Wildschweinfleisch muss entsorgt werden, weil es radioaktiv ist

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GraubündenWildschweinfleisch muss entsorgt werden, weil es radioaktiv ist

Im Kanton Graubünden wird aktuell gejagt. Doch die Wildschweine, die in den Südtälern geschossen werden, können nicht alle verzehrt werden. Ihr Fleisch ist nämlich teilweise radioaktiv verseucht.

In diesen Tagen schiessen Jäger in Graubünden Wildschweine. Doch nicht alle erlegten Tiere können dann gegessen werden. Grund: Ihr Fleisch ist teilweise radioaktiv verseucht.
Bei Proben hat man festgestellt, dass einige Wildschweine in den Bündner Südtälern radioaktiv sind.
Es werden im Kanton Graubünden nun flächendeckend die erlegten Wildschweine überprüft.
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In diesen Tagen schiessen Jäger in Graubünden Wildschweine. Doch nicht alle erlegten Tiere können dann gegessen werden. Grund: Ihr Fleisch ist teilweise radioaktiv verseucht.

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Darum gehts

  • In den Südtälern Graubündens haben Wildschweine eine geringe Strahlenbelastung.
  • Dies kommt davon, dass Wildschweine viele Pilze essen.
  • Pilze können radioaktiv sein, da sie ungefiltert Isotope aufnehmen können.
  • Die Strahlenbelastung ist auf den Reaktorunfall in Tschernobyl zurückzuführen.
  • Die Werte sind sehr tief und haben kaum eine gesundheitsschädigende Wirkung.

Die Jagdsaison hat angefangen. In den Bündner Südtälern und im Kanton Tessin gelten spezielle Regelungen, wenn man ein Wildschwein erlegt. Denn es kann sein, dass diese Tiere eine unsichtbare Gefahr in sich tragen. Immer wieder werden nämlich Wildschweine erlegt, die radioaktiv sind. Mitte August habe man einige positive Fälle festgestellt, sagt Giochen Bearth, Kantonstierarzt von Graubünden, gegenüber dem SRFRegionaljournal». Man habe sich deshalb entschlossen, während der Jagd flächendeckend und zeitnah erlegte Wildschweine zu kontrollieren.

Die erlegten Wildschweine werden von Fachpersonen des Veterinäramtes untersucht. Zur Probe muss ein Stück des Fleisches ins kantonale Labor gesendet werden, wo es auf die Strahlenbelastung geprüft wird. Dass Wildschweine radioaktiv sein können, liegt an ihren Futtervorlieben. Sie durchwühlen gerne den Boden nach Nahrung und essen allerlei Nüsse, Würmer, Wurzeln und Pilze. In bestimmten Pilzen verbirgt sich die potenziell gefährliche Radioaktivität. Sie geht aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl in der Nähe der ukrainischen Stadt Pripyat hervor. Dort wurde 1986 radioaktives Cäsium in die Atmosphäre geschleudert, das bis in die Schweiz gelangte und vor allem im Tessin und in den Südtälern Graubündens noch heute im Boden nachweisbar ist.

Pilze als Verursacher

Im Gegensatz zu Pflanzen können Pilze nicht selektiv Partikel aus dem Boden aufnehmen. «Pilze sind wie ein Schwamm und saugen alles aus dem Boden auf», erklärt Matthias Beckmann, Kantonschemiker der Kantone Graubünden und Glarus. So gelangen radioaktive Cäsium137-Isotope in die Pilze. «Die Isotope sammeln sich danach im Wildschwein an», so Beckmann. Je nachdem, wie gern ein Wildschwein Pilze frisst, ist die Strahlenbelastung auch unterschiedlich hoch. «Wenn ein Schwein den Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm überschreitet, kann das Fleisch nicht verzehrt werden.»

Die Tiere müssten dann entsorgt werden, sagt Kantonstierarzt Bearth. Es sei aber eine reine Vorsichtsmassnahme. Damit der Jäger nicht leer ausgeht, wird dieser entschädigt.

Radioaktivität nimmt ab

Die gute Nachricht ist, dass die Radioaktiviät kontinuierlich abnimmt. Das Cäsium137-Isotop hat eine Halbwertszeit von 30 Jahren. Dies bedeutet, dass nach 30 Jahren nur noch die Hälfte des ursprünglichen Materials radioaktiv ist. So nimmt die durch den Reaktorunfall verursachte Strahlenbelastung kontinuierlich ab.

Radioaktive Pilze

Gemäss dem Jahresbericht über Umweltradioaktivität des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) können vor allem der Steinpilz oder der Reifpilz erhöhte Gehalte von Cäsium137-Isotopen aufweisen. Im Jahr 2019 wurden 74 Proben aus den Kantonen Graubünden und Glarus analysiert, wobei vier Proben über dem Höchstwert von 600 Bq/Kg lagen. Bei einer Pilzprobe aus den Bündner Südtälern wurde der Wert sogar um den Faktor 5 überschritten.

Seit 2013 wird im Kanton Tessin die Wildschweinjagd systematisch überwacht. Letztes Jahr wurden 643 Wildschweine vor Ort mit einem Messgerät überprüft, wobei 5% der erlegten Tiere den Grenzwert von 600 Bq/Kg überschritten. Diese Tiere wurden vom Kantonstierarzt beschlagnahmt.

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