Evelinn Trouble: «Kann gut sein, dass ich eine Weile verschwinde»

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Zürcher SängerinEvelinn Trouble: «Kann gut sein, dass ich eine Weile verschwinde»

Die Zürcher Sängerin hat ihr sechstes Studioalbum herausgebracht. Jetzt möchte sie sich eine Auszeit nehmen und neue Wege für ihr Schaffen finden.

Evelinn Trouble will sich musikalisch neu erfinden und einen Weg für sich finden, die Musikbranche, wie sie heute ist, händeln zu können.
Darum brauche sie nach der Veröffentlichung ihres sechsten Studioalbums eine Pause.
Social Media und Musikstreamingdiensten steht die Züricherin kritisch gegenüber.
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Evelinn Trouble will sich musikalisch neu erfinden und einen Weg für sich finden, die Musikbranche, wie sie heute ist, händeln zu können.

Hanna Gottschalk

Darum gehts

  • Die Sängerin Evelinn Trouble plant nach 17 Jahren im Musikgeschäft eine kreative Pause, um neue Energie zu schöpfen.

  • Sie kritisiert den Einfluss von Social Media auf ihren Arbeitsaufwand und sieht Streamingplattformen kritisch.

  • Ihr neues Album «Season Indicators» bezeichnet sie als Zwischenwerk. Sie will sich nun sammeln, um in eine neue musikalische Richtung zu gehen.

Evelinn Troubles Name ist Programm. Sie sei früher schon rebellisch unterwegs und hin und wieder «in Trouble» gewesen, so die 35-jährige Sängerin im Gespräch mit 20 Minuten. Es ist elf Uhr Vormittags, Evelinn ist gerade aufgestanden. «Bin nicht so die Frühaufsteherin», meint sie und fügt an: «Ich arbeite immer bis spätabends oder auch bis spätnachts.» Nach Konzerten etwa sei das ja eh normal.

Linnéa Racine, wie die Zürcherin bürgerlich heisst, ist schon lange im Business. Nach 17 Jahren und sechs Studioalben habe sich dieses jedoch grundlegend verändert. Streamingplattformen wie Spotify und den sozialen Medien steht die Sängerin kritisch gegenüber.

«Durch Social Media hat sich mein Workload vervielfacht, aber nicht auf eine gesunde Art. Es fühlt sich an wie ein Fass ohne Boden: Egal, wie viel man da hereingibt, alles wird verschlungen und ist nach einem halben Tag passé. Ich kann aus dieser digitalen Ebene keine Motivation ziehen, egal, wie viele Likes oder Resonanz ich bekomme.» Man sei als Künstlerin darauf angewiesen, doch es sei eigentlich keine nachhaltige Plattform für die Musik.

Evelinn Trouble braucht eine Pause

Evelinn ist ehrlich: Sie braucht eine Pause. Um gewisse Dinge wieder neu zu denken und kreative Kraft zu schöpfen. Anfang Juli ist ihr sechstes Studioalbum erschienen. In diesem seien nebst neuen Songs jedoch auch Sessions der Vorgängerplatte «Longing Fever» enthalten. «Ich will die Platte nicht kleinreden, sie ist sehr cool geworden, dennoch mehr ein Zwischenwerk. Denn jetzt möchte ich mich sammeln, um in eine neue Richtung zu gehen.»

Eine glasklare Richtung oder Linie gibt es bei Evelinn ohnehin nicht. Ihr neuestes Werk bezeichnet sie denn auch als «Flickenteppich», ihr musikalisches Genre als Hybriden, der ständig im Wandel ist. Ihre Musik diene weniger der Unterhaltung, sondern mehr der Introspektion und Katharsis, also dem Ausleben innerer Konflikte und verdrängter Gefühle. Diese Grundhaltung ziehe sich durch alle sechs Alben durch.

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Evelinns Mutter ist Schwedin und Jazzmusikerin

Die musische Ader hat sie von ihrer Mutter, die Jazzsängerin und der Liebe wegen von Schweden hergezogen ist – mit Evelinns Vater, der Architekt ist. Gemeinsam gründeten sie eine Familie in Oerlikon. Erst kam Evelinns Bruder, zwei Jahre später sie selbst. Zu den zwei Kindern ihres Bruders, die sieben und fünf Jahre alt sind, pflegt sie ein enges Verhältnis.

Die Familie ist somit auch der Grund, warum es die Künstlerin derzeit noch in Zürich hält. Denn eigentlich ist der Teich, in dem sie schwimmt, zu klein für sie. «Ich vermisse schon so diese Grossstadtenergie von Berlin und London.» In beiden Städten hat sie schon gelebt. Auch karrieretechnisch habe sie das Gefühl, dass im Ausland noch einiges mehr gehen könnte.

Heftiger Unfall im Jahr 2012

Schon im Alter von 23 war es dem kreativen Kopf in Zürich etwas zu ruhig. In einer Sommernacht im Jahr 2012 brachte sie sich namensgerecht in Schwierigkeiten. «Ich wollte etwas erleben.» Deshalb sei sie damals in einer Nacht und Nebelaktion bei der Züricher Hardbrücke von einem Perrondach aus auf einen fahrenden Zug gesprungen. «Abenteuerlust und Selbstüberschätzung», begründet sie ihre Aktion. Sie geriet in einen Lichtbogen, der sich zwischen ihrem Körper und der Fahrleitung bildete. Dabei zog sie sich schwere Verbrennungen zweiten und dritten Grades zu. Eine Hauttransplantation und lange Regeneration: Die Narbe an ihrem rechten Ellbogen ist auch heute noch deutlich zu erkennen.

Heute, mit 35 Jahren, sei sie daran interessiert, etwas Nachhaltiges aufzubauen, eben nicht in Trouble zu sein, alte Wunden zu heilen und zu verarbeiten. «Kann gut sein, dass ich eine Weile verschwinde», meint sie abschliessend.

Hier hörst du einen der neuen Songs, «Dark Times», von Evelinn Trouble.

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