Zweimal ein voller Lohn«Zwei Vollzeitstellen gleichzeitig zu haben, ist ohne Bschiss nicht möglich»
Zwei Jobs, zwei Verträge, zwei Löhne: In den USA ist es in, zwei 100-Prozent-Jobs zu haben, ohne dass es die Vorgesetzten wissen. Geht das auch in der Schweiz? Eine Anwältin klärt auf.
Darum gehts
In den USA gibt es einen neuen Trend: Menschen nehmen zwei oder mehr Vollzeitstellen an und verheimlichen das den Firmen, die sie angestellt haben. Dann arbeiten sie im Homeoffice und kassieren mehrere Löhne gleichzeitig ab. Das zeigt eine Umfrage von «Resume Builder», über die die «NZZ» berichtet hat.
Laut der Umfrage hatten 69 Prozent der 1200 Befragten in den USA im Herbst 2021 zwei Jobs. Bei den meisten sind es Teilzeitjobs, aber 37 Prozent gaben an, gleichzeitig zwei Vollzeitstellen nachzugehen. Und vier von zehn Doppeltbeschäftigten verdienen laut eigenen Angaben in beiden Jobs über 100’000 Dollar pro Jahr.
Das Bundesamt für Statistik teilt auf Anfrage mit, dass im vierten Quartal 2021 rund 360’000 Menschen in der Schweiz mehrere Jobs hatten. 220’000 davon waren Frauen, 140’000 Männer. Zehn Jahre davor gingen etwa 289’000 Menschen mehreren Jobs nach. Wie viele Personen mehrfach angestellt und nicht erfasst sind, ist nicht bekannt.
Dass Menschen für mehrere Firmen arbeiten, sei auch in der Schweiz ein Trend, sagt die Personalexpertin Ursula Bergundthal. Die Schweizer haben sich ihre Zweitjobs aber nicht im Homeoffice zugelegt wie in den USA: Aber Temporärstellen und Freelancer-Jobs seien hierzulande immer verbreiteter.
«Mehr als 100 Prozent sollte man aber nicht arbeiten», sagt Bergundthal. Das sei nur in Ausnahmefällen okay, etwa wenn eine Selbstständige kurzfristig mehrere Aufträge umsetzen muss. Auch die Gefahr eines Burn-outs sei real. Für die Expertin ist klar: «Zwei Vollzeitstellen gleichzeitig zu haben, ist ohne Bschiss nicht möglich.» Das bestätigt auch die Rechtsanwältin Marie-Caroline Messerli (siehe Box).
Fälle beschäftigen Schweizer Gerichte
Die Zuger Staatsanwaltschaft beschäftigte sich kürzlich mit einem ähnlichen Fall: Eine 33-Jährige lieferte Waren aus, arbeitete in einem Fitnesscenter – und bezog auch noch Arbeitslosengeld. Da sie beide Jobs verheimlichte, erhielt sie eine bedingte Geldstrafe und knapp 1450 Franken Busse.
Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte eine 45-Jährige in einem weiteren Fall wegen mehrfachen Betrugs und zwang ihr eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 210 Franken auf. Die Frau hatte zwei Vollzeitstellen angenommen und zwei Löhne erhalten. Sie meldete sich jeweils am einen Ort krank, um am anderen zu arbeiten.