Allgemeinbildungs-PrüfungFDP-Chef: «Drucksituationen müssen in der Schule geübt werden»
Der Bund will die schriftliche Prüfung in Allgemeinwissen abschaffen. FDP-Präsident Thierry Burkart will das verhindern. Für ihn ist klar: Das Leistungsprinzip würde dadurch untergraben und ChatGPT zu viel Einfluss gewinnen.
Darum gehts
- Der Bund plant, die schriftliche Allgemeinbildungs-Prüfung an Berufsschulen abzuschaffen.
- FDP-Präsident Thierry Burkart kritisiert die Reform und sieht das Leistungsprinzip gefährdet.
- Der Ständerat befürchtet, dass Schüler vermehrt auf KI wie ChatGPT setzen könnten und reicht einen Vorstoss ein.
Allgemeinbildung geniesst an Schweizer Berufsschulen einen grossen Stellenwert. Dabei lernen Schülerinnen und Schüler etwa den Umgang mit Geld oder das Funktionieren der Demokratie. Die entsprechende Abschlussprüfung soll aber ab 2026 wegfallen – zugunsten einer höheren Gewichtung der Abschlussarbeit. So will es das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBFI) von Bundesrat Guy Parmelin.
Die geplante Reform sorgt bei vielen Lehrern für Frust – sie fürchten, dass viele Schülerinnen und Schüler auf ChatGPT setzen werden und die Note für die Arbeit zur Farce wird. Wie 20 Minuten weiss, erhalten diese Überlegungen nun Support im Bundeshaus. FDP-Präsident Thierry Burkart will den Bundesrat mit einer Motion zur Kehrtwende bewegen.
Thierry Burkart: Drucksituationen müssen geübt werden
Für ihn ist die geplante Abschaffung der Prüfung «das neuste Kapitel in einer tragischen Serie von gescheiterten Bildungsreformen der letzten 20 Jahre». Ein Viertel der Schülerinnen und Schüler könne inzwischen Alltagstexte nicht mehr verstehen und über 80 Prozent der Lehrerschaft sei unzufrieden mit der integrativen Schule.

Der Bund wolle damit alle in den gleichen Topf werfen. «Man will ‹sozial› sein, man will um Gottes willen keine objektiven Vergleiche mehr; Noten sollen durch Farben ersetzt werden – Hauptsache, das Leistungsprinzip wird untergraben», findet der Aargauer Ständerat. Dabei würden Drucksituationen auch im späteren Berufsalltag vorkommen und gehörten mit einer Prüfung geübt.
«Fachwissen können Lehrer während dem Semester abfragen»
Dass die Abschlussarbeit in KI-Zeiten stärker gewichtet werden soll, sei «absurd», findet Burkart. «Wir wollen mündige Bürgerinnen und Bürger, die mit neuen Technologien umgehen können. Das kann aber doch nicht bedeuten, dass sich ihr Wissen darauf beschränken soll, ChatGPT oder Ähnliches zu bedienen», erklärt er.
Burkart hat seinen Vorstoss bereits geschrieben – und hofft gleichzeitig, dass die zuständigen Bildungskommissionen von National- und Ständerat selbst beim Bundesrat intervenieren. Das SBFI erklärte gegenüber 20 Minuten: «Anstatt reine Fakten abzufragen, setzen sich die Lernenden in einer Schlussarbeit bewusst mit den Lerninhalten auseinander, zeigen Zusammenhänge auf und beweisen, dass sie ihre erworbenen Kompetenzen und ihr Fachwissen in der Praxis anwenden können.»

Support für die Reform kommt von links. Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (Grüne) sagte, die Reform bewirke, dass die Abschlussprüfung nicht mehr eine reine Wissensprüfung sei. «Fachwissen können die Lehrpersonen weiterhin während des Semesters abfragen – dies wird in die Erfahrungsnote eingebracht», argumentiert die Zürcherin.
Wie stehst du zur stärkeren Gewichtung der Abschlussarbeit in Zeiten von KI?
Ob Burkarts Kritik mehrheitsfähig ist, dürfte sich bereits in den nächsten Wochen zeigen, wenn die zuständigen Bildungskommissionen tagen.
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Christof Vuille (vuc) leitet seit 2023 das Ressort Politik und ist Mitglied der Redaktionsleitung. Er berichtet für 20 Minuten nah am Puls der Bundespolitik.
