Experten-Ticker - «Wenn Särge von russischen Soldaten zurückkommen, steht die Bevölkerung nicht mehr hinter Krieg»

Livetickeraktualisiert am Dienstag, 22. Februar, 2022

Experten-Ticker«Wenn Särge von russischen Soldaten zurückkommen, steht die Bevölkerung nicht mehr hinter Krieg»

Russland hat die Unabhängigkeit zweier Separtistengebiete in der Ukraine anerkannt, die Gefechte im Osten des Landes nehmen zu. Wie die Situation einzuschätzen ist, erklären Experten live im 20-Minuten-Studio.

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von
Newsdesk

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Dienstag, 22.02.2022

Zusammenfassung

Auf die Frage, ob das aktuelle Geschehen bereits mit dem Wort Krieg umschrieben werden könnte, antwortet Marc Lindt vom Ukrainischen Verein Schweiz klar mit JA, Niklas Masuhr spricht von einer Invasion.

Niklas Masuhr, Sicherheitsexperte an der ETH, hat Fragen zur militärischen Stärke der russischen Armee beantwortet. Je nach Taktik könnte diese in Situationen mit wenig Aussicht auf direkten Erfolg geraten.

Beide gehen nicht davon aus, dass Sanktionen der EU, USA oder internationaler Organisationen Russland im Wesentlichen von seinem eingeschlagenen Kurs abhalten werden.

Das Expertengespräch ist beendet

Polit-Journalist Stefan Lanz schliesst das Gespräch. Danke, dass Sie mitgeschaut oder mitgelesen haben. Lesen Sie hier in Kürze eine Zusammenfassung.

Werden Sanktionen Wirkung zeigen?

Masuhr zeigt sich skeptisch, ob der Kurs Russlands mit Sanktionen wesentlich beeinflusst werden kann.

Nord Stream 2

Deutschland habe die Pipeline auf Eis gelegt. Gibt es noch weitere Möglichkeiten? «Bei Präzision und Härte von Sanktionen gibt es noch Spielraum», betont Masuhr. Mit dem Nord-Stream-Stopp sei das Potenzial noch nicht ausgeschöpft.

Ist das Ende der Diplomatie erreicht?

«Auch Russland hat das Bedürfnis, Transparenz herzustellen, um Diplomatie betreiben zu können», so Masuhr. Solange Putin rede, bestehe die Möglichkeit, dass kein Krieg geführt wird.

Ein Krieg der Worte?

Die USA nannte Russlands Vorgehen eine Invasion. Was bedeutet das für die Diplomatie? «Es gibt immer die Möglichkeit, dass man sich über Dritte abstimmt», so Masuhr.

Wie wird die zivile Bevölkerung geschützt?

Dazu sei wenig Konkretes bekannt, so Masuhr. Lindt geht davon aus, dass seine Schwiegereltern schon wüssten, wohin sie gehen müssen, wenn es hart auf hart kommt.

Welche Aufgaben übernehmen Milizsoldaten?

Sie könnten aber auch humanitäre Aufgaben organisieren und/oder wahrnehmen. Das sei durchaus schon etwas wert.

Wie wichtig sind die Milizarmeen?

Masuhr sagt, dass bereits 2014 Milizarmeen eine zentrale Rolle gespielt hätten. Man sei heute nicht mehr so sehr darauf angewiesen.

Bleibt die Bevölkerung?

Ja, sagt Lindt. Zwar werde sie aufgefordert, nach Russland zu ziehen. «God knows why», sagt Lindt.

Wird man abgestumpft?

Ja, so Lindt. Man werde dabei bestimmt auch desillusioniert.

Wie lebt man damit?

«Augen zu und durch», so Lindt.

Wie geht es der ukrainischen Familie?

Marc Lindt hat einen ukrainischen Partner mit Familie. Wie geht es ihnen? Ihnen gehe es gut, sie seien auch westlich orientiert. Unruhe sei da, sie seien aber weniger ängstlich, als man vermuten würde.

Woran könnte Russland scheitern?

Beim Städtekampf oder Kämpfen auf breiter Front sieht Masuhr Fragezeichen. «Wenn Särge von russischen Soldaten zurückkommen, steht die Bevölkerung auch nicht mehr voll hinter dem Krieg».

Wie modern ist die russische Armee?

Man könne Russland unter- oder überschätzen, so Masuhr. Die russische Armee habe sich aber bestimmt modernisiert. Und sie würde stetig üben, und führe oft Manöver aus.

Kann die Ukraine dagegenhalten?

Masuhr: «Ich glaube nicht». Russland habe das Potenzial, dort anzugreifen, wo es will.

Wie stark sind die Russen?

Es wurden beträchtliche Anteile der russischen Streitkräfte in der Nähe der ukrainischen Grenze positioniert, sagt Masur. Er geht davon aus, dass wohl gegen 50 Prozent in Bereitschaft für einen Angriff auf die Ukraine wären.

Frage nach Krieg? Ja oder nein?

Masuhr geht davon aus, dass Russland den militärischen Druck aufrechterhalten werde. «Ich glaube, wir steuern auf eine Phase zu, die kritisch ist.» Ist das schon Krieg? Man könne das Gebahren Russlands als Invasion bezeichnen, so der Sicherheitsexperte der ETH.

Lindt bezeichnet Putins Entscheidung als Kriegserklärung.

Einschätzung zur Medienkonferenz EDA

Niklas Masuhr liest aus der Medienkonferenz des EDA, dass die Schweiz die Situation weiter beobachten werde. Marc Lindt schätzt, dass die Schweiz die Sanktionen der EU übernehme werde.

Das Expertengespräch beginnt

Polit-Journalist Stefan Lanz begrüsst die zwei Experten, Niklas Masuhr und Marc Lindt.

Experten-Talk

Die russische Staatsduma hat die Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine als unabhängige Staaten ratifiziert. Die EU, die USA und etliche weitere Staaten und internationale Organisationen verurteilen Putins Vorgehen.

Im Gespräch mit 20 Minuten Polit-Journalist Stefan Lanz beantworten zwei Experten die wichtigsten und dringendsten Fragen. Es werden dies sein:

  • Niklas Masuhr, Mitglied des Global Security Teams an der ETH Zürich. Er beschäftigt sich mit zeitgenössischen Konflikten, Verteidigungspolitik und militärischen Strategien.

  • Marc Lindt, Leitungsmitglied des Ukrainischen Vereins Schweiz, Wirtschaftsinformatiker und Mitglied der FDP.

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