Bern: Zwangsehen im Haus der Religionen – Imam verheiratete Paare illegal

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BernZwangsehen im Haus der Religionen – Imam verheiratete Paare illegal

Im Haus der Religionen in Bern traute ein Imam sechs Paare ohne rechtliche Grundlage. Das vereinfacht Zwangsehen, wie der Fall einer geflüchteten, jungen Frau zeigt. 

In der Moschee des Hauses der Religionen hat ein Imam illegale Trauungen durchgeführt.
Der Verein Haus der Religionen distanziert sich und vermutet, dass der Muslimische Verein nicht ausreichend über die gesetzlichen Grundlagen informiert war.
Religiöse Trauungen ohne bereits bestehende Ziviltrauung sind in der Schweiz illegal und ungültig.
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In der Moschee des Hauses der Religionen hat ein Imam illegale Trauungen durchgeführt.

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Ein Imam hat in der Moschee des Hauses der Religionen in Bern illegale Trauungen durchgeführt.

  • Religiöse Trauungen ohne bereits bestehende Ziviltrauung sind in der Schweiz illegal und ungültig.

  • Das Umgehen des Gesetzes vereinfache Zwangsehen.

  • Zwölf Fälle sollen dem SRF bekannt sein. 

In der Moschee des Hauses der Religionen in Bern hat ein Imam illegale Trauungen durchgeführt. Dies machte das SRF am Dienstagabend publik. In einer Mitteilung vom gleichen Tag verurteilt der Verein «Haus der Religionen – Dialog der Kulturen», der das Haus betreibt, das Geschehene scharf. 

Der Imam der Moschee habe nicht geprüft, ob die Grundlagen für eine religiöse Eheschliessung erfüllt seien. Denn in der Schweiz muss einer religiösen Trauung zuerst eine zivile vorangehen. Religiöse Trauungen ohne bereits bestehende Ziviltrauung sind in der Schweiz illegal und ungültig. Im SRF-Bericht heisst es, dass der Paragraph im Gesetz oft missachtet werde, um Zwangsehen zu beschleunigen.

Obwohl die Trauungen gesetzlich nicht zulässig sind, ist es für viele Frauen extrem schwer, sich aus den Situationen und Ehen zu befreien: «Die Heirat ist für die Beteiligten sozial bindend. Aus Sicht der Familie und der Gemeinschaft gilt die religiöse Eheschliessung als die richtige Heiratsform», erklärt Anu Sivaganesan, die Präsidentin der Fachstelle Zwangsheirat gegenüber SRF. Laut den Recherchen von «SRF-Investigativ» sind sechs solcher Fälle in dem Haus der Religionen bekannt.  

Eine junge, geflüchtete Frau wurde als 18-Jährige gegen ihren Willen in der Moschee in Bern mit einem Verwandten zwangsverheiratet, jedoch nicht zivilrechtlich. Einige Monate nach der Eheschliessung entschied sie sich, ihren Mann zu verlassen, ihre Familie hinter sich zu lassen und zu fliehen. 

Der Muslimische Verein habe sich wohl nicht ausreichend über die gesetzlichen Grundlagen informiert 

Der Verein Haus der Religionen vermutet, dass der Muslimische Verein nicht ausreichend über die gesetzlichen Grundlagen informiert war. Der Verein distanziert sich von jeglicher Form von Zwangseheschliessungen. In einer Mitteilung heisst es: «Eine Zwangsehe basiert auf veralteten patriarchalen Haltungen, die in Widerspruch zu unserer Grundhaltung im Haus der Religionen stehen.» Damit solche Fälle nicht mehr vorkommen, soll das Thema im Vorstand diskutiert und geklärt werden, welche Massnahmen nun notwendig sind. Regula Mader, die Präsidentin des Vereins Haus der Religionen, ist empört darüber, «dass das in unserem Haus passiert sein soll». Gegenüber dem SRF sagte sie, dass der Verein nun eine Strafanzeige gegen den Imam prüfe.

Das interreligiöse Haus vermietet Räume an fünf unterschiedliche Religionsgemeinschaften, die als eigenständige Vereine die Räumlichkeiten nutzen und Miete bezahlen. Deshalb trügen die Gemeinschaften selbst die Verantwortung für das, was innerhalb der gemieteten Räume geschehe. Von der Stadt Bern erhält das Haus der Religionen zusätzlich 300’000 Franken pro Jahr für das Kulturprogramm. Die Leiterin der Kulturabteilung der Stadt verurteilt die Vorkommnisse.

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Bist du oder ist jemand, den du kennst, von Zwangsheirat betroffen?

Hier findest du Hilfe:

Fachstelle Zwangsheirat, Tel. 0800 800 007

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Muslimische Seelsorge, Tel. 043 205 21 29

Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

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