«Wir sind künftig nicht genug Menschen, um alle Jobs zu besetzen»

Aktualisiert

Künstliche Intelligenz«Wir sind in Zukunft nicht mehr genug Menschen, um alle Jobs zu besetzen»

«Mehr Technologie – weniger Arbeitsplätze», schreibt Greater Zurich Area im Jahresbericht. Schnappen uns KIs bald die Jobs weg? Geschäftsführerin Sonja Wollkopf Walt nimmt Stellung.

Künstliche Intelligenz ist mittlerweile weit fortgeschritten und mischt auch die Musikbranche auf.

20min/Tarek El Sayed

Darum gehts

  • Ausländische Firmen, die neu in den Wirtschaftsraum Zürich kommen, haben 2022 rund 19 Prozent weniger Jobs geschaffen als im Vorjahr.

  • Ein Grund dafür ist laut Greater Zurich Area (GZA) der Mega-Trend Automatisierung.

  • Wenn KIs Jobs überflüssig machten, eröffneten sich für Arbeitnehmende an anderer Stelle bessere Jobmöglichkeiten, sagt Sonja Wollkopf Walt, die Geschäftsführerin von GZA.

Die Organisation Greater Zurich Area (GZA) hat letztes Jahr mit ihren Partnern 108 ausländische Firmen im Wirtschaftsraum Zürich angesiedelt. Im Jahr 2022 haben diese Unternehmen 516 Stellen in der Schweiz geschaffen – das sind 19 Prozent weniger als 2021. Damals kreierten sie noch 639 neue Arbeitsplätze.

«Mehr Technologie – weniger Arbeitsplätze», heisst es im Jahresbericht von GZA. Gibt es also Grund zur Sorge? Und vernichten KIs und Automatisierung nun Tausende Jobs in der Schweiz? Geschäftsführerin Sonja Wollkopf Walt nimmt Stellung.

Sonja Wollkopf Walt, die Geschäftsführerin der Organisation Greater Zurich Area, nimmt Stellung zu den Auswirkungen von KIs und Automatisierung auf die Schweiz.

Sonja Wollkopf Walt, die Geschäftsführerin der Organisation Greater Zurich Area, nimmt Stellung zu den Auswirkungen von KIs und Automatisierung auf die Schweiz.

Greater Zurich Area

Im GZA-Jahresbericht ist von einer «starken Veränderung der Beschäftigungsstruktur» die Rede. Was bedeutet das genau?
Die Greater Zurich Area ist eine Wirtschaftsregion, die sich stetig weiterentwickelt. In den letzten 25 Jahren haben traditionelle Branchen wie Industrie, Bau und Handel an Gewicht verloren, dafür haben spezialisierte Dienstleistungen, ICT und Medtech stark an Bedeutung gewonnen.

Was hat das für Auswirkungen auf die Beschäftigung?
Der Beschäftigungsanteil skill-intensiver Branchen ist gestiegen. Laut dem WEF werden Maschinen bis 2027 einen bedeutenden Anteil der Aufgaben übernehmen. Es wird aber erwartet, dass die Auswirkungen der meisten Technologien auf die Arbeitsplätze in den nächsten fünf Jahren netto positiv sein werden.

Schaffen KIs und Automatisierung mehr Jobs, als sie zerstören?

Also gibt es keinen Grund zur Sorge?
Für den Standort Zürich ist die Entwicklung positiv. Die Erwerbsbevölkerung wird in Europa in den nächsten Jahren schrumpfen. Wir sind in Zukunft schlicht nicht mehr genug Menschen, um alle Jobs zu besetzen.

Und KIs sind die Lösung?
Wenn Jobs an einer Stelle durch KI obsolet und automatisiert werden, eröffnen sich für Arbeitnehmende an anderer Stelle neue, bessere Jobmöglichkeiten. Viele Menschen verbringen immer noch zu viel Zeit mit einfachen Arbeiten, die längst automatisiert werden könnten. Das ist unproduktiv und verhindert Fortschritt.

«Viele Menschen verbringen immer noch zu viel Zeit mit einfachen Arbeiten, die automatisiert werden könnten. Das verhindert Fortschritt.»

Sonja Wollkopf Walt, Geschäftsführerin von Greater Zurich Area

Sparen Firmen durch KIs und Automatisierung nicht so viel Geld, dass sie in der Schweiz gar nicht mehr investieren müssen?
Das kann man so nicht sagen. Viele namhafte Firmen unterhalten im Wirtschaftsraum Zürich ihre Forschungs- und Entwicklungszentren, was Investitionen nach sich zieht. Kein Unternehmen kommt ohne Partner, Kundinnen und Zulieferer aus – das gilt auch für Firmen, die KI einsetzen.

Trotzdem: 19 Prozent weniger neue Jobs wegen der Automatisierung – ist das nicht besorgniserregend? 
Die Anzahl neu geschaffener Arbeitsplätze ist in den letzten drei Jahren tendenziell rückläufig. Doch das hat nicht nur mit KI und Automatisierung zu tun, sondern auch mit veränderten Anforderungen. Aber auch der Einsatz neuer Technologien und die Automatisierung von Produktionsprozessen zeigen ihre Wirkung. Hinzu kommt, dass internationale Firmen die grenzüberschreitende Arbeitsteilung forcieren.

«Die Anzahl neu geschaffener Arbeitsplätze ist in den letzten drei Jahren tendenziell rückläufig.»

Sonja Wollkopf Walt, Geschäftsführerin von Greater Zurich Area

Wie wirkt sich das auf den Schweizer Arbeitsmarkt aus?
Eine Folge davon ist, dass in der Schweiz beispielsweise die Forschung und Entwicklung laufen, personalintensive Funktionen aber günstiger im Ausland betrieben werden.

Halten sich die Firmen mit Ansiedlungen in der Schweiz zurück, weil sie KIs nutzen und weil es durch die Automatisierung und Robotik gar nicht mehr nötig ist, in die Schweiz zu kommen?
Nein, das Gegenteil ist der Fall. Die Schweiz ist sehr attraktiv für Firmen, die auf KI und Robotik setzen. Interessant ist, dass nun auch eher traditionell geprägte Branchen wie Food, Life Science und die Bauwirtschaft immer mehr auf KI- und Blockchain-Anwendungen setzen. 

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