Klimafreundlich Fliegen – Wie Wind und Kompost dich in die Ferien bringen

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Klimafreundlich FliegenWie Wind und Kompost dich in die Ferien bringen

In Deutschland wurde die weltweit erste Anlage eröffnet, die in grossen Mengen klimafreundliches künstliches Kerosin herstellen kann. Das sind gute Nachrichten für umweltbewusste Reisefans.

Lufthansa ist der erste Kunde, der mit klimafreundlichem Kerosin von Atmosfair fliegt. Auch Swiss gehört zur Lufthansa-Gruppe.

Lufthansa ist der erste Kunde, der mit klimafreundlichem Kerosin von Atmosfair fliegt. Auch Swiss gehört zur Lufthansa-Gruppe.

Boris Roessler/dpa

Darum gehts

  • In Deutschland wurde die weltweit erste Anlage zur Produktion von klimafreundlichem Kerosin in Betrieb genommen.

  • Hergestellt wird das Kerosin aus Ernte- und Lebensmittelabfällen sowie mit CO2 aus der Luft.

  • Verwendet wird erneuerbarer Strom von Windparks.

  • In der Anlage können jährlich 350 Tonnen Flugtreibstoff produziert werden.

Fliegen? Klar, wenn nur das schlechte Gewissen nicht wäre. Flugreisen können einem die Umweltbilanz ganz schön ruinieren. Doch konsequent aufs Fliegen verzichten wollen viele trotzdem nicht. Diverse Fluggesellschaften haben diesen Konflikt erkannt und bieten klimaneutrale Flüge an. Das klingt zwar nachhaltiger, als es letztlich ist. Aber besser als nichts ist das Fliegen mittels Beigabe von klimafreundlichem Kerosin durchaus.

Kein Etikettenschwindel

Der Trend zum umweltbewussten Fliegen jedenfalls zeigt Wirkung. So wurde vor kurzem beim kleinen deutschen Dorf Werlte die weltweit erste Anlage zur klimaneutralen Produktion von Kerosin in Betrieb genommen. Bisher wurde der synthetische Treibstoff nur in Labor-Quantitäten hergestellt.

Der etwas strapazierte Begriff «klimafreundlich» ist bei dieser Anlage kein Etikettenschwindel. Denn für das «fairfuel» wird Strom von Windparks unter Vertrag genommen, überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist. Das für die Produktion nötige CO2 liefert eine Biogasanlage, in der aus Lebensmittel- und Erntereststoffen Methan gewonnen wird. Zudem wird es dank speziellen Filtern direkt aus der Luft generiert.

Die Anlage der Betreiberin Atmosfair benötigt 1,25 Megawatt Strom. Pro Stunde werden damit 20 Kilogramm Wasserstoff produziert, die mit Kohlendioxid bei 200 Grad und hohem Duck in künstliches Rohöl verwandelt werden. Jährlich will man so auf rund 350 Tonnen CO2-neutralen Flugtreibstoffs kommen. Das bedeutet, dass täglich acht Fässer Bio-Kerosin für Flieger geliefert werden.

In Werlte in Deutschland steht die weltweit erste Anlage, die klimafreundliches Kerosin in grossen Mengen herstellen kann.

In Werlte in Deutschland steht die weltweit erste Anlage, die klimafreundliches Kerosin in grossen Mengen herstellen kann.

picture alliance/Friso Gentsch

Schweizer Firma beteiligt

Erster grosser Kunde von Atmosfair ist die deutsche Lufthansa. Die Gruppe, zu der auch die Swiss gehört, verwendet bereits eine Mischung von Speiseölen als Zusatz bei Treibstoffen. Die Schweiz ist auch ganz direkt involviert. Das Transportunternehmen Kühne + Nagel hat mit Atmosfair einen Partnerschaftsvertrag abgeschlossen.

Mindestens 25’000 Liter klimafreundliches Kerosin will die Lufthansa Group in den nächsten fünf Jahren Atmosfair jährlich abnehmen. Schon jetzt ist die Lufthansa der grösste Abnehmer nachhaltig erzeugter Sprits in Europa. Synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien seien das Kerosin der Zukunft und ermöglichen einen CO2-neutralen Luftverkehr, betont die Fluggesellschaft. Tatsächlich setzt die Branche aktuell vor allem auf Syn-Fuels. Denn Wasserstoff und Brennstoffzellen in Flugzeugen sind noch Zukunftsmusik, elektrische Antriebe auf kurze Strecken limitiert.

Greenpeace lobt – und warnt

Bei der Werkeröffnung per Videoschaltung zugegen war die abtretende Kanzlerin Angela Merkel. «Klimaschonende Mobilität ist ein enorm wichtiges Element des Klimaschutzes insgesamt», sagte sie. Auch bei Greenpeace stiess die neue Anlage auf Gegenliebe. Die Umweltorganisation betonte aber auch, dass klimafreundlicher Kraftstoff allein die Bilanz der Airlines nicht optimieren könne. Denn: Zwei Drittel des Klimaschadens entstehen durch Kondensstreifen in grosser Höhe. Geht es nach Greenpeace, sollte auf Flüge auf kürzeren Strecken am besten konsequent verzichtet werden.

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