Wurde Pfarrer freigestellt, weil er vor der zweiten Welle warnte?

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Corona-Streit in reformierter KircheWurde Pfarrer freigestellt, weil er vor der zweiten Welle warnte?

In der reformierten Kirchgemeinde von Arlesheim im Kanton Baselland tobt ein Corona-Streit. Der Pfarrer wurde freigestellt, weil er offenbar gegensätzlich Ansichten zu Corona vertritt wie die Kirchenpflege-Präsidentin.

In der reformierten Kirche Arlesheim haben divergierende Ansichten über das Coronavirus zu einem heftigen Streit geführt, der im Sommer zur vorläufigen Freistellung des Pfarrers führte.
Pfarrer Matthias Grüninger warnte früh, auch in einer Predigt, vor allzu schnellen Lockerungen und einer zweiten Welle. Kirchpflege-Präsidentin Kathrin Meffert vertritt da eine ganz andere Ansicht.
Die Kinderärztin machte mit einem ganzseitigen Inserat im amtlichen Anzeiger der Gemeinde, dem «Wochenblatt» von sich reden, in dem sich gegen Masken und Kontaktbeschränkungen anschrieb.
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In der reformierten Kirche Arlesheim haben divergierende Ansichten über das Coronavirus zu einem heftigen Streit geführt, der im Sommer zur vorläufigen Freistellung des Pfarrers führte.

Picswiss/Roland Zumbühl

Darum gehts

  • In Arlesheim führten unterschiedliche Ansichten über die Corona-Pandemie zur Freistellung eines Pfarrers der reformierten Kirchgemeinde.

  • Er warnte auch in seinen Predigten vor allzu schnellen Lockerungen der Schutzmassnahmen und vor der zweiten Welle.

  • Die Kirchgemeindepräsidentin, die selbst Medizinerin ist, äusserte sich öffentlich gegen Masken und Kontaktbeschränkungen.

In der Baselbieter Gemeinde Arlesheim sollen unterschiedliche Ansichten über das Coronavirus zur Freistellung des Pfarrers der reformierten Kirchgemeinde geführt haben, wie die «Basler Zeitung» (Bezahl-Artikel) am Donnerstag berichtet. Und dies ausgerechnet, weil Pfarrer Matthias Grüninger schon nach Pfingsten über die «zügellosen» Lockerungsmassnahmen des Bundesrats beunruhigt war und in einer Predigt vor der zweiten Welle warnte.

Das stiess bei der Kirchgemeindepräsidentin Kathrin Meffert sauer auf. Die Kinderärztin hält Corona für nichts Schlimmeres als eine schwere Influenza-Welle, kritisierte Reisebeschränkungen und Maskenpflicht und zitierte nachweislich falsche Zahlen zur Sterblichkeit, die bei Corona angeblich nur bei 0,14 Prozent liege. Das tat sie in einem ganzseitigen Inserat, das sie am 19. November im «Wochenblatt», dem amtlichen Anzeiger der Gemeinde, schaltete.

Dem Pfarrer, der drei Jahre vor seiner ordentlichen Pensionierung steht, wurde gar nahegelegt, sich beim Vertrauensarzt untersuchen zu lassen, obwohl dieser nach eigenem Bekunden «putzmunter» war. Er habe die Vorwürfe der Kirchenpflege, die seine Corona-Warnungen als «wirr» auslegte, widerlegt. Daraufhin wurde er kurz vor den Sommerferien bis auf weiteres freigestellt.

Kritik an Freistellung

Gemäss der «Basler Zeitung» hat die Arlesheimer Kirchgemeinde damit wahrscheinlich ihre Kompetenzen überschritten. So sei bei Beschwerden gegen einen Pfarrer die Dekanin zuständig, die in diesem Fall in Muttenz sitzt. Diese wurde aber aussen vor gelassen und erst jetzt involviert. Auch Grüningers Pfarrkollegin aus Laufen kritisiert im Bericht das Vorgehen. Auch ein Arlesheimer Jurist kritisiert das Gebaren der Kirchenpflege.

Kirchgemeindepräsidentin Meffert äusserte sich in der BaZ nicht zu den Vorwürfen. Sie sei für eine Stellungnahme nicht erreichbar gewesen.

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