«Travis the Creator»«Don't be shy» – wie ein Zürcher Influencer Frauen gefügig machte
Partyveranstalter «Travis the Creator» steht im März wegen Vergewaltigungs-Anklagen vor Gericht. Eine neue Doku deckt nun auf, wie er mit perfiden Methoden Frauen gefügig machte und Grenzen überschritt.
Darum gehts
- Travis the Creator steht im März wegen Vergewaltigungs-Anklagen vor Gericht.
- Eine neue Doku zeigt, wie er Frauen manipulierte und Grenzen überschritt.
- Travis soll Frauen unter Druck gesetzt haben, um Sex zu erzwingen.
- Die Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft und einen Landesverweis.
Der Champagner fliesst in Strömen, leicht bekleidete Frauen räkeln sich in der Sonne und inszenieren sich für den perfekten Schein. Mittendrin präsentiert sich «Travis the Creator», selbsternannter Fashion-Influencer und Partyveranstalter. Der 30-jährige Zürcher greift den vornehmlich jungen Frauen ans Gesäss oder greift ihnen an die Kehle. Immer wieder sagt er ihnen «don't be shy» – «sei nicht schüchtern». Oder besser gesagt: «Tue doch nicht so.»
Der Satz ist Motto und Mantra gleichermassen, das Ziel laut Zeugen immer dasselbe: Frauen sollen sich ihm hingeben, ihm gehorchen – und am liebsten auch Sex mit ihm haben. Wer nicht will, wird unter Druck gesetzt oder sogar bedroht. Ein rund 70-minütiger Dokumentarfilm des «Tages-Anzeiger» gibt nun erstmals Einblicke in das «System Travis».
Drei Jahre lang haben die Journalisten recherchiert, drei Jahre lang mit Frauen über seine Masche gesprochen, die für die Opfer traumatisierend war. Die Recherchen enthüllen eine Welt der Manipulation, Einschüchterung und Angst.
Wer ist «Travis the Creator»?
Der 159 Zentimeter grosse Fashion-Influencer eröffnete vor Jahren einen eigenen Kleiderladen in Zürich, Nati-Spieler wie Breel Embolo oder Manuel Akanji kauften bei ihm ein. Spätestens im November 2021 schien sein Influencer-Stern im Sinken begriffen zu sein: Mehrere Frauen erhoben schwere Vorwürfe gegen Travis. Zuerst anonym, dann auf Tiktok und Instagram.

Weil er einer Frau gegen ihren Willen seinen Penis in den Mund drückte, wurde er in einem Fall wegen Schändung schuldig gesprochen. Einem Landesverweis entging er.
Was macht Travis seitdem?
Seit der Corona-Zeit hat sich Travis in der spanischen Küstenstadt Marbella einen Namen als Partyveranstalter gemacht. Unter anderem soll er für den Fussballer Memphis Depay den 30. Geburtstag organisiert haben. Travis lässt sich unter anderem mit Stars wie den Real-Madrid-Spielern Jude Bellingham und Vinicius Junior ablichten.

Der neuste FCZ-Zuzug, Benjamin Mendy, bezeichnete Travis in einem Video gar als «Bruder». Der Fussball-Weltmeister landete kürzlich selbst in den Schlagzeilen: In England musste sich Mendy wegen Vergewaltigungsvorwürfen vor Gericht verantworten, wurde dann aber freigesprochen.

Wie Sascha Britsko («Das Magazin») und Oliver Zihlmann (Tamedia-Recherchedesk) im Dokumentarfilm nachzeichnen, agiert Travis als sogenannter «Concierge» für gutverdienende Superstars: Travis habe die Frauen organisiert, schildert im Film sein ehemaliger Geschäftspartner.
Zudem kommen Zeugen zu Wort, die sagen, dass es an diversen Partys, zu denen Travis eingeladen hatte, immer wieder zu unangenehmen Situationen gekommen sei. So habe er zum Beispiel als Gegenleistung für die Partyeinladung Sex eingefordert.

Das sagen Frauen zu den Übergriffen
Sie heissen Alena, Stefanie, Tanja und Emma. Ihre Geschichten wiederholen sich: Travis habe ihnen etwas versprochen – ein Fotoshooting, schöne Ferien oder eine geile Party – dann habe er sie manipuliert, überrumpelt, um Sex mit ihnen zu haben – gegen ihren Willen. «Er ist besessen von Sex. Wenn er dich in eine schöne Villa einlädt, erwartet er Sex von dir», sagt der ehemalige Geschäftspartner von Travis.

Wie im Film gezeigt wird, sind die Frauen zum Zeitpunkt des Übergriffs oft sehr jung. Einige sagen auch, sie seien minderjährig gewesen. Ihr Protest, ihr klares Nein, sei von Travis schlichtweg ignoriert worden. «Don't be shy» hiess es dann jeweils, «sei nicht schüchtern». Viele Frauen schildern, dass sie sich nicht trauten, sich zu wehren. Andere verfielen in eine Schockstarre.
Das sagt Travis dazu
Travis streitet die Vorwürfe ab. Der Sex, sofern er überhaupt stattfand, sei stets einvernehmlich gewesen, beteuert er. Als die Journalisten Travis bei einer seiner Partys in Marbella zur Rede stellen, sagt er, dass er unschuldig sei: «Wenn ich jemanden vergewaltigt habe, gehe ich freiwillig in den Knast.»

Die Anwältin von Travis betont, dass ihr Klient abstreite, dass die sexuellen Kontakte gegen den Willen der Frauen geschahen. Die Frauen hätten nach den angeblichen Vorfällen teilweise weiterhin Kontakt mit Travis gepflegt und die Vorfälle zudem jahrelang nicht angezeigt. Ihr Klient habe seit Beginn des Strafverfahrens ausführlich zu den Vorwürfen Stellung genommen. Bei zwei Frauen habe die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe von Sexualdelikten zudem fallen gelassen.
Die Vorkommnisse an den Partys seien nie angezeigt worden. Diese Anschuldigungen seien somit nicht von den Strafbehörden geprüft worden. Über den Wahrheitsgehalt der restlichen Anschuldigungen werde im kommenden März ein Gericht entscheiden.
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Was passiert jetzt?
Am 24. März muss sich der aus Ghana stammende Influencer vor dem Bezirksgericht Zürich verantworten. Es gilt die Unschuldsvermutung. Der vorbestrafte Travis ist der mehrfachen Vergewaltigung, der mehrfachen sexuellen Nötigung und der mehrfachen Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmegeräte angeklagt.
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und einen Landesverweis von 12 Jahren.
Die ganze Recherche sowie den Dokumentarfilm findest du unter tagesanzeiger.ch/travis.
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Daniel Krähenbühl (dk) arbeitet seit 2017 für 20 Minuten. Er leitet das Ressort Zürich und Luzern mit Fokus auf Stadtpolitik, Kriminalität, Gesellschaft und Recherche.
