Bundesratswahlen: Wird Eva Herzog zum Bauernopfer, um bald Daniel Jositsch ins Amt zu hieven?

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BundesratswahlenWird Eva Herzog zum Bauernopfer, um bald Daniel Jositsch ins Amt zu hieven?

Die heisse Phase des Bundesrats-Wahlkampfs läuft. In Bern werden Taktiken erdacht und Ränke geschmiedet, die Spannung steigt. Eindrücke aus Bundesbern.

Kronfavorit bei der SVP: Albert Rösti. Übernimmt er das Umweltdepartement?
Braucht sich nicht zu verstecken: SVP-Kandidat Hans-Ueli Vogt. Würde er das Justizdepartement übernehmen?
Favoritin bei den SP-Kandidatinnen: Eva Herzog. Polit-Beobachter betiteln sie als «Kandidatin des Kopfes».
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Kronfavorit bei der SVP: Albert Rösti. Übernimmt er das Umweltdepartement?

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Die Ausgangslage für die Bundesratswahlen ist spannend.

  • Diverse Theorien darüber, wer warum die besten Chancen hat, kursieren derzeit in Bern.

  • Auch die Departementsverteilung spielt bei den Überlegungen eine Rolle.

Die Vorgeschichte

Alles begann am 30. September, als Ueli Maurer seinen Rücktritt bekannt gab. Schnell war klar, dass Albert Rösti in der Pole Position ist. Doch danach wurde es turbulent. Mit Hans-Ueli Vogt gelang es, einen ernstzunehmenden Kandidaten aufzustellen, ein Spaziergang zum Bundesratssitz für Rösti war vom Tisch. Überraschend erklärte kurz darauf auch Simonetta Sommaruga ihren Rücktritt. Darauf folgten Zwischentöne bei der Kandidatensuche der SP. Die Parteileitung plädierte von Beginn an für ein reines Frauenticket, was zu einer wilden Kandidaturabsicht von Daniel Jositsch führte. Letztendlich stellte die SP ein überraschendes Ticket mit der Jurassierin Elisabeth Baume-Schneider auf. Dies, obwohl die lateinische Schweiz damit dann vier von sieben Sitze im Bundesrat besetzen würde.

Baume-Schneider punktet mit Sympathie

Vielfältigste taktische Manöver werden derzeit im Bundeshaus herumgereicht. Bei der Auswahl zwischen den SP-Kandidatinnen scheint es viel um Sympathie zu gehen. Und da punktet Elisabeth Baume-Schneider gegenüber Eva Herzog. Ein nicht zu unterschätzendes Kriterium für viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist die Zugänglichkeit eines Bundesrates. Heisst: Habe ich eine Chance, mit meinem Anliegen ein offenes Ohr bei der Bundesrätin zu finden, kann ich sie vielleicht sogar für meine Sache einspannen? Die Türe werde bei Baume-Schneider wesentlich offener sein als bei Eva Herzog, denken manche. Offen ist, ob genug so denken, dass Baume-Schneider am Ende tatsächlich gewählt wird. Denn die Favoritenrolle wird nach wie vor Eva Herzog zugeschrieben, die mit ihrer Kompetenz punktet. Polit-Beobachter betiteln sie als «Kandidatin des Kopfes».

Eine Rolle spielen auch die Politikerinnen und Politiker, die selbst Ambitionen haben, irgendwann einmal Bundesrat zu werden. Sie überlegen sich, wer ihren eigenen Plänen am meisten nützt. So hält sich das Gerücht hartnäckig, dass einige Parlamentsmitglieder Elisabeth Baume-Schneider wählen werden, um dadurch den Weg frei zu machen für einen Deutschschweizer Mann, wenn es dann irgendwann um die Nachfolge von SP-Bundesrat Alain Berset geht.

Taktiker denken schon weiter

Derartige Zwischentöne waren etwa einer Medienmitteilung der FDP zu entnehmen: «Für die FDP-Fraktion gehört der Sitz von Bundesrätin Simonetta Sommaruga grundsätzlich einer Vertreterin oder einem Vertreter aus der Deutschschweiz. «Es ist klar, dass die SP-Fraktion ihre Verantwortung wahrnehmen muss und im Fall einer Wahl von Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider die Übergangsphase mit einer lateinischen Mehrheit rasch korrigieren muss», hiess es da. Ob Daniel Jositsch seine Bundesratsambitionen aufgrund des reinen Frauentickets der SP schon gänzlich begraben hat, darf bezweifelt werden.

Und dann sind da noch Nachwahlen, die ihren Schatten vorauswerfen. Gerade bei Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider spielen diese eine Rolle. Denn bei einer Vakanz im Ständerat sind Nachwahlen notwendig und es ist nicht garantiert, dass es der SP gelingt, den freien Sitz zu verteidigen. So überlegen taktisch gewiefte Politikerinnen anderer Parteien, welchen Sitz sie der SP eventuell abjagen können. Im Nationalrat sind keine Nachwahlen notwendig, es würde die bestplatzierte Person der Wahlen 2019 nachrücken. 

Gibt es eine wilde Wahl von Daniel Jositsch?

Wer kriegt welches Departement? 

Wer in welchem Departement an den Hebeln sitzt, spielt bei allen Überlegungen eine grosse Rolle, auch und gerade weil es hier grosse Unbekannte gibt. Was würde Albert Rösti im Umwelt- und Energiedepartement «anrichten»?, fragen sich viele Linke. Und was wären die Folgen eines Hans-Ueli Vogts im für Asyl zuständigen Justizdepartement? Könnte Eva Herzog ins Armeedepartement «abgeschoben» werden, wenn Viola Amherd ins Umweltdepartement wechselt?

Diese und viele weitere Szenarien beschäftigen Strategen links wie rechts. Doch eine Antwort darauf wird es erst am 9. Dezember, also zwei Tage nach der Bundesratswahl, geben. Die Departementsverteilung ist eine interne Angelegenheit des Bundesrates. Das Parlament kann nur indirekt, nämlich über die Wahl eines aus der jeweiligen Sicht «richtigen» Bundesrates einen gewissen Einfluss nehmen. 

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