«Zu Beginn war die Kesb überfordert»

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Zwischenbilanz«Zu Beginn war die Kesb überfordert»

Zwei Jahre nach Einführung der Kesb im Kanton St.Gallen haben die Verantwortlichen eine erste Bilanz gezogen. Dies durchaus nicht ohne kritische Töne.

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Der St. Galler Regierungsrat Martin Klöti (FDP) hat mit den Verantwortlichen der Trägerschaften der neun St.Galler Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) Bilanz gezogen.

Der St. Galler Regierungsrat Martin Klöti (FDP) hat mit den Verantwortlichen der Trägerschaften der neun St.Galler Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) Bilanz gezogen.

Keystone/Gian Ehrenzeller

Seit sie Anfang 2013 eingeführt wurde, stand die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) häufig in der Kritik. So soll die Kesb Linth zum Beispiel einer Mutter den Sohn weggenommen haben, indem sie ihn aus dem Schulunterricht abführen liess. Ein weiterer bekannter Fall ist der des «Carlos von Schmerikon», des 14-jährigen Marco H., der auf dem Jugendschiff Salomon lebt, auf dem schwierige Jugendliche wieder auf Kurs gebracht werden sollen. Eingfädelt wurde dies von der Kesb Linth.

Rund zwei Jahre nach der Einführung hat sich nun der St. Galler Regierungsrat Martin Klöti mit den Verantwortlichen der Trägerschaften der neun St. Galler Kesb-Standorte zusammengesetzt und Bilanz gezogen. «Die Kesb stand schnell in der Kritik», sagt Klöti. Die Nähe zu den Betroffenen sei verloren gegangen, die Behörde interveniere zu stark, die Verfahren dauerten zu lange und angeordnete Massnahmen kosteten zu viel, lauteten die Vorwürfe. «Ziel des Treffens war es, die Situation im Kanton St.Gallen konkret anzuschauen und zu prüfen, ob und welche Massnahmen getroffen werden müssen», so Klöti.

Er gibt zu, dass die Kesb zu Beginn überfordert war. «Es gab förmlich eine riesige Welle von Fällen», sagt der FDP- Regierungsrat. Das habe sich mit der Zeit aber gelegt und es sei gut gearbeitet worden. Aufgrund der Aufgaben und neuer Erkenntnisse mussten bereits Strukturen angepasst und weitere Stellen bewilligt werden. Im Kanton St.Gallen organisieren die Gemeinden den Kindes- und Erwachsenenschutz.

Weniger Heimplatzierungen

Den Vorwurf, die Kesb platziere zu häufig in teuren Heimen, wird von den vorliegenden kantonalen Daten nicht bestätigt. Allerdings sei es noch zu früh, um gefestigte Aussagen zu machen, sagt Klöti.

Konkret wurde im ersten Betriebsjahr ein Rückgang der Platzierungen in Kinder- und Jugendheimen festgestellt. Es erfolgten 75 Neueintritte, im Schnitt der Vorjahre waren es jeweils 84. Die Kesb prüften «familiennahe und günstige Lösungen.» Platzierungen würden vermehrt einvernehmlich mit den Eltern geplant, heisst es in der Mitteilung.

Zusammenarbeit mit Sozialämtern

Ein weiteres Thema des Treffens: Es gibt zu wenig Beistände. Es brauche solche für Kinder und Jugendliche, aber zunehmend auch für ältere Personen, so Klöti. Die Aufgabe sei anspruchsvoller als früher, es sei deshalb schwieriger geworden, geeignete Leute zu finden.

Der Kantonsrat hat die Regierung beauftragt, die Wirkung der Kesb zu überprüfen. Der neuen Behörde müsse die Chance eingeräumt werden, nach der ersten intensiven Phase selber noch Verbesserungen zu erwirken. Dafür brauche es drei ganze Betriebsjahre, präzisierte Klöti. Danach könne der Auftrag einer systematischen Wirkungsprüfung an die Hand genommen werden.

(jeh/sda)

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