Von Alaska bis ans Ende der Welt – nur mit dem Fahrrad

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ZürichVon Alaska bis ans Ende der Welt – nur mit dem Fahrrad

Der 34-jährige Zürcher Timon Breitenmoser will die Panamericana mit dem Velo bezwingen. Die Reise fordert ihn sowohl physisch als auch psychisch.

Seine Reise hält Timon Breitenmoser selbst mit seiner Kamera fest. Der 34-Jährige will mit seinem Velo die gesamte Panamericana absolvieren.

z.V.g./Timon Breitenmoser

Darum gehts

  • Der Zürcher Timon Breitenmoser reist allein mit dem Velo die gesamte Panamericana entlang.

  • Er hat bereits Alaska, Kanada, die USA und Zentralamerika durchquert und viele Herausforderungen gemeistert.

  • Timon schätzt besonders die Entschleunigung und Gastfreundschaft, die er auf seiner Reise erlebt.

Timon Breitenmoser bestreitet aktuell das grösste Abenteuer seines bisherigen Lebens: Allein mit seinem Velo will er die gesamte Panamericana, eine der längsten Strassen der Welt, bewältigen. Dies verlangt dem 34-jährigen Zürcher einiges ab.

Die Idee für dieses Unterfangen kam ihm zwei Jahre bevor er die Reise begann. Bei einem Austausch mit einem Bekannten eines Freundes wurde in ihm der Gedanke gepflanzt, solch ein Abenteuer selbst zu erleben. Er erzählte ihm die alten Geschichten von seiner Radreise nach Neuseeland. Dem Zürcher war nicht bewusst, dass man allein mit dem Velo so weit kommen kann.

«Da wir während der Pandemie keinen Kampfsport ausüben durften, legte ich mir ein Fahrrad zu und begann mit Triathlon», so Timon. Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen bestritt er das Jahr darauf einen Ironman. «Dabei wurde mir klar, dass ich mehr schaffen kann und ich über meine Grenzen hinausgehen will», so der 34-Jährige.

Auf die Idee, mit dem Velo die Panamericana zu absolvieren, kam er aufgrund einer Begegnung mit einem Fremden.
Timon wollte über seine Grenzen hinaus und steckte sich deshalb das Ziel, von Alaska bis nach Ushuaia zu fahren.
Bislang begegnete Timon knapp 40 Bären. Im Grizzly-Territorium musste der 34-Jährige sein Velo mehrere Tage stossen. Der Grund: Knieschmerzen.
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Auf die Idee, mit dem Velo die Panamericana zu absolvieren, kam er aufgrund einer Begegnung mit einem Fremden.

z.V.g.

Inspiriert von der Begegnung und angetrieben von seinem neuen Hobby und der Leidenschaft für Herausforderungen setzte er sich die Veloreise quer durch Nord-, Mittel- und Südamerika in den Kopf. «Eigentlich wollte ich einfach mein Velo nehmen und in Alaska starten.» Ein Kumpel legte ihm jedoch ans Herz, sich besser vorzubereiten. Gemeinsam taten sie dies dann auch.

Die ganze Strecke planten die beiden Freunde minutiös durch, um herauszufinden, wie viele Kilometer zurückgelegt werden müssen, bis die nächste Einkaufsmöglichkeit besteht. «Jetzt bin ich extrem froh, dass ich auf meinen Freund gehört habe», sagt Timon, der seit Mai 2023 unterwegs ist.

«Was tue ich mir da an?»

Mittlerweile ist der Zürcher bereits durch Alaska, Kanada, die USA und Zentralamerika geradelt. «Was ich alles in dieser Zeit erlebt habe, glaubt mir kaum jemand.» Timon erzählt von Begegnungen mit rund 40 Bären und von Bisons, die ihm den Weg versperrten. Vor allem aber berichtet er vom Cassiar Highway in Kanada, auf dem er mehrere Tage ohne Zivilisation, Handyempfang oder der Möglichkeit, Wasser und Essen zu kaufen, unterwegs war. «Eine psychische Herausforderung. Ich fühlte mich teils doch sehr allein.»

Aber auch physisch kam der 34-Jährige an seine Grenzen. Vier Tage lang schob er sein Velo durch die Territorien von Grizzlys und Timberwölfen, weil die Knieschmerzen das Velofahren undenkbar machten. «Ich fragte mich einige Male, was und wieso ich mir das antue. Im selben Moment erinnere ich mich aber daran, dass ich mir diese Herausforderung selbst ausgesucht habe.»

Der Zürcher trotzte aber seinem inneren Schweinehund. Sogar dann, als er bei knapp 50 Grad Celsius durch die Wüste in Amerika fuhr. Für den Abschnitt durch das Death Valley kam ein Freund und begleitete ihn mit einem Auto. Somit war für Sicherheit und genügend Flüssigkeit gesorgt. «Es hat mir gezeigt, wozu ein Mensch fähig ist, wenn die Willenskraft und das richtige Mindset vorhanden ist.»

«Diese Zeit haben wir in der Schweiz nicht»

Mittlerweile ist Timon in Peru. Dort geniesst er einen mehrwöchigen Stopp – um sich zu erholen, die vergangenen Monate Revue passieren zu lassen und Kraft zu tanken. «Mit dem Velo ist es natürlich streng. Aber sich immer wieder neuen Gegebenheiten anzupassen und sich um Schlafplätze zu kümmern, ist noch anstrengender.» Die meisten Übernachtungen habe er aber im mitgebrachten Zelt verbracht.

Der Zürcher fährt mit seinem Velo von Alaska nach Ushuaia.

Der Zürcher fährt mit seinem Velo von Alaska nach Ushuaia.

z.V.g.

Dennoch sei es die beste Entscheidung gewesen, die Reise mit dem Velo anzutreten. «Für mich ist das Fahrrad das beste Fortbewegungsmittel. Man nimmt die Umgebung, die Menschen und die Eindrücke ganz anders wahr, als wenn man mit dem Auto unterwegs ist.» Das Velo trage das ganze Equipment, sei ökonomisch und ermögliche es dennoch, grosse Distanzen zurückzulegen. So habe man viel mehr Zeit für all die Eindrücke. Die Entschleunigung gebe ihm den Raum, um über das eigene Leben nachzudenken. «Ich stelle vor allem fest, dass in der Schweiz so viele äussere Einwirkungen die Gelegenheit geben, sich selbst nicht reflektieren zu müssen.»

«Zwei Mal hatte ich ein ungutes Bauchgefühl»

Doch nicht nur über sich selbst, sondern auch über das Weltgefüge macht sich der Schweizer seit Beginn der Reise Gedanken. «Die Flüchtlingsströme und die unzähligen vermissten Personen in Amerika stimmen mich nachdenklich und bringen mich zudem noch mehr zur Erkenntnis, wie gut wir es in der Schweiz haben.» Eigentlich habe er alles auf seinem Velo, was er zum Leben brauche. «Das Gefühl der Dankbarkeit für die einfachsten Dinge, wie beispielsweise sauberes Trinkwasser, Essen, in einem richtigen Bett zu schlafen und vor allem ein sicheres Zuhause zu haben, ist in mir seither extrem gewachsen.»

«Bis Weihnachten will ich zurück in Zürich sein. Auf das Treffen auf ein Bierchen mit meinen Freunden freue ich mich extrem.»

Timon Breitenmoser

Auf seiner bisherigen Reise traf Timon auf unzählige Menschen – mal waren sie finanziell besser gestellt, mal weniger. Doch etwas hatten sie alle gemeinsam: die Gastfreundschaft. «Die Gutmütigkeit und die offene Art der Menschen hier werden mir immer in Erinnerung bleiben.» Zu negativen Begegnungen sei es nie gekommen. «Nur zwei Mal hatte ich ein ungutes Bauchgefühl. Da bin ich einfach weitergezogen.»

Timon wird seinen Weg noch bis Ushuaia mit dem Velo zurücklegen. Danach wird er in die Schweiz zurückkehren. «Bis Weihnachten will ich zurück in Zürich sein. Auf das Treffen auf ein Bierchen mit meinen Freunden freue ich mich extrem», so der 34-Jährige.

Wer die Reise von Timon näher verfolgen will, kann das über den Instagramkanal des Zürchers.

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