
Zu dichtes Auffahren ist leider verbreitet – aber ausser gefährlicher auch teurer, als angenommen wird.
Getty Images/iStockphotoUnterschätztes DeliktWie teuer wird zu dichtes Auffahren?
Es ist eines der verbreitetsten Delikte im Strassenverkehr und zugleich eines der teuersten: Zu wenig Abstand ist hochgefährlich und wird entsprechend bestraft. Leser Reinhard fragt, wie teuer sein Fall hätte werden können. Wir rechnen nach – und erklären, wie man den korrekten Abstand findet.
Frage von Reinhard ans Viva-Expertenteam:
Weil ein Fahrer auf der A1 bei Zürich mit Tempo 110 die Überholspur blockiert hat, habe ich absichtlich dicht auf etwa eine Autolänge aufgeschlossen. Nun meinte ein Kollege, dass ich da einiges – auch finanziell – riskiert hätte. Mich würde jetzt interessieren, wie teuer das hätte werden können.
Antwort:
Lieber Reinhard,
Zu wenig Abstand ist kein Kavaliersdelikt! Dies aus der Ferne zu beurteilen, ist vage – vor Gericht wird jeder Fall individuell behandelt. Wir versuchen es ausnahmsweise trotzdem, um dir eine Idee zu geben, wie teuer so was ist. «Eine Autolänge» heisst unter fünf Meter. Im Kanton Zürich sind für einen Abstand unter fünf Prozent des Tempos in Metern – also bei Tempo 110 fünfeinhalb Meter – 45 Tagessätze Strafe die interne Richtlinie. Verdienst du im Monat 4000 Franken netto, liegt ein Tagessatz (Nettolohn minus Pauschalabzug für Krankenkasse, Steuern etc.) grob überschlagen bei 100 Franken. Macht 4500 Franken plus Gebühren. Jedenfalls ist es eine schwere Widerhandlung: Der Ausweis ist somit drei Monate weg und dies mindestens, also im besten Fall.
Unter 1,2 Sekunden Abstand läuft man bereits einen Monat lang.
Du siehst, Abstandhalten lohnt sich. Abstandsdelikte werden unterschätzt – in ihrer hohen Gefährlichkeit wie auch in der Strafe. Zwar haben wir alle die Zwei-Sekunden-Abstand- und Halber-Tacho-Regel gelernt. Aber im Alltag wirkt zu wenig Abstand aus schlechter Gewohnheit oft in Ordnung. Bis es deshalb knallt. Hinzu kommt, dass andere in korrekte Abstände einscheren. Aber es hilft nichts, dann muss man den Abstand eben wiederherstellen.
Unter 1,8 Sekunden (im Fall mit 110 km/h somit 55 Meter) kann es Hunderte Franken plus Gebühren kosten, bleibt aber meist entzugsfrei. Unter 1,2 Sekunden (bei 110 km/h also 37 Meter) Abstand läuft man bereits einen Monat lang. Deftig wird es unter 0,6 Sekunden (bei 110 km/h rund 18 Meter). Mindestens drei Monate Entzug und etwa im Kanton Zürich gestaffelt zehn bis 45 oder im Aargau bis zu 60 Tagessätze. Den Einzelfall entscheidet stets das Gericht: Lange Abstandsunterschreitung, viel Verkehr, schlechter Leumund und mehr verschärfen das Urteil.
Keine Behinderung rechtfertigt die Gefährdung durch wenig Abstand.
Übrigens spielt es keine Rolle, dass der Autofahrer vor dir «blockiert» hat: Keine Behinderung rechtfertigt die Gefährdung durch zu wenig Abstand. Korrekten Abstand gewöhnt man sich durch Zählen an. Merk dir den Punkt, den das Auto vor dir passiert, sage «einundzwanzig, zweiundzwanzig» – das sind gut zwei Sekunden. Oder du orientierst dich an Leitpfosten: Die stehen alle 50 Meter, laut Halber-Tacho-Regel sind bei 110 km/h 55 Meter legal – und ideal. Manche Autos haben heute übrigens hilfreiche Abstandsanzeigen. Und gerade in einem SUV solltest du den Abstand im Auge behalten: Je besser die Sicht, desto eher fährt man zu dicht auf.
Gute Fahrt!
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