Putins SprachrohrAlina Lipp ist nicht die neutrale Journalistin, für die sie sich ausgibt
Die Deutsch-Russin Alina Lipp inszeniert sich als «unabhängige deutsche Journalistin». Dass jetzt wegen ihrer prorussischen Posts gegen sie ermittelt wird, kann sie nicht nachvollziehen. Dabei liegen die Gründe auf der Hand.
Darum gehts
Mit ihrem Telegram-Account «Neues aus Russland» erreicht Alina Lipp mittlerweile mehr als 178’000 Menschen. Die lesen hier vor allem russische Kriegspropaganda. So bezeichnet die «Tochter einer Hamburgerin und eines St. Petersburgers» den Krieg in der Ukraine nicht als Krieg, sondern spricht der Kreml-Erzählung folgend von einer «russischen Spezialoperation in der Ukraine». Auch das Wort «Befreiung» fällt immer wieder, was ebenfalls der russischen Betrachtungsweise entspricht.
Aufgrund solcher Äusserungen ermitteln nun die deutschen Behörden gegen sie. Es bestehe gegen die Beschuldigte der Verdacht der Belohnung und Billigung von Straftaten, heisst es in dem Schreiben, in dem die 28-Jährige von der Staatsanwaltschaft Lüneburg über die Ermittlungen informiert wurde. Exemplarisch werden darin zwei Taten benannt: Dass sie am 24. Februar den Satz «Die Denazifizierung hat begonnen» postete und am 12. März in einem Video behauptete, dass die russischen Truppen eine von einem «Genozid durch die Ukrainer» betroffene Region befreien.
Weitere Falschbehauptungen
«Parteiische Justiz»
Lipp teilt das Schreiben in einem Video (siehe Box), das seit einigen Tagen auf Social Media kursiert und auch der 20-Minuten-Redaktion zugespielt wurde. Sie zeigt darin Unverständnis für die Ermittlungen. Auf ihrem VK-Account konkretisiert sie ihren Vorwurf: «Sie werden mich verurteilen, weil ich die Wahrheit gesagt habe.» Denn nach deutschem Recht «dürfen nur einseitige Informationen zugunsten der Behörden weitergegeben werden. Alles, was dem widerspricht, wird von der parteiischen Justiz bestraft.» Eine Lüge.
Folgt ein weiteres Strafverfahren?
Im Video selbst stellt sich Lipp als «unabhängige deutsche Journalistin» vor. Dass sie nicht neutral über den Krieg in der Ukraine berichtet, sondern mit ihren eigenen oder geteilten Telegram-Beiträgen eindeutig Stellung für die russische Seite bezieht, sieht sie offenbar nicht als Bruch. Auch dass sie der Kreml-Sichtweise, der Westen betreibe Zensur, folgt, scheint für sie kein Gegensatz zu ihrer Darstellung als «unabhängige» Journalistin zu sein.
Viele Hinweise für Kreml-Nähe
Wie eng die Deutsch-Russin mit Russland ist, zeigt ebenfalls der Blick in ihren Telegram-Kanal: Immer wieder postet sie dort Fotos von Begegnungen – etwa von der mit der Leiterin der Abteilung für Information und Presse und Sprecherin des russischen Aussenministeriums, Maria Sacharowa, im September 2021 (siehe Bildstrecke). Auch ein Treffen mit dem als kremltreuen Verbreiter von Desinformation geltenden Thomas Röper ist dokumentiert. Im Beschrieb bezeichnet Lipp ihn als «Lieblingskollegen».
Zudem trägt die 28-Jährige in mindestens einem Video ein T-Shirt mit einem grossen «Z» auf der Brust, was in den letzten Monaten zum Symbol der Putin-Unterstützer geworden ist
Aus «russian girl» wird «deutsche Journalistin»
Auffällig ist, dass sich die Deutsch-Russin in dem aktuellen Clip als «deutsche Journalistin» bezeichnet. Denn früher bezeichnete sie sich in den Hashtags zu ihren Instagram-Beiträgen gerne mal als #russiangirl (beispielsweise hier). Unter ein Foto von sich in «Militär-Damenschuhen» vom 13. November postet sie auf Russisch unter anderem die Hashtags #militär und #soldatin.
Die Verwendung beider Sprachen ist laut Correctiv.org kein Zufall: Lipp habe eine Doppelrolle. «Einerseits bringt sie einem vorwiegend deutschen Publikum pro-russische Kriegspropaganda näher. Auf der anderen Seite malt sie für ihr russisch- und englischsprachiges Publikum das Bild eines düsteren Deutschlands, in dem Meinungsfreiheit nicht existiert.»
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