Wegen FachkräftemangelZürcher Kinderspital kann krankes Baby nicht stationär aufnehmen
Ein dreimonatiges Baby infiziert sich mit einer Atemwegserkrankung. Das Kinderspital Zürich konnte den Säugling wegen fehlender Kapazitäten aber nicht stationär aufnehmen.
Darum gehts
Ein drei Monate altes Baby hatte kürzlich grössere Schwierigkeiten beim Atmen. «Zuerst dachten wir an eine Erkältung. Dann verschlechterte sich jedoch der Zustand meiner Tochter», sagt der Vater, A.H.*(36). Die Eltern entschieden sich deshalb, die Hausärztin aufzusuchen. Wie sich herausstellte, hatte sich das Mädchen mit einer Atemwegserkrankung, dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), infiziert. Die Hausärztin habe den Eltern geraten, das Kinderspital Zürich aufzusuchen, da das Virus bei Babys und Kleinkindern zu Komplikationen führen könne.
Im Kinderspital sei der Säugling sogleich behandelt worden. Da der Zustand des Kindes aber nicht stabil gewesen sei und es Sauerstoff benötigte, sei eine stationäre Aufnahme nötig gewesen. «Aufgrund des Fachkräftemangels, so sagte man uns, sei dies im Kinderspital aber nicht möglich. Uns wurde deshalb erklärt, dass unsere Tochter in ein anderes Spital verlegt werden muss – nach Luzern oder Chur», so der 36-Jährige. Die Eltern entschieden sich für die Kinderklinik im Kanton Graubünden. Mit einem Krankenwagen sei das Baby in das fast eineinhalb Stunden Autofahrt entfernte Spital transportiert worden.
Wie A.H. berichtet, sei der Zustand seiner Tochter inzwischen stabil, zur Sicherheit werde sie aber auf die Intensivstation verlegt. Die Eltern sind erschöpft: «Weil sich das Spital so weit weg befindet, übernachten meine Freundin und ich hier.» Dazu habe er im Spital ein zusätzliches Zimmer mieten und sich bei der Arbeit freinehmen müssen. Trotz der Umstände haben die Eltern Verständnis für das Kinderspital, die Kritik liegt bei der Politik: «Es kann nicht sein, dass sich trotz angenommener Pflegeinitiative noch so gut wie nichts getan hat und sich der Fachkräftemangel weiter zuspitzt.»
Betten für schwerkranke Kinder freihalten
Auf Anfrage von 20 Minuten bestätigt Gregor Staubli, Chefarzt der Notfallstation des Kinderspitals Zürich, den Vorfall. Er erklärt: «Durchschnittlich nehmen wir pro Tag zehn bis achtzehn Kinder stationär über den Notfall auf. Wenn wir gegen den Abend nur noch ein oder zwei Betten frei haben, müssen wir diese für Kinder mit schweren Krankheiten, wie beispielsweise Krebs- oder Herzerkrankungen, freihalten.»
Im Falle des drei Monate alten Babys sind laut Staubli die Betten in den Kinderstationen der Zürcher Spitäler Triemli und Winterthur belegt gewesen, weshalb man auf ein ausserkantonales Spital habe ausweichen müssen. Der Chefarzt bedauert die Umstände, zumal diese sowohl für die Eltern als auch das Spitalpersonal sowie die Patientinnen und Patienten selbst Stress bedeuten. «Leider lässt der Fachkräftemangel derzeit aber keine anderen Lösungen zu.»
Wie Bjarte Rogdo, Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin des Kantonsspitals Graubünden, berichtet, sei die Verlegung von Babys, Kindern und Jugendlichen in das ausserkantonale Spital nicht ungewöhnlich. Hauptgrund seien Kapazitätsengpässe beim Pflege- und Ärztepersonal.
*Name der Redaktion bekannt
RSV nicht mehr saisonal
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