ZürichItaliener raste für Spenderniere ins Unispital: Urteil liegt vor
Ein freiwilliger Ambulanzfahrer aus Genua wurde bei einer Fahrt nach Zürich fünf Mal geblitzt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine 16-monatige Freiheitsstrafe und eine Busse von 2000 Franken.
Darum gehts
2020 fuhr ein freiwilliger Ambulanzfahrer mit Blaulicht und Martinshorn von Genua nach Zürich und zurück.
Er transportierte eine Niere für ein schwer erkranktes Kind.
Auf seiner Fahrt wurde er allerdings fünf Mal geblitzt.
Die Staatsanwaltschaft forderte 16 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Das Bezirksgericht Zürich hat den Fahrer nun vollumfänglich freigesprochen.
Mit 106 km/h fuhr der Italiener an der Zürcher Seestrasse durch die 50er-Zone, im Kanton Schwyz wurde er mit 41 Kilometern zu viel auf dem Tacho geblitzt. Und bei der Rückfahrt nach Genua löste er gleich dreimal die Radarfalle aus. Wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln forderte die Zürcher Staatsanwaltschaft daher 16 Monate Freiheitsstrafe und eine Busse von 2000 Franken.
Der Mann hatte allerdings einen guten Grund für seine rasante Fahrt mit Blaulicht und Sirene: Der freiwillige Ambulanzfahrer aus Genua – eigentlich ein Bauarbeiter – erhielt am Morgen des 19. März 2020 einen Auftrag. Es geht um Leben und Tod: Ein mehrfach behinderter 13-Jähriger, der in Genua im Spital liegt, benötigt dringend eine Spenderniere. Im Unispital Zürich ist soeben eine solche Niere freigeworden.
Erkrankter Junge überlebt
Die Niere gehörte einem neunjährigen Buben, der trotz Operation verstarb. Dessen Eltern waren bereit, die Niere des Sohnes zu spenden und so einem anderen Menschen das Leben zu retten. Doch am dritten Tag des Covid-19-Shutdowns kann die Schweiz das Organ nicht selbst transportieren. Auch ein Flug sei wegen der vielen Corona-Schutzmassnahmen verworfen worden, berichtet die «NZZ».
Als der italienische Bauarbeiter nach zehn Stunden Fahrt wieder in Genua zurückkehrt, kündigt sich zunächst ein Happyend an: Die Niere wird dem 13-jährigen Patienten eingesetzt, der schwerkranke Junge überlebt.
Der Hobbychauffeur, der die durch die Ambulanzfahrten verlorenen Arbeitsstunden auf der Baustelle jeweils am Samstag nachholt, musste sich für seine heroische Fahrt dann allerdings anfangs Monat vor Gericht verantworten.
Fahrer freigesprochen
Laut der Staatsanwaltschaft habe es keinen Grund für die Raserfahrt gegeben: Die maximale Transportzeit für eine Niere betrage 20 Stunden. Der Mann hätte nicht derart aufs Gas drücken müssen. Die Verteidigung widersprach und betonte die aussergewöhnliche Situation: Der 13-Jährige habe sich in einem sehr schlechten Zustand befunden. «Mein Mandant ging davon aus, dass der Jugendliche in Genua sterben würde.» Der Beschuldigte selbst sagte bei der Verhandlung: «Das Wichtigste ist, dass der Junge überlebt hat.»

Der italienische Bauarbeiter stand Anfang Juli vor dem Bezirksgericht Zürich.
20min/hohLaut dem Schweizer Strassenverkehrsgesetz darf ein Sanitätsfahrer unter vier Bedingungen die Verkehrsregeln brechen: Auf einer Dienstfahrt, wenn diese dringlich ist, stets mit der nötigen Sorgfalt gefahren wird und dabei die erforderlichen Warnsignale abgegeben werden. Das Bezirksgericht Zürich hat den Fahrer nun vollumfänglich freigesprochen. Der zuständige Richter Christoph Benninger sagte gegenüber der NZZ: «Ich kann mich in meiner Zeit als Richter an keinen besseren Grund erinnern, so schnell zu fahren.» Der Mann habe die nötige Sorgfalt walten lassen und keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet. «Es liegt auf der Hand», sagt der Richter, «wenn mal ein Spenderorgan da ist, pressiert es einfach.»
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat vorsorglich Berufung angemeldet, berichtet die Zeitung. Ob der Fall definitiv ans Zürcher Obergericht weitergezogen wird, entscheidet die Staatsanwaltschaft nach der Durchsicht des schriftlichen Urteils.
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