5G-Antennen: Politik Ausbau – jeder 4. hat Angst vor Mobilfunkstrahlung

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Zoff um das NetzPolitik will 5G-Ausbau – jeder 4. hat Angst vor Mobilfunkstrahlung

In der Bevölkerung ist die Skepsis gegenüber 5G noch immer gross. Gleichzeitig soll das Mobilfunknetz möglichst schnell ausgebaut werden.

28 Prozent der Schweizer Bevölkerung sorgen sich wegen Mobilfunkstrahlung um ihre Gesundheit. Immer wieder wehren sich Anwohner gegen den Bau neuer Antennen.
Laut Strahlenschutzexperte Martin Röösli sind wissenschaftlich bislang keine bedenklichen Auswirkungen von 5G auf die Gesundheit nachgewiesen worden. 
FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen setzt sich für einen schnelleren Ausbau von 5G ein. Seine Motion dazu wurde soeben vom Parlament angenommen. Sie stiess in fast allen Parteien auf mehrheitliche Zustimmung – ausser bei den Grünen.
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28 Prozent der Schweizer Bevölkerung sorgen sich wegen Mobilfunkstrahlung um ihre Gesundheit. Immer wieder wehren sich Anwohner gegen den Bau neuer Antennen.

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • 28 Prozent der Schweizer Bevölkerung sorgen sich wegen Mobilfunkstrahlung um ihre Gesundheit.

  • Laut Strahlenschutzexperte Martin Röösli sind wissenschaftlich bislang keine bedenklichen Auswirkungen von 5G auf die Gesundheit nachgewiesen worden. 

  • FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen setzt sich für einen schnelleren Ausbau von 5G ein. Seine Motion dazu wurde von fast allen Parteien angenommen – ausser den Grünen.

  • Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter kritisiert einen beschleunigten 5G-Ausbau. Man kenne die Langzeitfolgen noch nicht und solle mit der nötigen Vorsicht handeln, sagt sie.

Der Ausbau des 5G-Netzes ist nach wie vor ein heiss diskutiertes Thema. Immer wieder wehren sich Anwohner und Anwohnerinnen gegen den Bau von neuen Antennen. Sogar Gesundheitsminister Alain Berset kämpfte gegen den Bau einer Antenne in seinem Wohnort.

Wie eine Umfrage von 20 Minuten und Tamedia zeigt, sorgen sich 28 Prozent der Schweizer Bevölkerung wegen Mobilfunkstrahlung um ihre Gesundheit. Dies, obwohl gemäss einem Umweltepidemiologen und Strahlenschutzexperten wissenschaftlich bislang keine bedenklichen Auswirkungen von 5G auf die Gesundheit nachgewiesen wurden.

Das sagt die Wissenschaft

Martin Röösli ist Professor für Umweltepidemiologie am Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut und Strahlenschutzexperte.

Martin Röösli ist Professor für Umweltepidemiologie am Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut und Strahlenschutzexperte.

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Welchen Einfluss hat die Strahlung von 5G auf den Körper?
5G ist eine Mikrowellenstrahlung. Diese erwärmt den Körper. Die Grenzwerte für die Öffentlichkeit sind so festgelegt, dass sich der ganze Körper nicht mehr als 0,02 Grad Celsius erwärmt. Lokal darf sich der Körper bei Nutzung von Mobiltelefonen maximal 0,4 Grad aufwärmen. Würde der Grenzwert deutlich überschritten, wäre das langfristig eine Belastung für den Körper – wie wenn man Fieber hätte. Bisher sind unterhalb der Grenzwerte keine anderen Gesundheitseffekte nachgewiesen worden.

Wie abschliessend sind die bisherigen Untersuchungen?
Natürlich gibt es noch offene Fragen. Die Wissenschaft kann nicht beweisen, dass etwas unschädlich ist, sondern nur, wie schädlich es ist. Klar ist, wäre Mobilfunkstrahlung so schädlich wie Feinstaub oder Lärm, hätte man das schon sehen können.

Worin besteht der Unterschied zwischen 4G und 5G?
Beide sind Mikrowellen und besitzen eine ähnliche Frequenz und Modulation. Es gibt keine belastbaren Gründe, warum 5G andere Gesundheitseffekte haben soll als 4G. Entscheidend ist die Stärke der Mobilfunkstrahlung und nicht, ob es 4G, 5G, WLAN oder Bluetooth ist. Bisher gibt es aber keine Hinweise, dass wegen 5G die Strahlung zunimmt.

Breite Unterstützung von links bis rechts

Auch in der Politik ist 5G ein grosses Thema. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen setzt sich für den Ausbau ein. Soeben wurde seine Motion, die beim Bau der 5G-Antennen Tempo fordert, vom Parlament angenommen. «Es harzt derzeit massiv, über 3000 Bewilligungen stehen still», sagt Wasserfallen. 

Die Motion stiess in fast allen Parteien auf Zustimmung. Einzig die Grünen stimmten dagegen. Bei SP und SVP gab es zwar einzelne Gegenstimmen, die Mehrheit nahm die Motion jedoch an.

So gut ist die 5G-Abdeckung aktuell in der Schweiz

Für 5G benötige es höhere Frequenzen, sagt Christian Grasser, Geschäftsführer des Schweizerischen Verbandes der Telekommunikation asut. «Die Abdeckung mit diesen Frequenzen liegt aktuell zwischen 70 und 75 Prozent.»

Die Abdeckung mit der vollen Leistungsfähigkeit von 5G sei jedoch deutlich geringer, da die Leistungsfähigkeit der Sendeanlagen durch die vorsorglichen Anlagegrenzwerte eingeschränkt sei.

Grüne: «Aufruf an Politik, nicht leichtfertig zu bestimmen»

Eine der schärfsten Kritikerinnen eines beschleunigten 5G-Ausbaus ist Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter. «Die Schweiz ist im Vergleich zu anderen Ländern in Europa sowie auch weltweit bereits sehr fortschrittlich unterwegs beim Ausbau des Mobilfunknetzes», betont sie. Da es nicht pressiere, halte sie es nicht für angebracht, Bewilligungsverfahren für 5G-Antennen auszuhebeln.

Auch wenn die Wissenschaft die von 5G ausgehende Strahlung bisher als unbedenklich einstufe, kenne man ihre Langzeitfolgen noch nicht. «Dass sich mehr als ein Viertel der Bevölkerung wegen Mobilfunkstrahlung um seine Gesundheit sorgt, ist umso mehr ein Aufruf an die Politik, mit der nötigen Vorsicht zu handeln und nicht leichtfertig zu bestimmen», appelliert Schlatter.

Telekommunikationsbranche lobbyiert intensiv

Vonseiten der Telekommunikationsunternehmen wird im Bundeshaus viel lobbyiert. Unter dem Namen «Chance5G» haben sich Dutzende National- und Ständeräte zusammengetan, um sich für 5G einzusetzen. Lanciert wurde und finanziert wird die Gruppe vom Dachverband der Telekommunikationsbranche asut und ihren Mitgliedern – insbesondere Swisscom, Sunrise, Ericsson, Huawei und Cellnex.

Erst kürzlich hat «Chance5G» ein neues Projekt gestartet. Ein Onlinespiel soll für Aufmerksamkeit sorgen. «Mit ‹5G. The Game› soll die Bevölkerung auf spielerische Art und Weise für das Thema und die Wichtigkeit einer leistungsfähigen, flächendeckenden sowie nachhaltigen Mobilfunkinfrastruktur sensibilisiert werden», erklärt Co-Präsident und FDP-Ständerat Hans Wicki.

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