«Wir haben keine Privat-Armee für das Rütli»

Aktualisiert

Nazi-Aufmarsch«Wir haben keine Privat-Armee für das Rütli»

Am Sonntag wollen sich rund 300 Rechtsradikale auf dem Rütli treffen – doppelt so viele wie in vergangenen Jahren. Die Polizei ist bereit, die Juso überlegen sich eine Gegendemo.

Jessica Pfister
von
Jessica Pfister
Rechtsgesinnte an der eigenen Bundesfeier am 5. August 2007 auf dem Rütli.

Rechtsgesinnte an der eigenen Bundesfeier am 5. August 2007 auf dem Rütli.

Dass Rechtsradikale auf dem Rütli wenige Tage nach dem 1. August eine eigene Bundesfeier abhalten, ist nichts Neues. Schon in den vergangenen drei Jahren trafen sich jeweils rund 150 Mitglieder und Sympathisanten der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) auf der historischen Wiese. In diesem Jahr sind aber mit rund 300 erwarteten Teilnehmern nicht nur doppelt so viele Personen vor Ort, sondern das Konfliktpotenzial ist auch grösser. Denn die Pnos hat mit den Hammerskins und dem Neonazi-Netzwerk Blood and Honour Unterstützung von Gruppierungen erhalten, die laut Berner Antifaschisten als äusserst gewaltbereit gelten.

Deshalb wird am kommenden Sonntag nicht nur die Polizei ein Auge auf die Rechtsradikalen werfen, sondern auch der Nachrichtendienst des Bundes. Über das Aufgebot an Polizisten hält sich Karl Egli von der Kantonspolizei Uri bedeckt. Nur so viel: «Wir haben es an die erwartete Teilnehmerzahl angepasst.» Klar sei, dass die Polizei bei Tumulten sofort eingreifen werde. Auch Verletzungen der Antirassismus-Strafnorm würden geahndet. Dies beweise das Urteil des Landgericht Uri von Ende Juni. Dieses hatte einen 64-jährigen Westschweizer zu 10 Tagessätzen à 50 Franken und einer Busse von 300 Franken verurteilt, weil er am 8. August 2010 bei der PNOS-Rütlifeier beim Absingen der alten Nationalhymne den rechten Arm mit flacher Hand nach oben gehoben hatte.

«Beispiel an Deutschland nehmen»

Würden die Rechtsradikalen allerdings nicht gegen das Gesetz verstossen, fehle der Polizei die Grundlage, um einzugreifen. Dieses Laisser-faire wollen die Jungsozialisten (Juso) nicht hinnehmen. Sie fordern nicht nur die Behörden, sondern vor allem auch die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) als Verwalterin der Rütliwiese in einem offenen Brief dazu auf, den Aufmarsch zu verhindern oder zumindest sich dagegen aufzulehnen.

Wie der Juso-Präsident David Roth sagt, haben sich Gegendemos in der Schweiz als gutes Mittel gegen die Rechtsradikalen bewährt – so zum Beispiel in Glarus oder in Sempach, wo die Juso in der Vergangenheit demonstrierte. «Wir haben auch schon darüber gesprochen, am kommenden Sonntag eine Gegenveranstaltung durchzuführen», so Roth. Noch sei es aber offen, ob es wirklich dazu komme. Gute Chancen hätte der Protest laut dem Juso-Präsidenten, wenn die SGG bereit wäre, diesen mitzutragen.

Protest kommt für SGG nicht in Frage

Bei der SGG wundert man sich über die öffentlichen Forderung zum gemeinsamen Protest. «Ich habe den offenen Brief am Montagmorgen gesehen und umgehend geantwortet, dass sich die Juso gerne mit ihren Sorgen und Bedenken an uns wenden können», sagt der SGG-Geschäftsleiter Herbert Ammann. Seitdem habe er nichts mehr von ihnen gehört. «Dass sie nun über die Medien eine gemeinsame Demonstration vorschlagen, überrascht mich doch sehr.»

Klar sei, dass für die SGG eine Demonstration nicht in Frage komme. Im Gegensatz zur Juso als politische Partei handle die SGG in Sachen Rütli als amtliches Organ, quasi im Namen der Eidgenossenschaft. «Würde die SGG zum Protest aufrufen, wäre dies so, als würde der Bundesrat samt Parlament auf die Strasse gehen», sagt Ammann. Die Aufgabe der Gesellschaft sei, dafür zu sorgen, dass das Rütli solche Aktionen so unbeschadet wie möglich überstehe – auch wenn er die Aktion dieser Gruppe von Personen eine «Sauerei» finde. Mehr Handlungsmöglichkeiten habe die SGG nicht, sagt auch Mediensprecher Martin Hofmann. «Wir haben schliesslich keine Privatarmee, um das Rütli zu schützen.»

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