Windows Mobile lässt sich nicht verstecken

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TestWindows Mobile lässt sich nicht verstecken

Das HTC HD2 ist ein hervorragend ausgestattetes Smartphone, das auf den ersten Blick keine Wünsche unerfüllt lässt. Auf den zweiten hat 20 Minuten Online aber doch noch welche.

von
Henning Steier

Man kann es drehen und wenden wie man will - eine Frage bleibt, wenn man das HD2 in den Händen hält: Warum steht auf der Rückseite die Linse der integrierten 5-Megapixel-Kamera etwa zwei Millimeter hervor? Das ist ärgerlich, denn ansonsten ist dem taiwanesischen Hersteller mit dem Smartphone auf den ersten Blick ein grosser Wurf gelungen. Das gilt im wahrsten Sinne des Wortes: Das HD2 bietet einen kapazitiven 4,3-Zoll-Touchscreen, welcher Multitouch unterstützt und ähnlich präzise reagiert wie jener des iPhones. Allerdings lassen sich solche Displays bekanntlich nicht mit Stiften bedienen. Man sollte sich also vorher über seine bevorzugte Eingabemethode im Klaren sein. Die Bildschirmdiagonale ist aber im Vergleich zum Apple-Handy 0,8 Zoll länger. Ingesamt ist das HTC-Gerät mit Massen von 120 x 67 x 11 Millimetern nur unwesentlich grösser geraten als das Apfel-Smartphone, welches 116 x 62 x 12 Millimeter misst. Bringt das iPhone-Display eine Auflösung von 480 x 320 Pixeln mit, sind es beim HTC HD2 480 x 800.

Leistungsstarkes Herz

Von der Ausstattung sticht vor allem der verbaute 1-Gigahertz-Prozessor ins Auge, der auch im von 20 Minuten Online getesteten Toshiba TG01 für erstaunliche Performance sorgte. Das Gerät konnte darüber hinaus allerdings nicht überzeugen und fiel durch billiges Design, geringe Akkukapazität und umständliche Navigation negativ auf. Das HTC HD2 hingegen hat auch Windows Mobile als Betriebssystem unter der Haube. Und das zählt bekanntlich nicht zu den Glanzleistungen der Redmonder, weil auch in der neuesten Version 6.5 Mängel wie geringe Systemstabilität und umständliche Menüs nicht beseitigt werden konnten. Daher wäre es angenehm, Windows Mobile 6.5 kaum zu bemerken, wenn man die installierte Benutzeroberfläche HTC Sense benutzt, die mit dem HTC Hero eingeführt wurde.

Schmankerln wie ein Bildschirmhintergrund, der sich dem aktuellen Wetter anpasst, also heute beispielsweise graue Wolkenberge zeigt, sind das Eine, ein einfach zu nutzendes Interface das Andere. Und hier kann Sense durchaus überzeugen: Mit HTC Peep lässt sich leicht und intuitiv twittern. Es lassen sich beispielsweise Kontakte Favoriten und Programme direkt auf dem Startbildschirm ablegen. Kontakte kann man unter anderem leicht mit Facebook verknüpfen. Wer mag, kann sein Smartphone mit Hilfe so genannter «Szenen» anpassen. Bis zu sieben mit jeweils sieben Bildschirmseiten kann man sich so einrichten, dass beispielsweise das Handy in der Szene «Wochenende» ganz andere Icons anzeigt als in jener namens «Büro». Das ist alles bekannt und praktisch.

Alle Apps für alle Smartphones

Allerdings ist es HTC augenscheinlich nicht gelungen, die Spuren von Windows Mobile zu verwischen. Denn wer mit dem vorinstallierten Browser Opera surfen und dabei Flash-Videos anschauen möchte, ärgert sich, dass dies nicht funktioniert. Dazu braucht man dann wieder den Internet Explorer, welcher bei zehn getesteten Webseiten allerdings durchschnittlich 20 Prozent länger brauchte, um sie aufzurufen und etwa eine Minute zu durchstöbern. Ausserdem unterstützte Microsofts Browser im Test kein Multitouch. Der Mediaplayer von HTC macht zunächst einen aufgeräumten Eindruck. Wer aber Musik abspielen möchte, muss diese im Windows-Mobile-Player hinzufügen. Und auch bei allgemeinen Einstellungen landet man über den Button oben links wieder in Windows Mobile und umständlichen Menüs. Ganz klar, Sense ist nur eine Benutzeroberfläche, das Betriebssystem ist Windows Mobile, das spätestens relevant wird, wenn man nach Applikationen sucht. Und hier kann der Windows Marketplace for Mobile mit Apples App Store kaum mithalten, denn das Angebot ist nach wie vor spärlich. Wie 20 Minuten Online berichtete, soll sich das aber ändern: Ray Ozzie, Leiter der Entwicklungsabteilung in Redmond, sagte kürzlich in seiner Präsentation auf der Professionel Developers Conference in Los Angeles: «Alle wichtigen Apps werden bald für alle Handy-Betriebssysteme erhältlich sein.» Im Gegensatz zu klassischer PC-Software würden Applikationen für mobile Geräte nur wenig Entwicklungsarbeit benötigen. Nicht zuletzt deswegen sei es leicht, sie für sämtliche Plattformen verfügbar zu machen.

Was die sonstige Ausstattung anbelangt, gibt es beim HD2 wenig zu meckern: HSDPA, HSUPA, WLAN, GPS und Kompass. Der Akku bot im UMTS-Modus allerdings nur eine unterdurchschnittliche Gesprächszeit von drei Stunden. Zwar lässt sich der integrierte Speicher von zwei Gigabyte mit Karten auf bis zu 32 Gigabyte erweitern. Wir hätten uns aber mehr Kapazität ab Werk gewünscht. Wie erwähnt, kommt das HTC HD2 mit einem 1-Gigahertz-Professor, der rasantes Nutzen des Geräts ermöglicht. Jeder Anwendung öffnete sich so schnell wie auf keinem anderen von uns ausprobierten Gerät. Und auch Standardaufgaben wie Auflegen oder Aufrufen von Kontakten gingen nahezu ohne Verzögerung über die Bühne.

Das HD2 kommt ohne echte Tastatur zum Kunden. Daher ist es umso wichtiger, dass es ein gutes virtuelles Keyboard mitbringt. Und dieses überzeugte vollends, weil die einzelnen Tasten immer noch gross genug sind, wenn man Gerät senkrecht hält. Ausserdem werden - wie von schon Android-Gerät Hero bekannt - Sonderzeichen zur Auswahl angezeigt, wenn man den Finger auf einer Taste ruhen lässt. Man kennt und schätzt das, seit es das iPhone gibt.

Fazit

Mit einem empfohlenen Verkaufspreis von 960 Franken ist das HTC ein teures Smartphone. Dafür bekommt man allerdings eine Performance, die ihresgleichen sucht - allerdings auch Windows Mobile. Wer sich sein Gerät vor allem wegen der Apps kauft, sollte heutzutage daher noch zum iPhone oder einem Android-Gerät wie dem Hero greifen. Der HD2 mit Googles Betriebssystem - das wäre es gewesen. Denn der Android Market hat schon heute ein für die meisten Nutzer ausreichendes Angebot an Applikationen.

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