Wurden die Mädchen nach einem Unfall beseitigt?

Aktualisiert

KristallhöhlenmordWurden die Mädchen nach einem Unfall beseitigt?

Die Aussagen eines Garagisten-Ehepaars werfen ein neues Licht auf den ungelösten Kristallhöhlenmord. Wurden die Opfer nach einem Verkehrsunfall weggeschafft?

von
Urs Ellenberger
Das letzte Foto der Goldacher Mädchen, geschossen am 29. Juli 1982 mit der Fotokamera von Brigitte Meier in der Umgebung von Herisau.
Sie verschwanden am 31. Juli 1982: Karin Gattiker (links) und Brigitte Meier. Die beiden Mädchen ...
... unternahmen eine Velotour durch die Ostschweiz (hier eine nachgestellte Szene aus der Sendung «Aktenzeichen XY»). Ihre Spur verlor sich ...
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Das letzte Foto der Goldacher Mädchen, geschossen am 29. Juli 1982 mit der Fotokamera von Brigitte Meier in der Umgebung von Herisau.

privat

«Hätte man das damals gewusst, wäre der Fall wahrscheinlich gelöst», sagt ein ehemaliger Beamter, der an den Ermittlungen zum Kristallhöhlenmord beteiligt war.

Grund für diese Einschätzung sind Recherchen von 20 Minuten und einem Privatermittler, die ein neues Licht auf die Ereignisse rund um das Verschwinden von Brigitte Meier (†17) und Karin Gattiker (†15) werfen. Die beiden Mädchen wurden am 31. Juli 1982, einem Samstag, an einer Kreuzung unweit der Kristallhöhle in Oberriet SG letztmals lebend gesehen: Das Auto einer einheimischen Familie musste den beiden ausweichen, weil sie so ungünstig auf der Strasse standen.

Zwei Tage nach Unfall in der Werkstatt

Wurden die Mädchen wenig später von einem anderen Fahrzeug erfasst? Fakt ist: Etwa zur selben Zeit war ein Mann aus der Gegend mit einem silbergrauen Mercedes samt Pferdeanhänger auf der Strasse unterwegs. Der Einheimische sollte später einer der Hauptverdächtigen sein, auch deshalb, weil zwei Monate später die Leichen der beiden Mädchen oberhalb seines Anwesens nahe der Kristallhöhle entdeckt wurden. Aufgrund der starken Verwesung konnten weder der Todeszeitpunkt noch -ursache ermittelt werden. Wie allen anderen Verdächtigen konnte auch dem Mann nie eine Tatbeteiligung nachgewiesen werden.

Doch nun sagen die ehemaligen Inhaber einer Carosserie-Werkstatt im Unterrheintal aus, der Mann habe nur zwei Tage nach dem Verschwinden der Mädchen, einen beschädigten silbergrauen Mercedes 230 E bei ihnen abgegeben. «Der Vorgang war sehr aussergewöhnlich», sagt die ehemalige Inhaberin, «deshalb erinnere ich mich an jedes Detail.» Man habe den Mann damals recht gut gekannt und sei auch privat miteinander verkehrt. Doch dieser habe kein Wort darüber verloren, was mit dem Wagen geschehen sei. «Er sagte nur, dass es pressiert, dass er den Wagen geliehen habe und dass er ihn schnell zurückgeben müsse», so die Frau. 1960 Franken kostete die Reparatur, nach zwei Tagen sei der Wagen weggewesen.

Delle oder Kratzer?

Von 20 Minuten auf den Vorgang angesprochen, gab sich der Mercedes-Fahrer am Dienstag zunächst ahnungslos. Eine Viertelstunde später rief er zurück, er könne sich nun doch erinnern, in der fraglichen Werkstatt einen Mercedes abgegeben zu haben. Es sei ein Parkschaden gewesen, sagte er nun, ein Unbekannter habe ihm mit seinem Auto die ganze Türe auf der einen Seite eingedrückt. Diese habe wohl ausgewechselt werden müssen.

Ganz anders die Darstellung der beiden Garagisten: Der Mercedes sei auf beiden Seiten von der Schwelle bis zur mittleren Zierleiste zerkratzt gewesen, als sei er von der Strasse abgekommen und in ein Gebüsch geraten. Dellen habe es praktisch keine gegeben. Die Polizei erfuhr nie von der Reparatur.

Mercedes nicht mehr auffindbar

Kann es sein, dass der Mercedes beim Ausweichen ins Schlingern geraten ist und der Pferdeanhänger die Mädchen erfasst hat? Der Mann bezeichnet solche Spekulationen als «hirnwütig»: Er habe nichts mit dem Verschwinden der Mädchen zu tun, nie habe man ihm auch nur das Geringste nachweisen können. Den Mercedes habe seine Frau bei einem Wettbewerb gewonnen, man habe ihn eine Weile probefahren können und ihn dann kaufen oder zurückgeben müssen. Man habe ihn zurückgegeben. Die entsprechenden Unterlagen habe er nicht mehr. 1985 dann, als der Mann vollends ins Zentrum der Ermittlungen geraten war, war der Mercedes nicht mehr auffindbar.

Bleibt die Frage, warum die Garagisten damals nicht die Polizei verständigten. Sie hätten zu jener Zeit keinen Zusammenhang zwischen der Reparatur und dem Kristallhöhlenmord gesehen, sagen sie. In den Medien sei damals vor allem über ein Sexualdelikt spekuliert worden, und für so etwas komme der Mann nicht in Frage.

Der Fall ist mittlerweile verjährt. Niemand wird je auf gerichtlichem Weg für den Tod von Brigitte Meier und Karin Gattiker belangt.

So berichtete «Aktenzeichen XY ungelöst» über den Fall.

1982 wurden bei der Kristallhöhle bei Oberriet zwei Mädchen ermordet. Aktzenzeichen XY hat ein Jahr später darüber berichtet. Der Fall ist bis heute ungeklärt.

Kristallhöhlenmord von 1982

Karin Gattiker (15) und Brigitte Meier (17) verschwanden am 31. Juli 1982 auf einer Velotour durch die Ostschweiz. Ihr Spur verlor sich an einer Wegkreuzung in Oberriet, wo ihre Velos zurückblieben. Ihre Leichen wurden neun Wochen später bei der Kristallhöhle entdeckt. Der oder die Täter wurden nie gefasst.

Es ist ein Fall, der europaweit für Aufsehen sorgte und noch heute weit über die Region die Menschen bewegt. Für Polizei und Staatsanwaltschaft ist der Fall abgeschlossen und verjährt. Im Zuge dessen hat die Justiz alle Asservate vernichtet.

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