Zika-Virus – Experten geben keine Entwarnung

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Gefahr nicht gebanntZika-Virus – Experten geben keine Entwarnung

Das Zika-Virus ist aus den Schlagzeilen verschwunden, bei Reisenden schwindet die Angst. Doch Experten warnen davor, sich in falscher Sicherheit zu wiegen.

Michaela Hütig
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Vom Zika-Virus hat man schon länger nichts mehr gehört, doch das ist noch kein Grund für eine Entwarnung. Die Infektionskrankheit ist laut Fachleuten längst nicht besiegt.
Das scheint Urlauber jedoch nicht gross zu stören: Vom letztjährigen Buchungsrückgang ist dieses Jahr nichts mehr zu spüren, berichtet beispielsweise Hans Pfister von der Lapa Rios Lodge in Costa Rica.
Dabei sollten Reisende weiterhin aufpassen. Denn dass zurzeit wenig über Zika berichtet wird, liegt auch daran, dass es im Herbst und Winter weniger Stechmücken gibt. Mit Beginn der Moskitosaison in vielen Regionen befürchten Experten neue Ausbrüche und Ansteckungen.
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Vom Zika-Virus hat man schon länger nichts mehr gehört, doch das ist noch kein Grund für eine Entwarnung. Die Infektionskrankheit ist laut Fachleuten längst nicht besiegt.

Keystone/AP/Wilfredo lee

Hans Pfister ist glücklich darüber, dass über das Zika-Virus nicht mehr viel zu hören ist. «Letztes Jahr hatten wir einen grossen Rückgang im Flitterwochen-Geschäft», erzählt der Inhaber des Hotels Lapa Rios Lodge in Costa Rica. Dieses Jahr sei das Gegenteil der Fall: «Ein echter Boom von Honeymoonern. Offenbar holen alle ihre Flitterwochen nach.»

Niemand richte mehr besorgte Fragen wegen des Zika-Virus an das Hotel, vor allem nicht in der aktuellen Trockenzeit. «Wenn die Regenzeit wieder anfängt, bleiben wir bei unserer Empfehlung, dass Schwangere nicht hierherkommen sollten», sagt Pfister. Offenbar habe die von Moskitos übertragene Krankheit seit ihrer Entdeckung in Florida «einen Teil ihres Schreckens verloren».

Saisonale Flaute

Dass zurzeit wenig über Zika berichtet wird, liegt auch daran, dass es im Herbst und Winter weniger Stechmücken gibt. Doch die Moskito-Saison steht nach Angaben von Experten vermutlich kurz bevor. «Vor einem Jahr um diese Zeit ging es los», sagt Biologie Bryan Lews von der Universität Virginia Tech.

Kristy Murray vom Labor für Viruserkrankungen am Texas Children's Hospital betont, das «Verschwinden von Zika vom Radar» bedeute nicht, dass Reisende nicht mehr aufpassen müssten. Mit Beginn der Moskito-Saison in vielen Regionen «befürchten wir neue Ausbrüche und Ansteckungen», sagt die Forscherin. «Wenn jemand schwanger ist oder eine Schwangerschaft plant, ist es klug, von Reisen in Gebiete mit aktuellen Zika-Übertragungen abzusehen, vor allem nach Südtexas, Florida, Mexiko bis Zentralamerika, Südamerika und in die Karibik.» (siehe Box)

Mit allen Mitteln gegen das Virus: Ein Kammerjäger bekämpft Mücken in der Nähe einer Schule in Wynwood, Miami, weil sich auch da das Zika-Virus ausbreitet. (1. August 2016)
Erstmals werden Impfstoffe gegen Zika an Menschen getestet: Eine Tigermücke, aufgenommen in einem Forschungszentrum im kolumbianischen Cali. (25. Januar 2016)
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Mit allen Mitteln gegen das Virus: Ein Kammerjäger bekämpft Mücken in der Nähe einer Schule in Wynwood, Miami, weil sich auch da das Zika-Virus ausbreitet. (1. August 2016)

Keystone/AP/Alan Diaz/

Nie ohne Insektenschutz

Einige Reisende sind indes sogar ausserhalb von Zika-Zonen wachsam und versuchen, sich vor Moskitostichen zu schützen. Der Betreiber der Reisewebsite Cruzely.com, Tanner Callais, plant mit seiner Familie eine Kreuzfahrt mit einem Stopp auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán. «Früher hätten wir keinen zweiten Gedanken an Moskitos verschwendet», sagt er. «Aber weil wir ein neun Monate altes Kind haben und über ein zweites nachdenken, packen wir diesmal viel Insektenschutzmittel ein.»

Reisebüros in den USA weisen nach Angaben des Dachverbands Travel Leaders Group Urlauber routinemässig auf die Risiken von Zika hin. «Unsere Berater erklären den Kunden, dass Zika zwar für die meisten Menschen keine Gefahr darstellt, aber dass Schwangere oder Frauen mit Kinderwunsch trotzdem Reisen in Gebiete meiden sollten, in denen Zika bestätigt wurde», sagt Sprecher Steve Loucks. Kunden sollten besser auf Hawaii, Südkalifornien oder Arizona setzen.

Grosse Panik ist abgeebbt

Das US-Zentrum für Seuchenkontrolle rät Reisenden in Zika-Gebieten dazu, langärmelige Oberteile und lange Hosen zu tragen sowie Moskitoschutz zu verwenden. Diese Empfehlungen gelten auch für Urlauber in anderen Regionen mit Krankheiten, die von Stechmücken übertragen werden, wie Dengue-Fieber. Schwangeren Frauen rät das Zentrum von Reisen in Zika-Regionen sowie von ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit Partnern ab, die im Epidemiegebiet waren. Schwangere, die selbst dorthin reisen, sollten sich sorgfältig vor Stichen schützen.

Die Panik vor der Erkrankung scheint unter Touristen derweil abgeebbt zu sein. In einer Umfrage des Reiseportals Travelzoo über die grössten Sicherheitsbedenken amerikanischer Frühjahrsurlauber landete Zika auf dem letzten Platz hinter Terrorismus, antiamerikanischer Stimmung, politischen Unruhen, Verbrechen und persönlicher Sicherheit.

Das Zentrum für Seuchenkontrolle meldet mehr als 5000 Zika-Fälle in den USA. Bei den meisten Infizierten handelt es sich um Reisende, die aus betroffenen Gebieten zurückkehrten. 220 Menschen allerdings steckten sich durch Moskitos in Florida und Texas an, 72 weitere auf anderen Wegen wie sexuellem Kontakt zu Infizierten. In Aussengebieten der USA wie Puerto Rico wurden mehr als 37'000 Fälle registriert.

Zika und seine Folgen

Zika und seine Folgen

In 60 bis 80 Prozent der Fälle verläuft eine Infektion mit dem Zika-Virus symptomlos und für die Infizierten unbemerkt. In den übrigen 20 bis 40 Prozent der Fälle können mittelschwere Symptome wie leichtes Fieber, Hautausschlag mit roten Punkten, Kopfschmerzen, Gelenk- und Muskelschmerzen auftreten.

Schlimmer sieht es für den Nachwuchs aus: Den Babys von Zika-infizierten Frauen drohen Missbildungen wie Mikrozephalie, ein verringerter Schädelumfang. Das Virus kann auch durch sexuellen Kontakt mit einer infizierten Person übertragen werden.

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