Die bekannten FaktenDas musst du zu #juuling wissen
US-Teenager feiern Juul wie keine andere E-Zigarette zuvor. Experten warnen vor dem Trend, der auch zu uns schwappen könnte.
Was ist die Juul und was unterscheidet sie von anderen E-Zigaretten?
Die Juul sieht aus wie ein längerer USB-Stick und besteht aus einer Batterie, einem eingebauten Apparat zum Erhitzen, der ein Aerosol erzeugt, und einem Slot für die Pods, wie die Kartuschen vom Hersteller genannt werden. Diese können anders als bei klassischen E-Zigaretten nicht nachgefüllt werden, sondern müssen immer wieder durch Originale von Juul ersetzt werden. Es gibt sie in verschiedenen Geschmacksrichtungen – etwa Gurke, Wassermelone, Mango oder Minze.
Anders als die meisten E-Zigaretten enthalten die Pods Nikotinsalz anstelle von Nikotinflüssigkeit. Das soll laut Juul-Sprecherin Victoria Davis Rauchern das Aufhören erleichtern – dem eigentlichen Zweck der E-Zigarette. Dies, weil das Nikotinsalz den Nikotinpegel im Blut ähnlich schnell ansteigen lässt wie bei klassischen Zigaretten und so für den berüchtigten Nikotinkick sorgt. Dazu trägt auch der hohe Nikotingehalt der Juul bei: In den USA enthält ein Pod so viel wie ein ganzes Päckchen Zigaretten.
Sollte die Juul auch in die Schweiz kommen, wird sie hierzulande auch so viel Nikotin enthalten?
Davon ist gemäss Experten nicht auszugehen. Grund dafür sind die deutlich strengeren EU-Regeln punkto Nikotingehalt. Wie dieser in der Schweiz aussehen könnte, zeigt ein Blick auf Grossbritannien, wo die Juul seit einigen Wochen auf dem Markt ist. Dort sind gemäss EU-Direktive 20 Milligramm Nikotin je Milliliter erlaubt – die US-Variante von Juul ist aber mehr als doppelt so stark. Gemäss Cassis-de-Dijon-Prinzip sind Produkte, die im EU-Raum zugelassen sind, auch für die Schweiz zulässig. Dies bedeutet, dass auch hierzulande eine schwächere Variante lanciert wird.
In den USA hat die Firma mehrere Klagen am Hals. Was wird kritisiert?
Obwohl die Juul laut Hersteller nur für volljährige Raucher gedacht ist, die ihr Laster aufgeben wollen, und auch nur an diese abgegeben werden sollen, erfreut sie sich besonders bei Teenagern grosser Beliebtheit – auch bei jenen, die zuvor noch nie an einer richtigen Zigarette gezogen haben.
Weiteres Problem: Da die Juul Nikotin auf besonders effektive Weise liefert, hat sie ein beträchtliches Suchtpotenzial. Eines, das laut Michael Siegel von der Boston University viel stärker ist als das herkömmlicher E-Zigaretten, wie die «New York Times» schreibt. Noch deutlicher wird Scott Gottlieb von der US-Lebensmittel- und Medikamentenbehörde FDA: «Das Nikotin der Juul kann das Gehirn eines Jugendlichen neu verkabeln – eine jahrelange Sucht ist die Folge.»
Wie reagiert Juul auf die Kritik?
Das Unternehmen betont, dass junge Menschen oder Personen, die sonst kein Nikotin konsumieren, niemals Juul probieren sollten. Die E-Zigarette sei ausschliesslich für erwachsene Raucher gedacht. Das Unternehmen hat deswegen im Juni 2018 30 Millionen Dollar in Projekte investiert, die Minderjährige auf die Gefahren von Juul aufmerksam machen sollen.
Was macht die Juul für Teenager so attraktiv?
Wirklich klar ist das noch nicht. Daher hat die FDA die Firma dazu verpflichtet, Rechenschaft über Inhaltsstoffe, Wirkung und die Vermarktung der E-Zigarette abzulegen. Dies in der Hoffnung, herauszufinden, warum Juuling bei Teenagern so enorm beliebt ist.
Ebenfalls keine Antwort darauf hat das Bundesamt für Gesundheit BAG: «Wir können darüber nicht spekulieren», teilt Sprecher Daniel Dauwalder mit. Auch Monique Portner-Helfer von Sucht Schweiz kann nur mutmassen: «Offenbar trifft das Produkt mit seinen verschiedenen Geschmacksrichtungen den Nerv der Zeit, gerade auch bei jungen Menschen.» Neben dem modernen Look der Juul, die man mithilfe käuflicher Oberschalen noch individuell gestalten kann, «hat es in den USA mit gezielter Marketingstrategie – Videos auf Social Media wie Youtube, Instagram, Snapchat – offenbar geschafft, junge Konsumenten anzulocken, die die Promotion von Juul via Social-Media-Inhalte gleich selber fördern.» Das sei aus gesundheitlicher Sicht sehr bedenklich, zumal Erkenntnisse zu langfristigen Gesundheitsrisiken fehlten.
Wie realistisch ist es, dass die E-Zigarette von Juul in die Schweiz kommt?
Das Unternehmen selbst hält sich bedeckt: «Wir evaluieren und bewerten die Märkte in ganz Europa, aber wir geben derzeit keine weiteren Details zu unseren Expansionsplänen bekannt», teilt Sprecherin Victoria Davis auf Anfrage mit.
Für Sucht Schweiz wäre ein Markteintritt nicht unerwartet. «Weil gesetzliche Restriktionen fehlen, ist dies nicht unwahrscheinlich», sagt Monique Portner-Helfer. Die Schweiz würde mit ihren heute liberalen Marketingvorschriften ein ideales Terrain darstellen.
Auch Regula Grünwald von der Lungenliga Schweiz wäre nicht überrascht, wenn die Juul auch hierzulande erhältlich sein wird. Schliesslich können nikotinhaltige E-Zigaretten gemäss dem Cassis-de-Dijon-Prinzip in der Schweiz verkauft werden, insofern sie die technischen Anforderungen eines EU- oder EWR-Mitgliedstaats erfüllen und in diesem Staat rechtmässig im Verkehr sind. «Da Juul-E-Zigaretten in England verkauft werden, dürften sie auch in der Schweiz verkauft werden.»
Daniel Dauwalder vom BAG ergänzt: «Wenn das Produkt attraktiv ist, wird es wahrscheinlich in der Schweiz schnell entsprechende Importeure geben.»
Ab welchem Alter dürften die E-Zigaretten von Juul in der Schweiz verkauft werden?
Zurzeit gibt es beim Verkauf von E-Zigaretten noch keine rechtlichen Vorgaben zum Jugendschutz, so Regula Grünwald von der Lungenliga Schweiz. «Wir setzten uns dafür ein, dass E-Zigaretten nicht mehr wie bis anhin im Rahmen des Lebensmittelgesetzes, sondern im Rahmen des neuen Tabakproduktegesetzes geregelt werden. Dieses sieht ein Mindestalter von 18 Jahren für den Erwerb von Tabakprodukten vor. Allerdings wird dieses voraussichtlich erst 2022 in Kraft treten.
Was passiert, wenn man Gerät und Pods schon jetzt in der Schweiz nutzt?
Bereits jetzt sind das Gerät selbst und auch das Aufladegerät hierzulande erhältlich, jedoch nicht die nikotinhaltigen Pods. Diese müssen zurzeit noch im Ausland bezogen werden. Solange diese nicht weiterverkauft werden, sondern nur zum Privatgebrauch dienen, ist das unproblematisch, wie Stefan Kunfermann vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV sagt.
Wissen-Push
Abonnieren Sie in der 20-Minuten-App die Benachrichtigungen des Wissen-Kanals. Sie werden über bahnbrechende Erkenntnisse und Entdeckungen aus der Forschung, Erklärungen zu aktuellen Ereignissen und kuriose Nachrichten aus der weiten Welt der Wissenschaft informiert. Auch erhalten Sie Antworten auf Alltagsfragen und Tipps für ein besseres Leben.
Und so gehts: Installieren Sie die neuste Version der 20-Minuten-App. Tippen Sie rechts oben auf das Menüsymbol, dann auf das Zahnrad. Wenn Sie dann nach oben wischen, können Sie die Benachrichtigungen für den Wissen-Kanal aktivieren.