Zürich«Er wurde überschwänglich gelobt» – Bub wird zum Betteln geschickt
Schockierte News-Scouts: Mitten in der Stadt Zürich hat ein circa fünf Jahre alter Bub gebettelt. Danach soll er das Geld bei einer Gruppe Erwachsener abgegeben haben.
Darum gehts
In Zürich fragt ein junger Bub Passantinnen und Passanten nach Geld.
Diese Szene haben mehrere News-Scouts in der Innenstadt beobachtet.
Das Erbettelte liefert der Junge bei Erwachsenen ab.
Laut der Stadtpolizei Zürich werden Erziehungsberechtigte verzeigt, wenn Einsatzkräfte bettelnde Kinder antreffen.
Die Szenen, die eine Leserin am vergangenen Wochenende in der Zürcher Innenstadt beobachtete, kann sie immer noch kaum fassen: Als sie in einem Café sass, sei plötzlich Unruhe entstanden. Der Grund: Draussen sei ein junger Bub von Tisch zu Tisch gegangen und habe gebettelt. «Er machte nur die hohle Hand. Gesprochen hat er nicht.» Laut der Leserin war der Junge nicht älter als fünf Jahre alt und allein unterwegs.
«Aus Neugierde und weil ich das total unverantwortlich fand, bin ich ihm nachgegangen.» Beim Bürkliplatz sei der Bub zu einer grossen Gruppe mit etwa zehn Männern und Frauen sowie mehreren Kindern gestossen. «Dort hat er einem Mann das Geld abgeliefert und wurde dafür überschwänglich gelobt.»
Eine junge Frau, die in der Nähe arbeitet, bestätigt den Vorfall vom Samstag. «Der Bub war sehr klein. Mit einem Pappbecher in der einen Hand und dem gesammelten Geld in der anderen ging er von Tisch zu Tisch. Ich fand das unglaublich.» Wie sie erzählt, habe sie in letzter Zeit zudem vermehrt festgestellt, dass Erwachsene in der Gegend in Begleitung von kleinen Kindern betteln.
«Der Bub lief zwischen den Autos durch und fragte nach Geld»
Die Stadtpolizei Zürich bestätigt einen Einsatz auf Anfrage. «Wegen eines bettelnden Kindes beim Bürkliplatz ging bei uns am Samstag eine Meldung ein. Die ausgerückte Patrouille konnte das Kind allerdings nicht mehr antreffen», sagt Sprecher Pascal Siegenthaler. Die Stadtpolizei empfiehlt, kein Geld zu geben und den Vorfall zu melden. Dazu, wie oft solche Fälle auftreten, könne man keine Aussagen machen, da keine Statistik geführt werde.
Recherchen von 20 Minuten zeigen – der Vorfall vom Wochenende war kein Einzelfall: Ein News-Scout berichtet von einem ähnlichen Erlebnis beim Bürkliplatz: «Vergangene Woche stand ich mit meinem Auto an der Kreuzung, die Ampel zeigte auf Rot und ich hatte das Fenster offen.» Plötzlich sei ein kleiner Bub auf der Strasse neben dem Auto gestanden. «Er fragte mich in gebrochenem Deutsch nach Geld, streckte mir seine offene Hand entgegen. Als ich verneinte, fuhr er auf seinem Trottinett zum nächsten Auto und fragte dort nach Geld.»
«Wenn die Polizei bettelnde Kinder antrifft, werden die Erziehungsberechtigten verzeigt.»
Grundsätzlich gilt: Das Betteln ist in der Stadt Zürich verboten. Wer dagegen verstösst, kann mit einer Busse von 80 bis zu 300 Franken belangt werden. «Wenn die Polizei bettelnde Kinder antrifft, werden die Erziehungsberechtigten verzeigt», sagt Siegenthaler.
Auch Erwachsene, die sich beim Betteln von Kindern begleiten lassen, machen sich laut dem Sprecher wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht strafbar. «Die Kinder werden dadurch in ihrer körperlichen und seelischen Entwicklung gefährdet, weil sie am Schulbesuch gehindert und zu strafbarem Verhalten verleitet werden.» Wenn die betroffenen Erwachsenen und Kinder einen festen Wohnsitz in der Schweiz hätten, werde zudem die Kesb verständigt.
«Betteln gefährdet das Kindeswohl»
Gemäss Michael Allgäuer, Präsident der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Stadt Zürich, werden durch die Polizei jährlich bis zu drei solcher Fälle bei der Behörde gemeldet. «Sobald wir eingeschaltet werden, kontaktieren wir die Erwachsenen und weisen sie darauf hin, dass das Betteln in Zürich grundsätzlich verboten ist und dass der Einsatz von Minderjährigen deren Kindeswohl gefährdet.»
Weitere Massnahmen sind gemäss Allgäuer allerdings schwierig durchzusetzen: «Wegen Bettelns den Eltern ein Kind wegzunehmen, wäre unverhältnismässig.» Auch eine Beistandschaft mache in den meisten Fällen keinen Sinn. «Den Eltern ist oftmals bewusst, dass das Betteln schlecht für die Kinder ist.» Wenn die Kesb den Eindruck habe, dass in einem Fall vertiefte Abklärungen notwendig seien, könne man aber die Sozialen Dienste der Stadt einschalten.
Bettelnde Kinder in Basel
In Basel wurden bereits im Frühling 2021 bettelnde Kinder in der Stadt gesichtet. Laut der Polizei sind damals um die Osterzeit vermehrt Einzelfälle von Kindern im Alter von 15 Jahren oder jünger im Zusammenhang mit Bettelei aufgefallen. Die Polizei reagierte mit Personenkontrollen. Sofern die Erwachsenen anwesend waren, habe man diese kontrolliert und einen Rapport an die zuständige Behörde gestellt.
*Name der Redaktion bekannt
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