Andreas Zünd: Schweizer Richter stimmte gegen die Schweiz

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Andreas ZündDas ist der Schweizer Richter, der gegen die Schweiz stimmte

Andreas Zünd stimmte im Fall der Klimaseniorinnen als Richter in Strassburg gegen die Schweiz. Er verteidigt die Entscheidung des Gerichts und betont die Rolle der Justiz in der Durchsetzung von Menschenrechten.

Andreas Zünd ist Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – und Schweizer.
Im Fall der Klimaseniorinnen stimmte er gegen die Schweiz, die nicht auf die Klage eingetreten war.
Die Klimaseniorinnen hatten 2016 beanstandet, dass das schweizerische CO2-Gesetz unzureichend angewendet werde – eine Beschwerde, die von der Schweizer Justiz ignoriert worden war. Der EGMR hat in seinem Urteil  festgestellt, dass die Schweiz das Recht auf ein faires Verfahren nicht gewährt und damit Artikel 6 der Menschenrechtskonvention verletzt habe.
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Andreas Zünd ist Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – und Schweizer.

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

  • Der EGMR hat die Schweiz wegen unzureichender Anwendung des CO2-Gesetzes verurteilt, was ein Präzedenzfall für künftige Klimaklagen sein könnte.

  • Richter Andreas Zünd, obwohl selbst Schweizer, stimmte gegen die Schweiz und verteidigte die Entscheidung als wichtig für den Schutz der Menschenrechte.

  • Die Schweizer Justiz wird kritisiert, weil sie die Beschwerde der Klimaseniorinnen nicht ernst genommen habe, was als Verstoss gegen das Recht auf ein faires Verfahren gesehen wird.

In einem als historisch geltenden Urteil hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Schweiz verurteilt, nachdem sich der Verein Klimaseniorinnen, unterstützt von Greenpeace, beschwert hatte.

Der Schweizer Richter am Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg (F), Andreas Zünd (67), der seit 2021 im Amt ist, stand dabei besonders im Fokus, da er trotz seiner Herkunft gegen die Schweiz stimmte. Das Urteil wird als wegweisend für den Klimaschutz und die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens angesehen und könnte zu weiteren Klimaklagen führen.

Zünd verteidigt Entscheidung des Gerichts

Die Klimaseniorinnen hatten 2016 beanstandet, dass das schweizerische CO2-Gesetz unzureichend angewendet werde, eine Beschwerde, die von der Schweizer Justiz ignoriert worden war. Der EGMR hat in seinem Urteil  festgestellt, dass die Schweiz das Recht auf ein faires Verfahren nicht gewährt und damit Artikel 6 der Menschenrechtskonvention verletzt habe.

Zünd verteidigte die Entscheidung des Gerichts und betonte die Rolle der Justiz in der Durchsetzung von Menschenrechten, auch wenn dies politische Diskussionen auslöse.

«Schweizer Justiz funktioniert im Allgemeinen gut»

In einem Interview mit dem «Blick» äusserte sich Zünd zu den Vorwürfen, er sei ein Aktivist. Er wies dies zurück und erklärte, dass solche Begriffe verwendet würden, um Richter zu diskreditieren, die Menschenrechte ernst nehmen. 

Das EGMR habe die Vorwürfe ernst genommen. Auf die Frage, ob das die Schweiz nicht tue, antwortete er: «In dem Fall: ja. Auch wenn die Schweizer Justiz im Allgemeinen gut funktioniert. Es kann vorkommen, dass Menschen, die für ihre Rechte kämpfen, nicht hinreichend ernst genommen werden. Das kann eine Verletzung des Artikels 6 der Menschenrechtskonvention sein, also dem Recht auf ein faires Verfahren. Hier ist es so, dass der Zugang zum Gericht in einem Streit über geltendes schweizerisches Recht nicht gewährt worden ist.»

Richterliche Unabhängigkeit und schweizerische Souveränität

Das Urteil hat in der Schweiz eine kontroverse Debatte ausgelöst. Kritiker behaupten, es überschreite die Grenzen der Gewaltenteilung und untergrabe die schweizerische Souveränität. Zünd argumentiert, dass das Gericht lediglich darauf hinweise, dass eine rechtliche Pflicht nicht hinreichend wahrgenommen worden sei. Diese Aussage wird unterstützt durch das Fehlen von konkreten Anweisungen im Urteil hinsichtlich der zu ergreifenden Massnahmen, was den Mitgliedstaaten einen gewissen Handlungsspielraum lässt.

Sollte das Parlament oder der Bundesrat den Schweizer Richter in Strassburg bestimmen?

Die Diskussion um das Urteil wird weiterhin hitzig geführt. FDP-Ständerat Andrea Caroni fordert, dass künftig das Parlament und nicht der Bundesrat den Schweizer Richter in Strassburg bestimmt, um eine transparentere Auswahl zu gewährleisten. Zünd selbst sieht sich weiterhin wohl in seiner Rolle, trotz des Gegenwinds, und betont die Wichtigkeit der unabhängigen Justiz, die auch unbequeme Entscheidungen treffen muss, um die Rechte der Bürger zu schützen.

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