Italien in GeldnotZu verkaufen: Staats-Palazzo
Schlossherr werden wie George Clooney? Das ist in Italien jetzt ohne Weiteres möglich. Der hochverschuldete Staat Italien versucht, seine Schätze zu Geld zu machen.
Auf die hochherrschaftliche Villa Belinzaghihat auch schon Silvio Berlusconi ein Auge geworfen. Das Glanzstück italienischer Baukunst im Nobelort Cernobbio am Comer See soll nun aus dem Staatsschatz herausgelöst werden und dem maroden italienischen Staat neues Geld zuführen. Das von einem Park umschwungenen Anwesen ist nur eines von rund 12 000 Objekten, die im Internet zur wirtschaftlichen Verwertung detailliert aufgelistet sind.
Tropfen auf einen heissen Stein
Im Angebot führt die italienische Regierung neben Palazzos auch Wälder, Wiesen, Schienenstrecken und Öllager aus dem Staatsbesitz. Sogar vor dem Verkauf von Gotteshäusern schreckt der italienische Staat nicht zurück. Allein in Mailand stehen vier Kirchen feil. Gesamtwert aller angebotenen Güter und Ländereien: 3,6 Milliarden Euro. Bei einem Schuldenstand Italiens von 1760 Milliarden Euro (2009) ist der mögliche Verkaufserlös allerdings ein Tropfen auf den heissen Stein.
Ziel effizientere Nutzung
Trotzdem soll die Veräusserung von Land und Häusern helfen, das gigantische Finanzloch zu verkleinern. Dabei geht es nicht um die ums rasche Verhökern der Besitztümer, sondern um effizientere Nutzung des brachliegenden Kapitals. Denn das hochverschuldete Italien ist eigentlich reich (wenn auch wohl nicht das «reichste Land der Welt», wie Berlusconi sagte). Der italienische Staat hortet prächtige Besitztümer, nutzt sie aber nicht gewinnbringend: An Toplagen, um die sich Nobelhotels streiten würden, stehen Militärkasernen. Verwaltungsbeamte residieren in Palästen, die florierenden Anwaltskanzleien und Beratungsfirmen den Mund wässrig machen.
So können sich neben zahlungskräftigen Käufern auch die örtlichen Gemeinden mit Nutzungsprojekten um die Objekte bewerben. «Die Kommunen können mit dem Besitz besser umgehen», so Luca Antonini, Professor für Verwaltungsrecht in Rom, zur «Financial Times Deutschland». Das leuchtet ein: Schliesslich ist es einfacher, ein Gebäude von vor Ort gewinnbringend zu vermieten oder an zahlungskräftige Private zu verkaufen. Beides spülte dem Staat Italien Geld in die Kasse, statt Unterhaltskosten anzuhäufen.
Privatbesitz lukrativer
Ein Beispiel: Die italienischen Strände. Heute gehören sie zwar dem Staat, werden aber von den Regionen betreut. Während der Saison sind Standliegen und Sonnenschirme so begehrt wie Gelato. Trotzdem verdient der Staat wenig am Mietgeschäft. Denn die Regionen haben kaum Interesse, etwas gut zu vermarkten, das ihnen nicht gehört. Arbeiteten die Regionen in die eigene Kasse, würden sie mehr Gebühren erheben, glaubt Antonini. Unter dem Strich profitiere der Staat Italien dann mehr.
Die Privatisierungsidee ist für den Stiefelstaat nichts Neues: Schon mehrere Regierungen hatten versucht, staatliche Besitztümer zu verkaufen. Meist scheiterte es allerdings an ungeklärten rechtlichen Fragen. So ist beispielsweise auch bei der Villa Belinzaghi unklar, wer der wahre Besitzer ist.
Bijoux unter dem Hammer
Auch andere Länder verkaufen in Not ihre Besitztümer.
In Frankreich sind besonders reizvolle Objekte im Angebot; so ein Haus auf Guadeloupe, eine Wohnung im Alpenskiort Mentgenèvre, ein Haus an der Côte d'Azur, und ein Gefängnis in Lyon.
Und in der Schweiz? Hier trennt sich gerade der Kanton Bern erfolgreich von einem Teil seiner Liegenschaften. Der Kanton Aargau versteigert derzeit ein Ritterschloss. Und die Schweizer Armee trennte sich gewinnbringend von Bunkeranlagen; sie werden nun von einer privaten Sicherheitsfirma genutzt.
Was könnte man Ihretwegen noch so gerne verkaufen, um der Schweiz zu Geld zu verhelfen? Das Matterhorn vielleicht? Schreiben Sie es ins Talkback.