Abtrünnige RegionPulverfass Transnistrien: Eskaliert der Ukraine-Krieg in Moldau?
Die Region Transnistrien gehört offiziell zur Republik Moldau – aber will es eigentlich nicht. Stattdessen «flirtet» man dort mit Russland und bittet um Schutz vor Moldau.
Darum gehts
Die Region Transnistrien, die zur Republik Moldau gehört, steht im Zentrum weiterer Spannungen im Ukraine-Konflikt.
Beobachter befürchten, Russland könnte von dort aus eine neue Front gegen die Ukraine eröffnen.
Seit Jahrzehnten sind 1500 russische Soldaten in der Region stationiert.
Der Westen blickt erneut mit Sorge auf die kleine Republik Moldau zwischen der Ukraine und Rumänien. Es besteht die Befürchtung, dass Moldau aufgrund seiner kleinen, abtrünnigen Region Transnistrien in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte: Die pro-russischen Separatisten, die das Gebiet an der Grenze zur Ukraine seit rund drei Jahrzehnten kontrollieren, baten Moskau am Mittwoch bei einem Sonderkongress um «Schutz» vor Moldau. Westliche Beobachter fürchten einen erneuten Versuch, sich Russland anzuschliessen – und eine weitere Eskalation im Konflikt mit Moskau. Die wichtigsten Fakten zu Transnistrien:
Welche Vorgeschichte hat Transnistrien?
Die überwiegend russischsprachige Region zwischen dem Fluss Dnister und der ukrainischen Grenze spaltete sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von der gerade erst unabhängig gewordenen Republik Moldau ab. 1992 lieferten sich die Separatisten mit Unterstützung der russischen Armee einen Krieg mit der pro-westlichen Regierung Moldaus. Hunderte Menschen wurden getötet, die russische Armee griff an der Seite Transnistriens ein. Seit damals sind russische Truppen in dem schmalen Landstreifen von kaum mehr als 20 Kilometern Breite stationiert.
2006 beschloss der bisher letzte Sonderkongress der Separatisten die Ausrufung eines Referendums über einen Anschluss an Russland. 97,1 Prozent der Wähler votierten bei der international nicht anerkannten Abstimmung für den Anschluss. Das Ergebnis bedeutete einen Rückschlag für die Bestrebungen Moldaus, wie sein Nachbarland Rumänien Teil der Europäischen Union zu werden. Im Juni 2022 erhielt Moldau dennoch den Status eines EU-Beitrittskandidaten.
Welche Rolle spielt die Region im Ukraine-Konflikt?
Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 befürchten westliche Beobachter, dass Moskau von Transnistrien aus eine weitere Front eröffnen könnte. Transnistrien, wo seit der Intervention in den 1990er-Jahren 1500 russische Soldaten stationiert sind, liegt nur wenige Kilometer von der südwestukrainischen Hafenstadt Odessa entfernt.
Nach zwei Jahren Ukraine-Krieg: Verfolgst du noch die News dazu?
In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Anzeichen wachsender Spannungen im Konflikt um Transnistrien gegeben. Im Jahr 2022 erschütterten mehrere Explosionen mit ungeklärter Ursache das Gebiet. Im März 2023 erklärte die Führung der pro-russischen Separatisten, die Ukraine habe einen gescheiterten Mordanschlag gegen ihren Anführer verübt. Im September 2023 wurden Raketenüberreste in der Region gefunden. In der vergangenen Woche erklärte das russische Verteidigungsministerium schliesslich, die Ukraine plane einen militärischen Angriff auf Transnistrien, legte hierfür jedoch keinerlei Beweise vor.
Was zeichnet die Region aus?
Transnistrien verwendet eine eigene Währung – den transnistrischen Rubel –, hat eigene Sicherheitskräfte und eigene Pässe: Grenzt sich also auch in dieser Hinsicht von Moldau ab.
Die meisten der schätzungsweise 465'000 Einwohner haben weitere Staatsangehörigkeiten: die moldauische, die russische oder auch die ukrainische. Die Mehrheit der Bevölkerung spricht Russisch, während im Rest der Republik Moldau das Rumänische dominiert. In der abtrünnigen Region wird weiterhin das kyrillische Alphabet genutzt. Moskau unterstützt die Wirtschaft Transnistriens, indem es kostenlos Gas liefert.
In Transnistrien sind sowjetische Symbole allgegenwärtig. Auf der Flagge prangen Hammer und Sichel, in Tiraspol steht eine riesige Lenin-Statue, eine Büste des Sowjetführers steht vor dem Rathaus. Es wird auch Haus der Sowjets genannt.
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