachtung der Verkehrsregeln beschlossen. Neu soll der Führerausweis bei Raserdelikten nur noch für mindestens zwölf Monate entzogen werden, heute ist die Mindestentzugsdauer 24 Monate. Auch sollen die Gerichte bei der Beurteilung von Raserdelikten einen Ermessensspielraum haben, und die heute gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis soll aufgehoben werden. Nicht aber die Höchststrafe von vier Jahren.

Auch Neulenker sollen gemäss dem Nationalrat, der dem Bundesrat und der vorberatenden Verkehrskommission gefolgt ist, bei Fehlverhalten weniger hart bestraft werden. Die Hürden für eine Verlängerung des Probe-Fahrausweises sowie für einen Entzug desselben sollen höher sein, das Vergehen schwerer wiegen. Grüne und SP wehrten sich teilweise vehement gegen die milderen Strafen, die bürgerliche Mehrheit war dafür.

Gesetzesverschärfungen seit 2013

Der Entscheid des Nationalrates sei bedauerlich, findet SP-Nationalrat Jon Pult. «Damit wird sich die Verkehrssicherheit sicher nicht verbessern.» Speziell die Reduktion der Mindestentzugsdauer des Führerausweises nach Raserdelikten sei ein Fehler. «Die lange Entzugsdauer macht Rasern Angst. Sie hat sich als Instrument zur Prävention von Raserdelikten bewährt», sagt Pult.

«Entscheid sendet falsches Signal an Täter und Opfer»

Auch für Willi Wismer, Stiftungsratspräsident von «RoadCross Schweiz», die sich für die Verkehrssicherheit und Verkehrsopfer einsetzt, ist der Entscheid des Nationalrates enttäuschend. Die Anpassungen würden die grösstmögliche Verkehrssicherheit gefährden und ein falsches Signal an Täter und Opfer von Raserdelikten senden, warnt Willi.

«Ausserdem geht die präventive Wirkung der Gesetze verloren», sagt Willi. Es stehe deshalb «ausser Zweifel», dass die Zahl der Toten und Schwerverletzten steigen werde.

«Ausnahmen im Strafmass bereits heute möglich»

Der Stiftungsratspräsident fügt an, dass das Argument des Ermessensspielraums nicht gerechtfertigt sei. Ausnahmen im Strafmass, beispielsweise bei Geschwindigkeitsübertretungen, seien bereits heute möglich. «Die Übertretungen sind dabei so definiert, dass niemand einfach so zum Raser wird, denn niemand fährt innerorts einfach mit über 100km/h.»

Erfreut über den Entscheid des Nationalrates zeigt sich SVP-Nationalrat Thomas Hurter. Er stellt jedoch klar, dass man damit nicht etwa das Rasen attraktiver mache oder Raser schütze. «Wer vorsätzlich mit 80 km/h durch ein Dorf rast, soll immer noch gleich hart bestraft werden.»

«Sicherheit im Strassenverkehr nicht gefährdet»

Mit den geplanten Lockerungen wolle die SVP in erster Linie den Administrativbehörden einen Ermessensspielraum bei der Beurteilung von Verkehrsdelikten geben. «Wenn ein Mann mit seiner hochschwangeren Frau ins Spital muss und deshalb zu schnell fährt und niemanden gefährdet, muss es möglich sein, dass das Strafmass angepasst werden kann.» Die Sicherheit im Strassenverkehr sei dadurch nicht gefährdet, sagt Hurter.

Auch das Nachschulobligatorium nach einem Führerausweisentzug wollte die SVP abschaffen.
Dieses sei bis heute nicht angewandt worden, weil der Aufwand dafür zu gross wäre und einige Strassenverkehrsämter dies so auch bestätigt hätten, sagt Hurter. Ausserdem sei der Nutzen davon eher gering.

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