Wer wird in Frauenfeld Millionär?

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Eidg. SchwingfestWer wird in Frauenfeld Millionär?

Die interessanteste Frage vor dem Eidgenössischen Schwingfest in Frauenfeld: Welcher Schwinger kassiert ab? Denn: Erstmals spielt Geld eine zentrale Rolle.

von
Zaugg Klaus
Jörg Abderhalden triumphierte 2007 beim Eidgenössischen in Aarau - bereits zum dritten Mal.

Jörg Abderhalden triumphierte 2007 beim Eidgenössischen in Aarau - bereits zum dritten Mal.

Vor dem Eidgenössischen 2010 in Frauenfeld rollt der Rubel wie noch nie. Die «Bösen» werden im Jahr des Eidgenössischen für die Werbung noch interessanter. Obwohl Schwingen selbst (fast) werbefrei ist. Aber die besten Schwinger (Jörg Abderhalden, Christian Stucki) stehen inzwischen bei den Werbeprofis von IMG unter Vertrag und das Karriere-Vermarktungspotenzial des Schwingerkönigs wird inzwischen auf eine Million Franken geschätzt. Ein Schwingerkönig als Werbemillionär lässt sich nicht verhindern.

In dieser Situation will der Verband auch profitieren. Deshalb hat Obmann Ernst Schläpfer - der als Aktiver selber wegen Verstössen gegen das Werbereglement bestraft worden ist - gerade noch vor Frauenfeld das neue Werbereglement durch die Instanzen gepeitscht. 40 Seiten im Format A4 umfasst das «Manual zur Umsetzung der Richtlinien Reklame und Werbung» vom 10. März 2010.

Zehn Prozent gehen an den Verband

Das Nachsehen haben die Spitzenschwinger. Denn das Kernstück des neuen Reglements ist die sog. «Reichtumssteuer»: Schwinger, die sich an einer Werbekampagne beteiligen, müssen künftig dem Verband die Verträge offenlegen, die Kampagne bewilligen lassen und zehn Prozent an den Verband abliefern. Vor einem weltlichen Gericht wäre diese «Reichtumssteuer» wohl kaum haltbar. Aber wo kein Kläger, da kein Richter. Weil sich Christian Stucki, Jörg Abderhalden und Noldi Forrer im Frühjahr nicht an die Vorschriften gehalten haben, sind sie mit 500 Franken gebüsst worden. Sie murrten ein wenig. Und zahlten.

Trotz neuem Reichtum: Im Schwingen hat die Obrigkeit ihre Autorität noch nicht verloren, und bis heute hat im Schwingen Geist letztlich über Geld triumphiert. Erst einmal hat sich ein Schwinger erfolgreich der Obrigkeit widersetzt: Rudolf Hunsperger, König von 1966, 1969 und 1974, erregte in den 1970er Jahren den Zorn der Funktionäre, weil er im Zirkus mit einem Bären kämpfte (und siegte) und für Herrenmode Werbung machte. Noch nach seinem Rücktritt wollte ihn der Verband fürs Eidgenössische 1977 in Basel als Radio-Reporter sperren und verweigerte ihm die Akkreditierung. «Rüedu» kümmerte sich nicht darum, schritt erhobenen Hauptes in die Arena und waltete seines Amtes. Niemand wagte es, ihn wegzuweisen. Solche Aufmüpfigkeit ist heute nicht mehr zu befürchten.

Schwinger-Einheit in Gefahr?

Über das neue Werbegesetz wacht ein echter Polizist: Otto A. Seeholzer, Bezirkschef bei der Berner Kantonalpolizei und ehemaliger Kranzschwinger. Für ihn geht es bei den Werbebeschränkungen auch darum, die Schwingerbewegung als Einheit zu erhalten. Die Freiwilligenarbeit auf allen Ebenen seien ein wichtiger Teil des Erfolgs. Ehemalige Schwinger bleiben ihrem Sport treu und engagieren sich auch nach ihrer Aktivzeit unentgeltlich. «Wenn Geldverdienen zum Hauptthema wird und die Spitzenschwinger Spitzenverdiener werden, dann ist die Freiwilligenarbeit in Gefahr. Auch deshalb wollen wir, dass die Werbung in einem geordneten Rahmen bleibt.»

Bis heute hat sich der Verband erfolgreich gegen Preisgelder gewehrt. Nach wie vor ist der Verdienst der «Bösen» transparent: Jeder kann sich im Gabentempel den Lohn für seine Arbeit aussuchen. Und letztlich sei es eine gegenseitige Abhängigkeit: Ohne den Verband gibt es kein Eidgenössisches und ohne Eidgenössisches keinen König.

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