Drogen als Alternative zu Schmerzmitteln?

Aktualisiert

Gras vom ApothekerDrogen als Alternative zu Schmerzmitteln?

Drogen berauschen nicht nur, sie lindern auch Schmerzen. Ein Schweizer Apotheker hilft mit Cannabis chronisch Kranken.

von
Michael Baumann
Cannabis macht die einen berauscht, ist für andere aber Medizin.

Cannabis macht die einen berauscht, ist für andere aber Medizin.

Keystone

Drogenabhängige haben häufig nicht nur ein Sucht-, sondern auch ein Schmerz-Problem. Das zeigt eine Studie der Universität Boston. Darin haben Forscher 589 Spitalpatienten zu ihrem Drogenkonsum sowie allfälligen Schmerzen befragt. Sie fanden heraus, dass von jenen Patienten, die Cannabis, Kokain und Heroin konsumierten, ganze 87 Prozent seit Monaten unter chronischen Schmerzen litten.

Die Hälfte der Patienten gab zudem an, die Schmerzen gleich selbst zu therapieren – und zwar mit Drogen. Nur so könnten sie den Alltag ungehindert meistern.

Praxis auch in der Schweiz bekannt

Das ist für den Apotheker Manfred Fankhauser nicht überraschend: «Viele Drogen, etwa Heroin, wurden ursprünglich als Schmerzmittel entwickelt.» Fankhauser gibt seit acht Jahren Cannabis an Schweizer Patienten ab – mit Erlaubnis des Bundesamts für Gesundheit. Dieses gab letztes Jahr eine Studie über Schmerzbekämpfung mit Cannabis in Auftrag, die dessen Wirksamkeit belegte.

Auch die Mehrheit der Cannabis-Kunden von Fankhauser leidet unter Schmerzen, etwa wegen multipler Sklerose oder Tumorerkrankungen. «Bevor sie zu uns kamen, haben sich viele im Verborgenen mit Kiffen therapiert», sagt der Apotheker. So hätten etwa zwei Drittel der Multiple-Sklerose-Patienten bereits einmal privat Cannabis ausprobiert.

Schwach dosiertes Cannabis

Bei Fankhauser erhalten sie einen Cannabis-Extrakt aus eigens für die Apotheke angebautem Hanf. Da das Extrakt bis zu zehnmal tiefer dosiert ist als gewöhnliches Marihuana von Kiffern, erleben die Patienten auch keinen Rausch. Dass jemand wegen Schmerzen in eine Drogenabhängigkeit gerät, glaubt Fankhauser nicht: «Die Wurzel des Übels liegt eher in den Substanzen selbst, zumindest bei harten Drogen.» Diese verursachen durch die ständigen Entzugserscheinungen heftigste Schmerzen im ganzen Körper. «Da liegt die Versuchung nahe, erneut zu Drogen zu greifen.»

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