Als US-Bomben auf die Schweiz fielen

Aktualisiert

Tödlicher IrrtumAls US-Bomben auf die Schweiz fielen

In der Nacht auf den 4. März 1945 entluden US-Bomber ihre tödliche Fracht über Basel und Zürich. Fünf Menschen verloren ihr Leben.

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Um 10.13 Uhr am 4. März 1945 fielen alliierte Bomben auf den Basler Güterbahnhof.
Im Bereich des Güterbahnhofs wurde neben Güterwagen auch ein Personenzug Richtung Olten getroffen, der Basel um 10.10 Uhr verlassen hatte.
Im Gleisfeld und im angrenzenden Gundeli-Quartier kam es zu einigen Schäden.
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Um 10.13 Uhr am 4. März 1945 fielen alliierte Bomben auf den Basler Güterbahnhof.

Keystone/Walter Studer

Obwohl sich die Schweiz, so gut es ging, aus den Wirren des Zweiten Weltkriegs heraushielt, gehörte Fliegeralarm auch hierzulande zum Alltag jener Jahre, besonders in den Grenzkantonen. Und es waren keineswegs nur Fehlalarme. Die Schweiz wurde dutzende Male von amerikanischen und britischen Bomben getroffen, neunmal gab es Tote oder Verletzte zu beklagen. Der fatalste Angriff ereignete sich dabei am 1. April 1944 in Schaffhausen. 40 Menschen verloren das Leben, als US-Bomber die Stadt rechts des Rheins ins Visier nahmen. Insgesamt forderten alliierte Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg hierzulande 84 Tote.

Im letzten Kriegsjahr 1945 wurde die Schweiz noch zweimal Ziel alliierter Bomben. Am 22. Februar trafen 11 Sprengbomben Stein am Rhein im Kanton Schaffhausen. Die Schäden am historischen Kern des Städtchens waren enorm. 9 Menschen wurden getötet, 33 verletzt und 54 obdachlos.

Gleichentags trafen die Bomben auch Neuhausen am Rheinfall, wo eine Person starb, sowie das zürcherische Rafz, wo eine achtköpfige Familie im Bombenhagel ihren Tod fand. Als Grund, weshalb an diesem Tag Bomben auf die Schweiz fielen, gaben die Alliierten Navigationsfehler an.

Bomben auf Zürich

Am 4. März waren es dann Zürich und Basel, die das Ziel fehlgeleiteter US-Bomben wurden. Am Rheinknie gingen um 10.13 Uhr die Bomben über dem Güterbahnhof nieder. Teile des Gundeli-Quartiers wurden in Schutt und Asche gelegt und auch ein Personenzug, der von Basel nach Olten fuhr, wurde getroffen. Angesichts der Zerstörung (siehe Bildstrecke) grenzt es an ein Wunder, dass keine Todesopfer zu beklagen waren. Offenbar hatten die vom Kurs abgekommenen Piloten Basel mit Freiburg im Breisgau verwechselt.

Um 10.19 Uhr tauchten dann aus Richtung Winterthur kommend sechs amerikanische Liberator-Bomber am Himmel über Zürich auf. Über dem Gebiet der Landwirtschaftlichen Schule Strickhof im Zürcher Quartier Unterstrass warfen sie 50 Bomben von je 225 Kilogramm Gewicht und sechs Brandsätze ab.

Über 50 Häuser wurden zum Teil massiv beschädigt. Die zwei Häuser Frohburgstrasse 186 und In der Hub 16 wurden total zerstört. Fünf Bewohner konnten nur noch tot geborgen werden. 15 Personen wurden verletzt. Auch sie wurden Opfer eines Navigationsfehlers. Die unerfahrenen Mannschaften hatten im schlechten Wetter Zürich für das badische Pforzheim gehalten.

Prozess in England

Ein amerikanischer Pilot und ein Navigator mussten sich später vor einem Kriegsgericht verantworten. Ihnen wurde grobe Fahrlässigkeit beim Bombardieren einer neutralen Nation vorgeworfen. Ihr Verhalten wurde in der zweitägigen Verhandlung zwar als fahrlässig eingestuft, schliesslich wurden sie aber freigesprochen, da nach Ansicht des Gerichts Wetterverhältnisse und technische Defekte zu dem fatalen Irrtum geführt hätten.

Dass diese alliierten Bombardierungen «Vergeltungsschläge» für Schweizer Geschäfte mit Nazideutschland gewesen sein sollten, was lange Zeit von gewissen Kreisen vermutet wurde, kann nach heutigem Wissenstand definitiv ausgeschlossen werden. Untersuchungen zeitgenössischer Dokumente in amerikanischen und britischen Archiven haben zweifelsfrei ergeben, dass es sich bei allen Angriffen auf die Schweiz um tragische Irrtümer handelte.

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